Stefan Lindig von Solvis im Interview: Die Kleinen haben ihre Chance
Solarthemen: Herr Lindig, Sie sind neu in der Branche und zu Solvis in einer nicht einfachen Zeit gekommen. Wie erleben Sie die Branche? War es für Sie selbst die richtige Entscheidung?
Stefan Lindig: Für mich persönlich auf jeden Fall. Das ist ein unglaublich dynamisches und interessantes Umfeld, in dem wir uns hier bewegen. Und ich habe das Gefühl, an etwas mitzuarbeiten, was zu einem gesellschaftlichen Wandel in eine bessere Richtung beitragen kann. Das ist eine Denkweise, die ich in meiner bisherigen Laufbahn so nicht unbedingt vertreten habe, bevor ich zu Solvis gekommen bin.
Dann aber musste Solvis als eines der Pionierunternehmen, wenn auch nur für eine kurze Phase, Insolvenz anmelden. Wie konnte das passieren?
Der Hauptauslöser sind zu niedrige Umsätze, die über mehrere Jahre stark rückläufig waren. Damit sind wir nicht allein. Zudem haben wir die Neukundenakquise und die Weiterentwicklung sowie den Ausbau des Handwerks-Partner-Konzepts nicht konsequent genug bearbeitet. Dies führte dazu, dass Umsatzausfälle nicht kompensiert werden konnten. Die intern umgesetzten umfangreichen Sanierungsmaßnahmen haben dann in Summe nicht gereicht, um den zu leistenden Kapitaldienst erfüllen und gleichzeitig eine Perspektive entwickeln zu können. Schließlich hatten wir zwei Optionen: das ganze Unternehmen zu beenden und für gescheitert zu erklären oder einen Schnitt zu machen mit der Perspektive, Solvis anschließend ganz neu aufgestellt fortführen zu können.
Die Option der Fortführung haben Sie auch den Investoren zu verdanken, die Sie gefunden haben. Womit konnten Sie die Investoren überzeugen?
Einmal mit dem auch im Markt bewiesenen hervorragenden Produktprogramm, gerade dem SolvisMax 7. Aber auch, so verrückt sich das anhört, mit dem Markt, in dem wir uns bewegen. Auf Seiten der Investoren gibt es eine ganz starke Überzeugung, dass erneuerbare Energien und speziell auch die Solarthermie eine große Zukunft haben. Mittel- und langfristig glaubt man an dieses Thema und sieht in Solvis mit einer knapp 30-jährigen Firmengeschichte einen technologischen Schrittmacher dieser Entwicklung.
Der Heizungsmarkt ist vielgestaltig. Kleine Unternehmen konkurrieren mit sehr großen Unternehmen. Haben Sie eine Chance, sich hier zu behaupten?
Um die Frage genauer beantworten zu können, muss man sich die Struktur im SHK-Handwerk anschauen. Wir gehen von bis zu 40000 Handwerksbetrieben in Deutschland aus. Von denen wollen sich unserer Einschätzung nach etwa zehn Prozent nicht von den Großen der Branche komplett abhängig machen. Und mit diesen Handwerkern in Kontakt zu bleiben und zu kommen, sie zu Solvis-Partnern zu machen, das muss das große Ziel der nächsten Jahre sein. Damit können wir unsere Umsätze stabilisieren. Es ist ja nicht so, dass wir wie einer der Großen mehrere hunderttausend Anlagen in den Markt bringen müssen.
Nun gibt es Solvis schon einige Jahre und der Verkauf über motivierte Fachhandwerker gehörte immer schon zum Konzept. Wo ist nun das Argument, sich auf Solvis einzulassen?
Grundsätzlich bieten wir ein Produkt, was man nicht über sonstige Vertriebskanäle bekommt. Handwerkern bieten wir einen gewissen Gebietsschutz in einem bestimmten Radius. Durch diese Möglichkeit zur Exklusivität in Verbindung mit höheren Deckungsbeiträgen je Anlage sehen wir die Chance, nicht nur die bestehenden Handwerks-Partner zu stabilisieren, sondern auch neue hinzuzugewinnen.
Aber waren nicht diese Argumente, also ein gutes Produkt, Exklusivität, höhere Deckungsbeiträge, in den vergangenen zehn Jahren ebenso gegeben? Wo ist die Veränderung?
Wir wollen uns von unseren Kernwerten nicht trennen. Wir bleiben bei dem Handwerks-Partner-Konzept, wollen das allerdings modifizieren und ausbauen. Wir haben uns um unsere Handwerker nicht ausreichend gekümmert. Wir haben auch keine Neukundenakquise betrieben und die Fluktuation bei den Handwerkern nicht ausreichend beachtet. Das wollen wir jetzt umkehren. Wir wollen aktiv nach draußen gehen, wir wollen uns wieder aktiver um unsere Handwerker kümmern. Und mit dem SolvisMax 7 haben wir ein aus unserer Sicht phantastisches neues Produkt herausgebracht. Das ist die Grundlage. Diese und andere Maßnahmen sollen denHandwerker überzeugen, dass er in Solvis einen verlässlichen Partner hat. Wir brauchen mittelfristig mindestens 150 bis 200 neue Partner – dann sind wir bereits auf einem richtig guten Weg.
Wo sehen Sie für sich und ihre Kunden aussichtsreiche Geschäftsfelder?
Unsere DNA bleibt der Energiemanager SolvisMax als zentrale Einheit in einem Einfamilienhaus – das ist weiter unser Schwerpunkt. Wir glauben, dass die Solarthermie mittelfristig wieder stärker in den Vordergrund kommen wird. Natürlich denken wir auch über andere Produkte und nicht bearbeitete Geschäftsfelder nach. Durch den Einstieg des Investors haben wir Freiräume gewonnen.
Es gibt einen Trend zu effizienten Gebäuden, den etwa die EU-Gebäuderichtlinie und die EnEV vorzeichnen. Die Solarthermie scheint davon nicht zu profitieren. Wo sehen Sie Gründe?
Zwar gibt es seit April dieses Jahres ein verbessertes Förderprogramm auch für Solarthermie. Das Problem ist aber die Kommunikation in die breite Öffentlichkeit. Die Förderung ist zu wenig bekannt. Und zudem gibt es im Heizungsmarkt für Endkunden auch wenig Anreize, in eine neue Anlage zu investieren. Die Energiepreise spielen da eine Rolle. Früher konnten wir mit deren Entwicklung punkten. Die Argumentation muss sich jetzt mehr auf Unabhängigkeit und die Sicherheit gegen künftig steigende Preise richten. Das ist ein großes Kommunikationsthema und da müssen wir als kleines Unternehmen sehen, wie wir solche Themen in die Öffentlichkeit bringen. Wir sind als Branche seit mehreren Jahren weit davon entfernt, die rund eine Millione neue Heizungsanlagen, die wir allein für den Substanzerhalt eigentlich jedes Jahr benötigen, zu erreichen – es werden dieses Jahr wohl auch nur etwa 700000. Dieser Investitionsstau wird sich aber irgendwann auflösen. Wir versuchen uns darauf vorzubereiten und dies auch mit Blick auf unsere Handwerker. Denn wer soll denn sonst plötzlich die eine Million oder mehr Anlagen installieren, wenn der Bedarf plötzlich wieder da ist?
Die Bundesregierung hat eine neue Strategie veröffentlicht. Darin sind große Steigerungsraten für die Solarthermie enthalten. Was müsste aus Ihrer Sicht passieren, dass es dazu kommt?
Das Wärmethema muss breiter in die Öffentlichkeit getragen werden. Die alten Kessel müssen aus den Kellern heraus. Und dann ist die Solarthermie prädestiniert, einen zusätzlichen Beitrag zu leisten gerade auch im Kontext mit dem gerade eingeführten Energielabel. Dies ist eine mittelfristige Perspektive, die auch unseren Investor bewogen hat, hier zu investieren.
Interview:Andreas Witt