Regierung will Selbstverbrauch besteuern

Dr. Wolfgang Schäuble, Bundesminister der Finanzen
Solarthemen 472.Die Bundesregierung will nun auch Steuern auf Strom aus erneuerbaren Energien erheben, der von den Betreibern für den Eigenverbrauch selbst erzeugt wird. Der Referentenentwurf wird von einem Teil der Abgeordneten aber kritisch betrachtet.

Die Regierung bezeichnet den Entwurf selbst als „Diskussionsentwurf“, scheint also die Debatte über ihre Vorschläge ausdrücklich zu wünschen. Und tatsächlich enthält der Entwurf einige Stolpersteine für die Erneuerbare-Energien-Branche. Diese äußerte sich daher bereits ablehnend; bis zum 19. Mai konnten die Verbände Stellung nehmen. So ist es für den Fachverband Biogas nicht hinnehmbar, dass das Bundesfinanzministerium (BMF) Bioenergie nicht mehr als erneuerbare Energie definieren möchte. Wolfgang Schäuble will offenbar seit Jahrzehnten akzeptierte Grundlagen der Energiewende neu formulieren – jedenfalls im Steuerrecht. Und über eine Verordnungsermächtigung möchte er dem BMF das Recht einräumen lassen, künftig allein weitere Definitionen und Bestimmungen regeln zu können. Besteuerung von Eigenstrom Für Unruhe sorgt auch die Regelung im Gesetzentwurf, künftig Strom aus Erneuerbare-Energien-Anlagen, der von den Erzeugern selbst genutzt wird, grundsätzlich mit der Stromsteuer bzw. Ökosteuer zu belasten. Ausgenommen werden sollen lediglich Verbraucher, die nicht mehr als 20000 Kilowattstunden selbst nutzen – kommen sie auf 20001 kWh, so müsste auf den gesamten Strom die Steuer von 2,05 Cent/kWh entrichtet werden. Das BMF argumentiert, das Europarecht verbiete eine Doppelförderung. In diesem Fall sieht das Ministerium dies offenbar durch die Förderung durch das EEG und die gleichzeitige Steuerbefreiung gegeben. Eine ähnliche Regelung enthält auch der Entwurf für das EEG 2016. Allerdings übersieht das Ministerium wohl, dass bei vielen Anlagen gerade keine EEG-Förderung fließt, wenn der Strom selbst genutzt wird. „Die Regelung würde große Teile des Solarstrommarktes auf einen Schlag unrentabel machen“, sagt Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Solarwirtschaft. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt der Verband Kommunaler Unternehmen auch mit Blick auf die Kraft-Wärme-Kopplung. Die steuerlichen Mehrbelastungen könnten die KWK-Zulagen unter Umständen übersteigen. Die Anlagen würden damit unwirtschaftlich. Die Bundestagsfraktionen haben sich mit dem Gesetzentwurf noch nicht befasst. Die Unionsfraktion warte den Kabinettsentwurf ab, sagt Sven-Olaf Heckel, stellvertretender Pressesprecher der CDU/CSU-Fraktion. Für die SPD-Fraktion erklärt Pressereferentin Julia Camerer, für eine Bewertung sei es noch zu früh. Einzelne Abgeordnete sähen solche Regelungen aber kritisch. Der Entwurf werde wohl nicht so einfach durchgewunken. Betroffene werden aber nun eine Zeit der Verunsicherung erdulden müssen. Text:Andreas Witt Foto: BMF/Ilja C. Hendel

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