Im Interview: Gerhard Schallenberg (BAFA) – Das Marktanreizprogramm ist das Mittel der Wahl

Foto: Guido Bröer
Solarthemen 463. Eine starke Vereinfachung für Installateure erhofft sich der Leiter des Marktanreizpro­gramms beim BAFA von der am 1. Januar 2016 in Kraft getre­te­nen Zusatzförderung. Die Antragsentwicklung des Jahres 2015 sieht er positiv. Für 2016 habe das Programm noch viel Luft nach oben – Förderstopps befürchtet er auch bei stark steigenden Antragszahlen nicht. Der Jurist Gerhard Schallenberg leitet im Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) seit 2000 die Förderprogramme zur Energiewende, zuvorderst das Marktanreizprogramm für erneuerbare Wärme (MAP). Hinter Millionen von Verwaltungsvorgängen sieht Schallenberg jeweils eine individuelle Entscheidung. Im Interview spricht er über Erfolge, Probleme und Perspektiven des MAP.  

Solarthemen: Welchen Effekt hat die MAP-Novelle von April 2015 gehabt? Gerhard

Schallenberg: Der Haupteffekt ist, dass die Antragszahl – also die Zahl der realisierten Projekte – deutlich angestiegen ist. Die MAP-Novelle vom April hat etwa zwei Monate gebraucht, um in der Praxis umgesetzt zu werden. Seitdem haben wir Antragszahlen, die sich etwa mit dem decken, was wir erhofft haben. Allein im Dezember waren wir bei 8500 Anträgen.

In dieser Zahl sind die im April neu eingeführten Fördersegmente enthalten. Laut Branchenstatistiken sind 2015 weniger Regenerativ-Heizungen verkauft worden als zuvor.

Ich glaube, dass dies im Wesentlichen der aktuellen Kostenentwicklung bei Brennstoffen geschuldet ist.

Kann man überhaupt gegen eine derartige Ölpreisentwicklung anfördern?

Das ist natürlich sehr, sehr schwierig.

Versucht die Regierung nicht genau dies, wenn sie mit dem neuen APEE-Programm jetzt 30 Prozent und mehr auf die MAP-Zuschüsse drauflegt?

Hauptziel dieser Fördermittelerhöhung ist es, Heizungsoptimierung als Gesamtheit zu fördern. Wir wollen nicht bei der Förderung von Solarkollektoren, Biomassekesseln oder Wärmepumpen stehen bleiben. Wir wollen, dass Investitionen, die im Zusammenhang mit der Errichtung von regenerativer Heiztechnik am Gebäude und am Heizkreis notwendig werden, mit in den Blick kommen und gefördert werden.

Können Sie abschätzen, wie viel Prozent Ihrer Antragsteller diese Zusatzboni in Anspruch nehmen können?

Ich könnte mir vorstellen, dass es weit mehr als 50 Prozent der Fälle betrifft. Aber das sage ich ganz ungeschützt. Wir haben das noch nicht untersucht.

Im Laufe vieler Jahre ist das MAP auf der einen Seite vereinfacht worden – Anträge werden heute nachträglich gestellt und Förderbeträge sind zumeist Pauschalen. Auf der anderen Seite wird die Förderung aber immer komplexer – vor allem bei innovativen Techniken. Wie passt das zusammen?

Wir haben es hier mit unterschiedlichen Ansprechpartnern zu tun. Unser Versuch, maßgeschneidert innovative Technologien voranzubringen, richtet sich vor allem an professionelle Antragssteller – etwa im Bereich der Prozesswärme oder im Contractingbereich. Wir versuchen den Spagat. Wir wollen auch im eigenen Interesse auf der einen Seite die Verfahren verschlanken, um auf der anderen Seite anspruchsvollere Fördertatbestände aufzunehmen, die auch von der Antragstellung her aufwändiger sind.

Diese Komplexität sehe ich aber auch für Eigenheimbesitzer – etwa bei Sonnenhäusern oder systemdienlichen Wärmepumpen.

Das stimmt. Wir sehen das auch an der neuen ertragsabhängigen Förderung im Solarbereich. Die ist recht gut in der Richtlinie angelegt und wir haben es eigentlich auch ganz gut umgesetzt. Bislang betrifft das nur die Innovationsförderung. Da nehmen schon etwa 40 Prozent der Antragssteller die ertragsabhängige Förderung in Anspruch, während noch etwa 60 Prozent die flächenbezogene Förderung nutzen. Wir helfen da und bewilligen jeweils so, wie es für den Antragssteller günstiger ist. Für den Kunden ist es allerdings schwer durchschaubar, wie viel Förderung er exakt bekommt. Für den Einfamilienhausbesitzer ist es dagegen überzeugender, wenn er gesagt bekommt, er erhält 2500 Euro – künftig 3600 Euro – Förderung für die heizungsunterstützende Solaranlage.

Das Wirtschaftsministerium sieht die ertragsabhängige Solarförderung als Versuch – mit der Option, das Prinzip auf kleinere Anlagen zu erweitern. Haben Sie schon ein Zwischenfazit?

Eine Zwischenbilanz kann ich nicht ziehen. Die bisherige Grundannahme ist, dass wir differenzieren müssen: Für den normalen Hausbesitzer beziehungsweise Installateur ist es wichtig, einen verlässlichen Betrag zu haben, der nicht kompliziert errechnet werden muss. Deshalb sind wir dort bei der Basisförderung geblieben. Im eher professionell betreuten Bereich haben wir diesen Versuch gestartet. Es hat immerhin schon dazu geführt, dass die flächenbezogene Förderung je Projekt bei etwa 6500 Euro im Schnitt liegt, während die ertragsabhängige Förderung bei 7500 Euro landet. Es ist also durchaus der Effekt zu sehen, dass die ertragsstärkeren Kollektoren belohnt werden. Es ist aber eine völlig andere Frage, ob man dies auch auf die Zielgruppe der Ein- und Zweifamilienhausbesitzer übertragen sollte. Da haben wir noch keine abschließende Meinung.

Nun sind die Fördersätze nochmal stark angehoben worden, während der Etat nur mäßig vergrößert wurde. Muss man sich 2016 um den nächsten Förderstopp Sorgen machen, falls der Markt so anzieht wie erhofft?

Nach allen Signalen, die wir dazu erhalten haben, brauchen wir da überhaupt keine Sorge zu haben.

Das sagen Sie, obwohl Sie in Ihrer Amtszeit manchen Förderstopp und Beinahe-Förderstopp erleben mussten, denen das BAFA jeweils genauso hilflos ausgesetzt war wie Installateure und Kunden …

Ja. Ich bin da absolut beruhigt für 2016, selbst wenn wir einen deutlichen Anstieg der Antragszahlen hätten.

Welchen Anteil des MAP-Etats haben Sie im Jahr 2015 ausgegeben?

Wir konnten 93 Millionen Euro auszahlen und damit leider wieder nicht den Etat ausschöpfen. Obwohl wir uns allergrößte Mühe gegeben haben. Wir haben bis zum Jahresende versucht, alle Anträge zu bewilligen, die komplett waren.

Das MAP war nie so komplex wie heute. Wie wirkt sich dies in Ihrer Verwaltungspraxis aus?

Das ist für unsere Mitarbeiter sehr kompliziert geworden. Die einzelnen Anträge sind sehr arbeitsintensiv und zeitaufwändig.

Wodurch speziell?

Das kommt durch die Vielfalt der Kombinationsmöglichkeiten. Ein Hauptgrund ist zum Beispiel auch der Optimierungsbonus, der im April 2015 neu eingeführt wurde.

Wessen Idee war das?

Der Optimierungsbonus war eine Idee des Wirtschaftsministeriums. Von der Grundidee her ist das auch sehr gut gedacht gewesen.

Aber?

Dadurch, dass es hier 22 mögliche Fördertatbestände gibt, die in der Lebenswirklichkeit sehr komplex sind, gibt es viele Abgrenzungsprobleme. Die einzelnen Installationsrechnungen sind sehr umfangreich und müssen sehr genau geprüft werden.

Das bedeutet ja nicht nur für Ihre Mitarbeiter einen großen Aufwand, sondern auch für die Installateure.

Ja, das ist für die Installateure anfangs recht schwierig gewesen. Wir haben da sehr viel Beratungsarbeit leisten müssen und waren in der Telefonauskunft viel mit den Handwerkern im Gespräch. Es geht darum, wie die Rechnung und die Fachunternehmererklärung im Einzelnen formuliert werden.

Bringt das APEE eine Verbesserung?

Ja. Die Schwierigkeit, dass der bisherige Optimierungsbonus sehr kleinteilig zu errechnen ist, wird damit behoben. Wir schätzen, dass es in weit über 90 Prozent der APEE-Fälle künftig pauschal 600 Euro für die Optimierungsmaßnahmen geben wird.

Müssen diese denn von Installateuren und Antragstellern nicht mehr im Detail nachgewiesen werden?

Genau. Installateure müssen nur nachweisen, dass die Grundvoraussetzungen einer Heizungsoptimierung erfüllt sind, also Heizungscheck, hydraulischer Abgleich und so weiter. Aber es muss in der Rechnung nicht mehr genau aufgeschlüsselt werden, aus welchen Einzelpositionen dies vom Handwerker realisiert worden ist.

Wie sehen Sie die Zukunft des MAP in Anbetracht anderer Förderoptionen wie Steuerabschreibungen, CO2-Steuer, Ordnungsrecht oder auch einer umlagefinanzierten Förderung?

Ich betreue das Marktanreizprogramm jetzt 16 Jahre. Wir haben in dieser Zeit 1,6 Millionen Vorhaben gefördert. Dahinter stehen jeweils Menschen, die diese Entscheidung mit Überzeugung getroffen haben. Und es sind gute Entscheidungen gewesen. Diese sind von unserem Staat positiv gewürdigt worden, indem sie mit einem finanziellen Zuschuss bedacht worden sind. Darum halte ich das MAP für ein sehr gutes Instrumentarium. Auch der Erfahrungsbericht zum EE-Wärme-Gesetz zeigt, dass man mit der Nutzungspflicht im Neubau richtig liegt, und dass man im Gebäudebestand mit dem Marktanreizprogramm das Mittel der Wahl gefunden hat. Davon bin ich wirklich überzeugt.

Interview und Foto: Guido Bröer

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