Strommarkt: bne schlägt dezentralen Flexibilitätsmechanismus vor

Im Zuge der Energiewende wächst einerseits das Angebot an dezentral eingespeisten Strommengen, gleichzeitig nimmt die Zahl an dezentralen Verbrauchern zu, die zeitgleich Strom beziehen.

„Die Kapazitäten in den Verteilnetzen sind auf diese Belastung nicht ausgelegt. Wir haben daher einen marktlichen Mechanismus entwickelt, mit dem sich Flexibilitätspotenziale dezentral steuern lassen“, betont Robert Busch, Geschäftsführer des Bundesverbandes Neue Energiewirtschaft (bne).
Der bundesweite Mechanismus setze auf dem bisherigen, veralteten Netzentgeltsystem für Stromheizungen auf und mache dieses zukunftsreifer.

Erneuerbare, Speicher und Elektromobilität stellen die Verteilernetze vor Herausforderungen
Der Zubau von wetterbedingt schwankenden erneuerbaren Energien (vor allem Windenergie und Photovoltaik) und der zu erwartende Zuwachs bei Energiespeichern, Power-to-Heat-Anwendungen und bei der Elektromobilität stellen die Kapazität der Verteilernetze vor Herausforderungen, betont der bne.
Sie seien bis dato nicht darauf ausgelegt, dass gleichzeitig große Strommengen dezentral eingespeist beziehungsweise verbraucht werden.
Dies sei ein absehbares Szenario, sofern viele Verbraucher, etwa bei niedrigen Strompreisen, gleichzeitig elektrische Anwendungen in Betrieb nehmen. Die Gleichzeitigkeiten würden mit der politisch gewollten Ausweitung der Energiewende auf den Wärme- und Verkehrssektor zunehmen.

„Brücke zwischen der Digitalisierung und der Energiewende“
„Mit unserem Konzept reagieren wir frühzeitig auf diese Entwicklung und schlagen damit zudem eine Brücke zwischen der Digitalisierung und der Energiewende“, erläutert Busch.
Die Verteilnetzbetreiber legen dabei Zeitfenster und Gebiete in einem Versorgungsbereich fest, in denen etwa ein gleichzeitiger Abruf der maximalen Anschlussleistung durch die angeschlossenen Kunden vermieden werden soll, um das Netz stabil zu halten. Hierfür geben sie Viertelstunden an, in denen verhindert werden soll, dass die gesamte theoretisch verfügbare Leistung gezogen wird oder, dass alle kleineren dezentralen Einspeiser zeitgleich einspeisen.

Kunden sollen Flexibilitätsbonus erhalten
Energiekunden, die sich bereit erklären, ihre Flexibilitätspotenziale zur Verfügung zu stellen und in bestimmten Zeitfenstern nicht die volle Leistung ihres Anschlusses zu nutzen, erhalten nach den Plänen des bne einen Flexibilitätsbonus. Wer dies nicht möchte, zahlt das Netzentgelt in normaler Höhe.
Der geplante Bonus setzt auf den starren Netzentgeltreduktionen für Stromheizungen (Tag-Nacht-Zeitfenster) aus Artikel 14a Energiewirtschaftsgesetz auf.
„Der Flexibilitätsmechanismus verursacht keine Mehrkosten. Wir überführen die nicht mehr zur Energiewende passenden Netzentgeltregelungen in ein neues, dynamisches System“, betont Busch.
Energiekunden können für die Teilnahme am Flexibilitätsmechanismus einen Vertrieb in Anspruch nehmen, der etwa Heizstromanlagen oder Speicher in einem Pool zusammenfasst und über eine intelligente Infrastruktur steuert.
Das Anfang Juli verabschiedete Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende sieht ohnehin ab 2017 die Installation von intelligenten Messsystemen bei Heizstromanlagen („14a-Anlagen“) vor, die von Netzentgeltreduktion profitieren.

Raum für viele Geschäftsmodelle
„Die völlig veraltete Rundsteuertechnik lässt einen systemdienlichen Einsatz dieser Anlagen nicht zu“, so Busch. Vertriebe seien frei in der Art und Weise, wie sie die Beschränkungsvorgaben über den Pool an Kunden einhalten. Dies schaffe Raum für viele Geschäftsmodelle zum Einsatz von Flexibilitäten. In den nicht beschränkten Zeitfenstern könnten Vertriebe die Potenziale ihrer Kunden frei vermarkten.
Vorgesehen ist zudem, den Flexibilitätsmechanismus auch auf die Kunden auszuweiten, die aktuell von Netzentgeltreduktionen für kontinuierliche beziehungsweise atypische Netznutzung profitieren (nach § 19 Abs. 2 Satz 1 und 2 StromNEV). Dies betrifft Gewerbe und Industrie.
„Die Netzentgeltregelungen der StromNEV passen nicht mehr in eine Energiewelt in der wir eine Flexibilisierung von Erzeugung und Verbrauch vorantreiben müssen, um die Integration erneuerbarer Energien und die Sektor-Kopplung voranzubringen“, betont der bne- Geschäftsführer.

Weitere Informationen:

  • bne-Hintergrundpapier zum Flexibilitätsmechanismus zum Download.
  • bne-Positionspapier zur Flexibilitätsverordnung (§ 14a EnWG) sowie erläuternde Folien zum Download.

27.07.2016 | Quelle: bne; Bild: Solar Promotion GmbH | solarserver.de © EEM Energy & Environment Media GmbH

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