Inside BAFA: Report aus der Förderbehörde

Foto: Guido Bröer
Solarthemen 466.Im Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) in Esch­born werden die Millionensummen des Marktanreizprogramms für erneuerba­re Energien (MAP) verteilt. 68000 Anträge wa­ren 2015 zu bearbeiten. Für die Mitarbei­ter der Behörde hat der Arbeitsaufwand dabei stark zugenommen. Vor allem der neu eingeführte Optimierungsbonus ist eine Herausforderung für das Team.

Es ist der letzte Antrag nach einem langen Arbeitstag. Über den Glaspalästen von Eschborn vor den Toren Frankfurts wird es schon dunkel. Im x-ten Stock des BAFA-Hochhauses hat sich Anette Bleek das Formular auf den Schirm geholt. Es wurde zuvor in der Poststelle eines externen Dienstleisters eingescannt. Kein Blatt Papier wandert durch die Hände der 52 Sachbearbeiter im MAP-Team des BAFA, während sie sich um die Förderanträge kümmern. Routiniert überträgt Anette Bleek die Daten aus dem eingescannten Antragsformular von Hand in die EDV-Maske. Dabei kontrolliert sie zum Beispiel, dass der Kollektortyp in der Liste der förderfähigen Kollektoren auftaucht. Sie prüft, ob die Fachunternehmererklärung vollständig ist und unterschrieben wurde. Sie muss klären, dass die Heizungsanlage nicht in einem Neubau installiert wurde. Und natürlich checkt sie neben vielen weiteren Dingen auch, ob der Antrag fristgerecht eingereicht wurde. Anette Bleek lächelt dabei unverdrossen. Auch bei dieser komischen Journalistenfrage: Ob so ein Formular für sie mehr sei als eine Reihe von Zahlen, Worten und Kreuzchen, die mit den Vorgaben übereinstimmen müssten, ob sie sich trotz all der Routine jeweils eine Vorstellung von der Heiztechnik ma­che, die da beschrieben werde. „Klar. Ich stelle mir jede Anlage als Bild vor“, sagt Anette Bleek und zeigt auf das Formular auf dem Bildschirm. „Das hier ist zum Beispiel eine Solarwärmeanlage. Ich kenne Flachkollektoren und Röhrenkollektoren – die sehen unterschiedlich aus. Dies sind 10,4 Quadratmeter Flachkollektoren. Die sehe ich jetzt auf einem Einfamilienhaus vor mir.“ 4-Augen-Prinzip Wenn alles geprüft ist, klickt die Sachbearbeiterin am Bildschirm auf den Knopf „berechnen“ und erhält das Ergebnis, das sie natürlich schon vorher wusste: „Dieser Mensch kriegt 2000 Euro.“ 2000 Euro, das ist für den Großteil der heizungsunterstützenden Solaranlagen, die vor dem 1. Januar 2016 gebaut wurden, die Standardsumme. Für Anette Bleek ist der Vorgang damit beendet. Ausgezahlt wird das Geld an diesen Antragsteller nicht von ihr selbst, sondern das Computersystem schickt ihn zur Kontrolle weiter an eine Kollegin oder einen Kollegen. „Es macht nie derjenige die Überweisung, der den Antrag abgewickelt hat“, erläutert Gerhard Schallenberg, Unterabteilungsleiter im BAFA und seit dem Jahr 2000 Chef des Marktanreizprogramms in der Bundesbehörde: „Durch das 4-Augen-Prinzip bekommen wir eine bessere Verwaltungspraxis und eher eine Gleichbehandlung.“ Nachhaken ist Alltag Doch so glatt wie bei diesem letzten Antrag des Tages läuft es längst nicht in allen Fällen. Häufig muss von den BAFA-Sachbearbeitern nachgehakt werden. „Oft liegt einfach eine Rechnung nicht vor oder es fehlt am Ende die Unterschrift,“ erzählt Bleek. Bei den Anträgen der Biomasseanlagen fehle sehr oft die Abnahmebescheinigung des Schornsteinfegers. In solchen Fälle setzt das BAFA in der Regel eine 6-Wochen-Frist, um die erforderlichen Unterlagen nachzureichen. Insgesamt wurde die Antragsfrist mit der MAP-Novelle am 1. April 2015 von 6 Monaten auf 9 Monate ausgeweitet. Anette Bleek hat das Gefühl, dass seitdem weniger häufig Anträge wegen Fristüberschreitung abgelehnt werden müssen. „Es kam schon häufiger vor, dass die 6 Monate versäumt wurden. Und diejenigen, die eine Ablehnung bekommen, die tun mir wirklich leid.“ Zumal ein Fristversäumnis mitunter daran liege, dass der Kunde die Antragstellung dem Installateur überlassen habe und der Antrag in dessen Alltagsgeschäft untergegangen sei. Egal mit wem man spricht im BAFA – hier weht der Geist des Förderns, nicht des Verhinderns. Geld ist dazu da, etwas damit zu bewegen. Die Ablehnungsquote von durchschnittlich 5 Prozent erscheint zwar nicht sehr hoch angesichts der Komplexität des Marktanreizprogramms. Referatsleiter Ralph Baller schaut sich die Zahlen allerdings genauer an, denn ein höherer Anteil von Ablehnungen ist für ihn immer auch ein Indiz dafür, wo im MAP selbst oder in der Kommunikation dazu noch Verbesserungsbedarf besteht: „Bei Wärmepumpen haben wir aktuell eine Ablehnungsquote von 14 Prozent. Das ist uns viel zu viel. In den anderen Bereichen sind es nur 3 Prozent.“ Es hänge damit zusammen, dass die Nachweis- und Berechnungspflichten bei Wärmepumpen deutlich komplexer seien. Zwei Drittel aller Wärmepumpenanträge entfielen auf Neubauten und somit nicht in den Bereich der Basis-, sondern der Innovationsförderung. Schon dadurch gebe es Missverständnisse. Denn im Gegensatz zu den Basisförderungen für einfache Wärmepumpen, Solaranlagen und Biomasseheizungen müssen die meisten Innovationsförderungen von allen Bauherren vor dem Baubeginn beantragt werden. Ansonsten gilt für Privatleute zumeist das vereinfachte Antragsverfahren, bei dem der Antrag nach der Installation gestellt wird. Bei den Wärmepumpen allerdings, deren Antragsszahl stark zugenommen hat, seit die Förderung am 1. April 2015 auf den Neubau erweitert wurde, hat der Handwerker komplexe Berechnungen vorzulegen. Manch einer gehe damit vielleicht noch etwas nachlässig um, deutet Ralph Baller vorsichtig an. Zwar freut er sich, wie alle in der Abteilung, über jeden Zuschuss, der ausgezahlt werden kann. Wegen der hohen Effizienzansprüche in der Innovationsförderung müssten die Berechnungen der Jahrsarbeitszahl allerdings schon genau geprüft werden. Die landen denn auch bei einem anders spezialisierten Team als die Anträge in den Bereichen Biomasse und Solar, auf die Anette Bleek speziell geschult ist. Bei Biomasse und Solar hat sie auf fast alle Fragen eine Antwort. Kein Wunder, denn jeder Sachbearbeiter macht zwei bis vier Stunden pro Woche Dienst in der Hotline. Nach Richtlinienänderungen, wie jüngst zum Jahresbeginn 2016, kann es auch mal mehr sein. „Ich telefoniere gerne“, sagt Bleek. „Die meisten Leute sind sehr freundlich, die wollen ja etwas von uns und wir helfen ihnen gern.“ So ein Beratungsgespräch könne auch schon mal länger dauern, erzählt sie. Diese Abwechslung und der Kontakt mit den Leuten mache ihr Spaß: „Die Anrufer schildern ihr Vorhaben und möchten wissen, was gefördert wird. Manch­mal sind die Fragen echt knifflig.“ Unterstützung bei Bedarf Wenn es zu sehr in die technischen Details geht, holt sich die Sachbearbeiterin Rat bei ihren drei Technikerkollegen. Jörg Maßmann, zuständig für Wärmepumpen, Dieter Johann, Experte für Holzheizungen, und Reiner Warsinski, der Solar-Spezialist sind in ihrem jeweiligen Fachgebiet für alles zuständig, was keine Konfektionsware ist. Daneben pflegen sie den Kontakt zur Branche und beraten das Bundeswirtschaftsministerium bei der Weiterentwicklung der MAP-Förderrichtlinie. Komplexere Anträge, gerade aus dem Bereich der Innovationsförderung, landen häufig zur Begutachtung auf den Schreibtischen beziehungsweise – es wird ja papierlos gearbeitet – den Bildschirmen des Techniker-Trios. Reiner Warsinski sagt: „Ich freue mich jedes Mal, wenn ich in kniffligen Fällen dazu beitragen kann, dass es zu einer Auszahlung kommt.“ Technische Detailarbeit So hat der BAFA-Experte seit Einführung der 50-prozentigen Förderung solarer Prozesswärme vor dreieinhalb Jahren auch jedes Hydraulikschema studiert, das für eine solche Anlage eingereicht wurde – von der einfachen Autowaschanlage bis zu Brauereien und Wäschereien. Und obwohl selbst Vegetarier, freut er sich auch über die zunehmende Zahl von Solarheizungen für Ferkelzuchtbetriebe, die er im Rahmen der Prozesswärmeförderung in den vergangenen Jahren fördern konn­te. Nicht mit Blick auf die armen Ferkel, sondern vor dem Hintergrund der eingesparten Mengen an Erdgas, die bei der Schweinezucht für die konventionelle Beheizung der Böden in den Ferkelnestern verbraucht werden. Gerade bei der Prozesswärmeförderung kooperiert Warsinski eng mit Wissenschaftlern der Universität Kassel, die im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums diesen neuen Förderbereich beratend begleiten und evaluieren. Er begrüße es, wenn er bei komplexeren Prozesswärme-Vorhaben schon im Vorfeld einer Antragstellung kontaktiert werde, sagt Warsinski. So könnten mögliche Stolpersteine schon in der Planungsphase aus dem Weg geräumt werden. „Ich verstehe mich als Schnittstelle zwischen den Akteuren der Solarthermiebranche und unserer Behörde“, sagt Warsinski, der auch auf Branchentreffen und Symposien unterwegs ist, um technisch am Ball zu sein und Kontakt zu Wissenschaftlern und Herstellern zu halten. Er ist es auch, der beim BAFA die Liste der 3000 förderfähigen Kollektortypen pflegt und aktualisiert. In diesem Zusammenhang beobachtet er derzeit genau die Antragsentwicklung bei der im vergangenen Jahr testweise eingeführten ertragsorientierten Förderung für Solarthermie. Durch sie können für leistungsstarke Kollektoren im Bereich der größeren Anlagen mit mehr als 20 Quadratmetern Kollektorfläche höhere Förderbeträge abgerufen werden. Warsinski erinnert daran, dass das Bundeswirtschaftsministerium in der aktuellen MAP-Richtlinie ausdrücklich angekündigt hat, nach einem Jahr die Erfahrungen mit der neuen ertragsabhängigen Variante von Gutachtern untersuchen zu lassen. Danach soll entschieden werden, ob künftig auch kleinere Anlagen nach Ertragskriterien gefördert werden sollen. Aktuell hat das BAFA allerdings noch mit den letzten zwei weitreichenden Änderungen der Fördersystematik zu kämpfen. Vor allem mit dem sogenannten Optimierungsbonus hat sich die Förderstelle im April 2015 ein Ei ins Nest legen lassen, dass alle bisherigen Routinen gesprengt hat. Denn in der jetzigen Form, in der es einen zehnprozentigen Zuschlag auf 22 verschiedene Maßnahmen von Stemmarbeiten bis zum Ausbau alter Öltanks gibt, müssen die Sachbearbeiter erstmals in der Geschichte des MAP Einzelpositionen einer Rechnung sichten, um schließlich den anteiligen
Förderbetrag auszuzahlen. 16000 Anträge auf Optimierungsboni seien 2015 gestellt worden, berichtet Baller; zu jeder dritten Anlage komme ein solcher Bonus. Und erstmals ist das Amt mit der Situation konfrontiert, in größerem Maße nur Teilbewilligungen der beantragten Beträge aussprechen zu können. Dies wiederum sorge oft für Unverständnis und Verärgerung der Antragsteller, denen von ihren Installateuren etwas anderes in Aussicht gestellt worden sei. Feuerwehrtruppe Weil die Optimierungsboni einen massiven Antragsstau verursachten, hat sich das BAFA im vergangenen Jahr entschlossen, zunächst die Grundförderungen zu bewilligen und die Optimierungsboni davon abzutrennen. „Wir haben jetzt eine Feuerwehrtruppe gebildet, die ausschließlich die Optimierungsboni abarbeitet“, sagt Baller. „Wir hoffen, dass wir den Berg bis Ende März abgebaut haben.“ Linderung verspricht sich das BAFA durch die neue Zusatzförderung des Aktionsprogramms Energie-Effizienz (APEE). Für die meisten Anlagen, die seit dem 1. Januar 2016 in Betrieb genommen wurden, ersetzt eine 600-Euro-Pauschale den bisherigen Einzel-nachweis beim Optimierungsbonus (vgl. Solarthemen 463). Aktuell wirkt sich das neue Programm allerdings noch nicht arbeitserleichternd aus, wie Anette Bleek zu berichten weiß: „Momentan beantworten wir sehr viele Nachfragen zum APEE in der Auskunft.“ Text und Foto: Guido Bröer

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