Fraunhofer ISE: Netzdienliche Gebäude unterstützen die Integration erneuerbarer Energien

Das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE (Freiburg) präsentiert am 12.04.2016 auf den Berliner Energietagen neue Forschungsergebnisse zu netzdienlichen Gebäuden und Quartieren.

Der stellvertretende Institutsleiter Prof. Dr. Hans-Martin Henning erklärt, wie Gebäudemasse und technische Speicher helfen können, um Schwankungen durch erneuerbare Energien zu glätten. Sein Vortrag ist Teil eines Workshops, dessen Veranstalter neben dem Fraunhofer ISE das Fraunhofer IBP und die RWTH Aachen sind.

Verschiedene Flexibilitätsoptionen stehen zur Verfügung
Der wachsende Anteil erneuerbarer Energien führt dazu, dass zu bestimmten Zeiten Strom im Überfluss vorhanden ist, während zu anderen Zeiten fossile Spitzenlastkraftwerke emissionsbelasteten Strom erzeugen müssen. Daher gilt es, Stromerzeugung und Stromverbrauch zu jedem Zeitpunkt im Gleichgewicht zu halten.
Dafür stehen verschiedene Flexibilitätsoptionen zur Verfügung: bedarfsorientierter Betrieb konventioneller Kraftwerke und KWK-Anlagen, Lastmanagement von abschaltbaren Lasten in Haushalt, Gewerbe und Industrie, Einsatz von Kurzzeitspeichern und der Einsatz von Anlagen zur Herstellung synthetischer chemischer Energieträger (Power-to-Gas/Power-to-Liquid) bei großen Stromüberschüssen.

Forschung zur Netzdienlichkeit von Gebäuden
Verhält sich ein ganzes Gebäude konform zu den Zielen des Lastmanagements, ist es netzdienlich. „Wir forschen an drei Ansätzen, um die Netzdienlichkeit von Gebäuden zu steigern“, sagt Dr.-Ing. Doreen Kalz, Leiterin der Gruppe Gebäudeanalyse und Energiekonzepte am Fraunhofer ISE.
„Man kann erstens zwischen unterschiedlichen Wärme- und Kälteerzeugern umschalten, z. B. zwischen einer elektrischen Wärmepumpe und einer Gasbrennwerttherme. Der zweite Ansatz nutzt technische Speicher wie eine elektrische Batterie oder einen thermischen Wärmespeicher. So kann eine elektrische Wärmepumpe in Zeiten eines Stromüberangebots Wärme in einen Pufferspeicher laden. Als Drittes kann die thermische Masse des Gebäudes selbst die Wärme- oder Kältespeicherung übernehmen, indem massive Bauteile durch Thermoaktive Bauteilsysteme thermisch aktiviert werden.“

Großteil der heutigen Anlagen ist netzadvers bis netzneutral
Um die Netzdienlichkeit von Gebäuden vergleichen zu können, entwickelten die Wissenschaftler zwei Kennzahlen, einen absoluten und einen relativen „Grid-Support-Coefficent“ (GSCabs und GSCrel). Eine Auswertung von 52 Bestandsanlagen zeigte, dass sich der Großteil der heutigen Anlagen „netzadvers“ bis hin zu „netzneutral“ verhält. Bei zwei näher untersuchten Blockheizkraftwerken konnte die Netzdienlichkeit auf +70 gesteigert werden.
Der Workshop auf den Berliner Energietagen fasst Ergebnisse aus vier Jahren Forschung im Projekt „Netzreaktive Gebäude“ zusammen. Das Fazit der Wissenschaftler: Zur Erzielung eines netzdienlichen Verhaltens muss zunächst das individuelle Ziel definiert werden, z. B. hohe Erlöse beim Stromverkauf, Bereitstellung von Regelenergie, Entlastung der Verteilnetze oder ein hoher Anteil erneuerbarer Energien bei der Bedarfsdeckung.

Netzdienlichkeit macht nicht am Gebäude halt
Netzdienlichkeit macht darüber hinaus nicht am Gebäude halt. Auch Quartiere, Stadtteile und Regionen können netzdienlich gestaltet werden. Letztlich ist Netzdienlichkeit auch eine europäische Frage, die Thema bei der Internationalen Energieagentur IEA im Arbeitskreis Annex 67 ist. Am Fraunhofer ISE wird die Arbeit im neuen Projekt „FlexControl“ fortgesetzt.

12.04.2016 | Quelle: Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE | solarserver.de © EEM Energy & Environment Media GmbH

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