Manfred Rauschen: Nur Gesetze schaffen Fakten!

[ Foto: © A. Rother] --> Manfred Rauschen
Manfred Rauschen ist Geschäftsführer und Eigentümer des Öko-Zentrums NRW in Hamm. Sein Team schult Experten, plant und berät im Bereich des ökologischen und energieeffizienten Bauens. In den 90er Jahren etablierte das Ökozentrum NRW mit der „renergie“ eine der ersten bundesweiten Messen für erneuerbare Energien. Dort erschienen im Juni 1996 versuchsweise die ersten vier Ausgaben der Solarthemen – als tägliche Messezeitung. Guido Bröer, Solarthemen:Woran erinnerst Du Dich in Bezug auf die Erneuerbaren Mitte der 90er Jahre? Manfred Rauschen:Für mich war es damals sehr imponierend, wie weit 1994/95 bei den ersten Messen, die wir im Öko-Zentrum organisiert haben, schon die Windkraft war.…

Man sieht, wie nur gesetzliche Rahmenbedingungen Fakten schaffen. Wir hätten ohne das EEG nicht ansatzweise den Ausbau der erneuerbaren Energien und auch weltweit nicht ansatzweise die Kostendegression erreicht. Und beim ökologischen Bauen sieht man, dass nur da, wo gesetzliche Rahmenbedingungen bestehen – wie bei der Energie – wirklich Fortschritte gemacht werden. In vielen Bereichen, wo es diese Leitplanken nicht gibt, hat in den letzten 20 Jahren keine dynamische Entwicklung stattgefunden. Wie erlebst Du denn die aktuelle politische Unterstützung? Die sehe ich sehr bitter. Im Moment entwickelt sich bei den erneuerbaren Energien alles zum Schlechten. Die Rahmenbedingungen werden finsterer und finsterer. Auch im Bereich Effizienz, wo sich ja bis zur letzten Energieeinsparverordnung ein positiver Trend gezeigt hat, gibt es Gegenwind. Da kann man nur hoffen, dass die von der EU vorgegebenen nächsten Schritte wirklich so kommen, wie sie in der EU-Gebäuderichtlinie stehen. Ist Internationalisierung in dieser Situation für Euch ein Thema? Ich weiß, dass Du privat mit Japan verbunden bist und Du Dich seit vielen Jahren auch beruflich dort engagierst. Die Internationalisierung des Öko-Zentrums spielt ausschließlich in Japan, wo wir über kleine Projekte gemerkt haben, dass man da Großes bewirken kann. Wir spüren, dass dieses Land nach der Reaktorkatastrophe etwas verändern will und unsere fachliche Arbeit dort auf sehr fruchtbaren Boden stößt. Das ist eine sehr schöne Arbeit für uns, die Spaß macht. Was sind auffällige Unterschiede und Gemeinsamkeiten der Energiewende dort und bei uns. Die beiden Länder gehen völlig unterschiedliche Wege. In Deutschland haben sich die Erneuerbaren quasi natürlich entwickelt, wie ein kleines Pflänzchen, das dann schnell gewachsen ist. In Japan setzt man am völlig anderen Ende an. Die technische und die preisliche Entwicklung der Erneuerbaren war zu dem Zeitpunkt, als Japan mit dem Ausbau begann, viel weiter fortgeschritten. Der krasseste Unterschied ist aber, dass es in Japan nicht ansatzweise dieses bürgerschaftliche Engagement und breite Kompetenz und Beteiligung gibt, die sich in Deutschland aufgebaut hat. Ich erinnere mich aber an japanische Förderprogramme für Photovoltaik, die – weit vor unserem 100000-Dächer-Programm – als Vorbild galten. Da spielen zwei Aspekte hinein. Der eine ist derjenige, dass man auch in Deutschland gern mal auf fremde Länder verweist und Entwicklungen so darstellt, wie sie einem für die eigene politische Aussage in der Heimat gerade passen. Ob das tolle Photovoltaik-Japan damals tatsächlich so bestanden hat, sei mal dahin gestellt. Zum anderen ist zu sagen, dass es in Japan eine Tradition gibt, auch bei Umweltthemen industriepolitisch zu denken. Diesen Solarboom muss man deshalb nicht vor dem Hintergrund einer stringenten Umweltpolitik, sondern einer stringenten Wirtschaftspolitik sehen. Man hat frühzeitig die Solarenergie als weltweiten Zukunftsmarkt gesehen und durch die heimische Förderung wollte man die Hersteller zu Skalenerträgen bringen. Wo ist die Energiewende stabiler? In jedem Fall – noch – in Deutschland. Wir arbeiten daran, dass Japan da aufholt. Aber ich denke, dass die Stabilität einer Energiewende damit zu tun hat, dass die Kompetenz an vielen Stellen in der Bürgerschaft, in Behörden, in Verbänden vorhanden ist. In Japan ist die Energiewende innerhalb des politischen Gebildes noch sehr fragil. Es gibt nicht diese breite bürgerliche Bewegung. Da sehe ich Japan doch noch um einiges zurück, auch wenn sich da in den letzten 5 Jahren viel getan hat. Interview: Guido Bröer Foto: Öko-Zentrum NRW

Beliebte Artikel

Schließen