Parlamentarier diskutieren Wärmegesetz

Solarthemen 466. Der Wirtschaftsausschuss des Bundestages befasste sich am 17. Februar in einer Anhö­rung mit dem Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz. Ziel ist es, den Anteil erneuerbarer Energien im Wärmesektor zu erhöhen. Doch sowohl Parlamentarier als auch Sachverständige sind sich nicht einig darin, wie dieses Ziel erreicht werden soll.

Erklärtes Ziel der Bundesregierung ist es, bis 2050 einen nahezu klimaneutralen Gebäudebestand zu erreichen. Dies wurde auch im Koalitionsvertrag von Union und SPD unterstrichen. Angst vor hohen Kosten Doch offenbar rührt sich dagegen in Teilen der Heizungsindustrie Widerstand. Manfred Greis, Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Heizungsindustrie, wies bei der Anhörung darauf hin, dass rund 15 Millionen Gebäude in Deutschland selbstgenutzte Ein- und Zweifamilienhäuser seien. Mit Blick auf deren Eigentümer erklärte Greis: „Und jetzt sagen wir denen, es gibt einen Sanierungsfahrplan: Die Bundesregierung möchte in relativ kurzer Zeit einen klimaneutralen Gebäudebestand haben. Das heißt, diese Häuser sind auf Passivhausstandard zu bringen, vielleicht in 15 Jahren, wenn das bis 2030 erreicht werden soll. Dann muss ich auch so ehrlich sein und diesen Menschen sagen, jetzt ist Schluss mit lustig, die Party ist zu Ende. Ab sofort wird jeder vom Munde abgesparte Euro dafür verwendet, die Energieeffizienz des Gebäudes zu erhöhen, erneuerbare Energien einzusetzen.“ Greis baut also ein Angstszenario auf. Abwehren will der BDH damit vor allem ordnungspolitische Vorgaben. Diese sind auch in einem Gesetzentwurf der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen enthalten, mit dem sie nach dem Vorbild Baden-Württembergs den verpflichtenden Einsatz von erneuerbaren Energien auf Bestandsgebäude ausdehnen möchte. Der Gesetzentwurf sowie der Erfahrungsbericht der Bundesregierung zum Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz waren Anlass für die Anhörung. Die Befürchtung hoher Kosten stellt dabei auch Kai Warnecke vom Zentralverband der Deutschen Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümer (Haus und Grund) heraus. Niedrigstenergie- und Passivhäuser erreichten nur einen „gewissen Liebhaberkreis“: „Es ist auch eine Geschmacksfrage, ob man sein Geld in eine Urlaubsreise investieren möchte, ob man sich ein Auto kaufen möchte oder ob man eben sagt, ich lebe in einem Passivhaus.“ Im Mietwohnungsbau aber seien solche Gebäude „praktisch nicht umsetzbar“, weil die Technologien zu teuer seien, so Warnecke. Also sind auch Experten in den Verbänden die vorhandenen Beispiele für energieeffiziente Gebäude im Mietwohnungsbau nicht bekannt, die durch­aus attraktive Warmmieten anbieten können – sei es durch einen hohen Dämmstandard und/oder den Einsatz von Solartechnik. Sowohl Greis als auch Warnecke warnen vor ausbleibenden Investitionen bei Hauseigentümern, sollten diese zum Einsatz erneuerbarer Energien gezwungen werden. Würden bei Modernisierung einer Heizung bestimmte Anteile erneuerbarer Energien vorgeschrieben, so unterbliebe die Modernisierung komplett. Skepsis gegenüber dem Ordnungsrecht herrscht auch bei den Regierungsparteien. In ihrem Koalitionsvertrag heißt es: „Der Einsatz von erneuerbaren Energien im Gebäude­­be­- stand sollte weiterhin auf Freiwilligkeit beruhen.“ Thomas Bareiß, Beauftragter für Energiepolitik der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, sagt, er habe schon gehört, „dass ordnungspolitische Eingriffe nichts bringen.“ Beispiel Baden-Württemberg Martin Pehnt vom Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg GmbH sieht jedoch in den Erfahrungen Baden-Württembergs eine Bestätigung für Nutzungspflichten. Baden-Württemberg sei pro Kopf der Bevölkerung Spitzenreiter bei der Förderung erneuerbarer Energien durch das Marktanreizprogramm. Und der Anteil der Solarthermie liege in Baden-Württemberg bei 11 Prozent und damit 4 Prozent über dem Bundesdurchschnitt. Greis hält solche Statistiken aber nicht für stichhaltig, weil der Einsatz in Baden-Württemberg einerseits vorgeschrieben sei, aber das Land andererseits bei den Modernisierungen von Heizanlagen insgesamt zurückliege. Pehnt weist darauf hin, dass auch das Gesetz in Baden-Württemberg optimiert werden könne. Der Einsatz erneuerbarer Energien müsse nicht an den Austausch von alten Heizanlagen gekoppelt werden. Es könnten wie in der Energieeinsparverordnung auch zeitliche Vorgaben gemacht werden. Ordnungsrecht zielführend Ein Fürsprecher für ordnungspolitische Maßnahmen ist Thorsten Müller von der Stiftung Umweltenergierecht: „Das Ordnungsrecht hat mit Sicherheit Schwächen – darüber diskutiert die Rechtswissenschaft seit 40 Jahren, aber, meine Damen und Herren“, so Müller in Richtung Parlamentarier, „Sie regeln fast ausschließlich Ordnungsrecht, wenn Sie Gesetze erlassen.“ Das Ordnungsrecht habe bestimmte Funktionen und Vorteile gegenüber dem Förderansatz. Müller nennt als Beispiel das Verbot von Glühbirnen, das erst einen größeren Markt für effiziente LED-Leuchten eröffnet und hier damit auch für Kostensenkungen gesorgt habe. Es könne bei den Instrumenten nicht um ein Entweder-oder gehen. Das im Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG) enthaltene Ziel eines 14-prozentigen Anteils erneuerbarer Energien am Wärmemarkt sei mit Blick auf das Ziel eines klimaneutralen Gebäudebestandes bis 2050 nicht ausreichend, sagt Müller. Als das Gesetz erlassen wurde, habe es dieses Ziel auch noch nicht gegeben. Es sei nun aber ein zentraler Punkt, für Hauseigentümer, Hersteller und Installateure Planbarkeit mit Blick auf das Ziel für 2050 zu schaffen. Müller weist auch auf die geltende Erneuerbare-Energien-Richtlinie der Europäischen Union hin, nach der die Mitgliedsstaaten schon spätestens 2015 verpflichtende Vorschriften zum Einsatz erneuerbarer Energien in Bestandsgebäuden erlassen mussten. Allerdings, so schränkt Müller ein, habe die EU-Kommission hierzu bislang noch keine Verfahren gegen Mitgliedsstaaten eingeleitet. Nach Aussage von Friedhelm Keimeyer vom Öko-Institut gelingt Klimaneutralität nur, wenn mehr erneuerbare Energien in Bestandsgebäuden eingesetzt werden. Dafür brauche es einen langfristigen Fahrplan. So sei es sinnvoll, die an bestimmte Zeitvorgaben gebundenen Verpflichtungen mit der Förderung zu koppeln. Das hält auch Müller für möglich. Zwar gebe es derzeit im Haushaltsrecht die Vorgabe, nicht zu fördern, was gesetzlich vorgeschrieben sei. Doch dies sei verfassungsrechtlich nicht zwingend: „Vielmehr steht es dem Bundesgesetzgeber frei, auch prinzipiell, grundsätzlich oder jedenfalls in erheblich weiterem Umfang als bisher eine Kombination von Nutzungspflicht und finanzieller Förderung vorzusehen.“ Für Hermann Falk vom Bundesverband Erneuerbare Energie ist klar, dass der im Wärmegesetz definierte Anteil von 14 Prozent deutlich überschritten werden müsse. Daher müssten Parlament und Regierung jetzt handeln. Wer sich gegen das Ordnungsrecht als ein Mittel ausspreche, müsse bessere Vorschläge machen. Für Greis und Warnecke wären verbesserte steuerliche Anreize ein gutes Mittel. Dies, so Greis, hätte viel bewegen können. Doch derzeit deutet nichts darauf hin, dass dieses Thema von der Koalition in dieser Legislaturperiode noch einmal angefasst würde. Auf dem Programm stehen Novellierungen des EEWärmeG und der Energieeinsparverordnung (EnEV). Dabei gibt es auch Bestrebungen, diese beiden Instrumente zu vereinen. Dieses Ansinnen wird von den Sachverständigen bei der Anhörung unterstützt. Eine damit verbundene Vereinfachung würde Vermietern, aber auch Handwerk und Industrie helfen. Wichtig ist für einige Experten in diesem Zusammenhang aber auch, dass damit das Ziel eines klimaneutralen Gebäudebestandes und damit des verstärkten Einsatzes erneuerbarer Energien verfolgt werden sollte. Text: Andreas Witt Foto: Deutscher Bundestag / Marc Steffen Unger

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