Neues Gesetz für Gebäude wird vorbereitet

Energieausweis, Gebäudesanierung, Passivhaus, EffizienzFoto: Gerhard Seybert / stock.adobe.com
Solarthemen 479. In Deutschland müssen das Energieeinspargesetz (EnEG) und die Energieeinsparverordnung (EnEV) an die Bestimmungen der europäischen Gebäuderichtlinie angepasst werden. Noch hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Ener­gie (BMWi) aber keinen No­vel­lie­rungs­vor­schlag vorgelegt. Die mög­lichen Inhalte werden derzeit vor allem intern in der Regierung diskutiert. Ziel ist ein neues Gesetz, das auch das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz einschließen soll.

Noch liegt für das Gesetzesvorhaben kein Entwurf vor – und es gibt wohl auch noch keinen. Zwar hatte das BMWi schon im März einen Diskussionsvorschlag für ein Gesetzes zur Zusammenführung von EnEG/EnEV und EEWärmeG geschrieben. Doch die derzeitigen ministeriumsinternen Diskussionen haben mit diesem Vorschlag nicht mehr sehr viel zu tun. Und offenbar wird sich der Gesetzgebungsprozess verzögern. Dabei steht sogar im EnEG selbst im Paragraphen 2a, der die Bundesregierung ermächtigt, eine Rechtsverordnung zu Niedrigstenergiegebäuden zu erlassen: „(3) Die Bundesregierung hat die Rechtsverordnung nach Absatz 2 für Gebäude im Sinne von Absatz 1 Satz 1 vor dem 1.Januar 2019 und für Gebäude im Sinne von Absatz 1 Satz 2 vor dem 1. Januar 2017 zu erlassen.“ Gesetz verzögert sich Der Bundesverband Erneuerbare Energien (BEE) kritisierte, das BMWi werde die energieeinsparrechtlichen Anforderungen für Gebäude nicht mehr in dieser Legislaturperiode neu regeln. Das habe ein Vertreter des BMWi auf einer Veranstaltung des Zentralen Immobilienausschusses mitgeteilt. „Die Bundesregierung setzt sich damit nicht nur über den Beschluss des Deutschen Bundestages hinweg, sie widerspricht auch ihrer eigenen Effizienzstrategie Gebäude“, sagt BEE-Vizepräsident Karl-Heinz Stawiarski. Das Ziel eines nahezu klimaneutralen Gebäudebestandes werde so nicht erreicht. Der Passus mit klaren Fristen war ins EnEG aufgenommen worden, weil ab dem 1.1.2019 für neue oder renovierte Gebäude von Behörden der Niedrigstenergiehausstandard laut der europäischen Gebäuderichtlinie verpflichtend wird. Auf die in Deutschland dann geltenden Regeln sollten sich Bauherren und Architekten frühzeitig einstellen können. Das aber wird sehr knapp, wenn in dieser Legislaturperiode tatsächlich keine Regelungen beschlossen würden. Und auf direkte Nachfrage kommt aus dem BMWi keine Entwarnung. Die Frage, ob der Vorwurf des BEE dementiert werde könne, antwortet Beate Baron, Pressesprecherin des BMWi, nur ausweichend. „Entsprechend der EU-Gebäuderichtlinie wird das BMWi zwischen Nichtwohngebäuden der öffentlichen Hand und dem privaten Neubau differenzieren. Da jedoch die Arbeiten an der Novelle derzeit noch laufen, können wir Ihnen noch keine näheren Details nennen.“ Auch ein Zeitplan könne nicht benannt werden. Intern hat das BMWi aber wohl zwei Optionen vor Augen. Zwar ist die Zusammenführung von EnEG und EEWärmeG in einem neuen Gesetz, das so Baron, Gebäudeenergiegesetz heißen solle, ein Kernstück der Rechtsnovelle. Und mit ihr soll einer Forderung der Bundesländer und der Vorgabe des Koalitionsvertrages entsprochen werden, der den Abgleich beider Regelwerke verlangt. Doch zur Umsetzung der europarechtlichen Anforderungen sowie der derzeit gültigen EnEG müsste kein neues Gesetz beschlossen, sondern nur eine Rechtsverordnung erlassen werden. Und es könnte auch zu einem Gebäudeenergiegesetz in einer Light-Variante kommen. Das ist die Option A des BMWi, wie aus einem internen Konzept zur Novelle des Energiesparrechts hervorgeht: „Die Novelle wird mit der Zusammenführung von EnEG/ EnEV und EEWärmeG realisiert und Vereinfachungen umgesetzt, aber vorerst ohne Verschärfung der Neubaustandards für alle Gebäude. Stattdessen wird in dieser Novelle nur der Niedrigstenergiegebäudestandard für neu zu errichtende Nichtwohngebäude der öffentlichen Hand definiert.“ Bei der Option B würde die Novelle mit der Zusammenführung von EnEG/EnEV und EEWärmeG und mit Verschärfung der Neubaustandards für alle Gebäude realisiert. Ganz neue Ansätze Das BMWi und das Bundesumweltministerium (BMUB) wollen das Gesetz auf neue Beine stellen. Während der Diskussionsvorschlag vom März sich noch wie eine schlicht hintereinander gefügte Version von EnEG und EEWärmeG las, denken die Ministerien über eine teils gänzlich neue Systematik nach, wobei das BMWi offenbar die aus der EnEV bekannte, aber für Laien kaum nachvollziehbare Systematik von Referenzgebäuden beibehalten möch­te. Letztlich geht es auch um die Frage, wie definiert wird, was ein energieeffizientes Haus ist. Definiert man lediglich den maximalen Endenergiebedarf oder auch die maximalen Transmissionswärmeverluste, also die Isolierung? Oder setzt man auf den Primärenergiebedarf? Laut EU-Vorgaben sollen auch die CO2-Emissionen herangezogen werden. Das BMWi liebäugelt nun beim derzeitigen Diskussionsstand mit einem neuen Primärenergiefaktor Eine energetische Bewertung von Gebäuden sollen Primärenergiefaktoren neu justiert werden. Ziel soll es sein, „Nachhaltigkeitsfaktoren“ für jeden Energieträger einzuführen, die zu einer Korrektur der bisherigen Primärenergiefaktoren führen würden. Dazu würden die Energieträger aufgrund einer Reihe von Kriterien bewertet: Klimaschutz sowie Klimawirkung, also insbesondere CO2-Emissionen, Verfügbarkeit, Versorgungssicherheit, Nutzungskonkurrenz, Entwicklung der Er­zeu­gungsstruktur, gesamtwirtschaftliche Einordnung. Noch steht aber nicht fest, ob diese Methode auch in den anderen Ressorts Freunde findet. Und die Kriterienliste ist so auch noch nicht fest. Allerdings würde je nach Gewichtung der Kriterien der eine oder andere Energieträger bevorzugt. Das BMWi erklärt im internen Konzept: „Durch die Erhöhung der Flexibilisierung beim Nachweis des Primärenergiebedarfs kann in vielen Fällen vermieden werden, dass der Primärenergiebedarf nur über eine Überkompensierung beim baulichen Wär­me- ­schutz eingehalten werden kann.“ Die jetzt im EEWärmeG festgelegten Anforderungen sollen offenbar beibehalten werden – auch wenn in der europäischen Gebäuderichtlinie definiert wird, dass bei einem Niedrigstenergiehaus – in der englischen Variante der Richtlinie ist von einem „nearly zero emission building“ die Rede – der Energiebedarf möglichst weitgehend aus erneuerbaren Energien gedeckt werden soll. Davon spricht auch das BMUB im Entwurf für den Klimaschutzplan 2050. Konsens ist aber zwischen BMWi und BMUB offenbar folgende Position „Bei Weiterentwicklung der energetischen Neubaustandards über das gültige Niveau hinaus werden erneuerbare Energien zunehmend eingesetzt, um die Anfor­derungen an den Primärenergiebedarf zu erreichen.“ Angestrebt wird, für Fernwärme das Verfahren zur Ermittlung der Primärenergiefaktoren umzustellen. Die jetzige Methode mit Stromgutschriften führt auch dann zu sehr niedrigen Primärenergiefaktoren, wenn fossile Energieträger in KWK eingesetzt werden. Dazu will das BMWi noch ein Gutachten erstellen lassen. Ein Ziel des Gebäudeenergiegesetzes soll es auch sein, bessere Möglichkeiten für gemeinsamen Nahwärmeversorgungskonzepte in Quartieren zu schaffen. Der Effizienzbeitrag innovativer Nahwärmeversorgungen mit besonders klimafreundlichen Energieträgern solle besser bewertet werden. Das BMUB möchte in diesem Zusammenhang besonders „konsensuale Ansätze“ unterstützen, die auf eine gemeinschaftliche Wärmeversorgung oder die Erfüllung der energetischen Anforderungen im Wege einer Gesamtbilanzierung mehrerer Gebäude in einem Quartier zielen. Bestand noch ausgeblendet? Noch keine Vorschläge gibt es offenbar, wie mit Bestandsgebäuden umzugehen ist. Die Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen fordert seit geraumer Zeit, auch für ältere Gebäude bei entsprechenden Anlässen die Nutzungspflicht für erneuerbare Energien einzuführen. Die Bundestagsabgeordneten Julia Verlinden und Christian Kühn fordern, erneuerbare Energien müssten künftig auch im Gebäudebestand „verbindlich“ zum Einsatz kommen. „Es ist klar, dass man auch in Bestandsgebäuden zu mehr energetischen Sanierungen kommen muss“, erklärt Friedhelm Keimeyer vom Öko-Institut, der in einem Konsortium mit anderen Instituten und Rechtsexperten im Auftrag des BMWi schon im vergangenen Jahr Empfehlungen für die Zusammenführung von EnEG und EEWärmeG erarbeitet hat. Das Gutachten wurde noch nicht vom BMWi veröffentlicht. Keimeyer sagt, mit welchen Instrumenten die energetischen Sanierungen zu erreichen seien, dazu gebe es unterschiedliche Ansichten: „So wird als Problematik genannt, dass nicht gefördert werden kann, was ordnungsrechtlich ohnehin vorgeschrieben ist. Es wäre allerdings auch möglich, relativ niedrige Anforderungen vorzuschreiben, um die Hausbesitzer zu animieren, und dies mit einer Förderung zu kombinieren.“ Text: Andreas Witt Foto: Gerhard Seybert/fotolia.de

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