Debatte um Netzentgelte für Erneuerbare

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Solarthemen+plus. Der Bundesrat hat sich heute mit einem Antrag der Länder Thüringen, Schleswig-Holstein und Bayern be­fasst, die Netzentgelte bundesweit zu vereinheit­li­chen. Der Antrag stützt einen vom Bundeskabinett beschlossenen Entwurf zur Änderung des Energie­wirt­schafts­gesetzes und der Netzentgeltverordnung. Das würde dazu führen, dass vermiedene Netzentgelte nicht mehr gutgeschrieben und die EEG-Umlage steigen würde.

Mit den Gesetzesvorhaben werden zwei Ziele verfolgt: die bundesweite Angleichung der Netzentgelte und die Abschaffung der „vermiedenen Netzentgelte“. Vermiedene Netzentgelte nicht mehr honorieren Diese vermiedenen Netzentgelte werden Anlagen, die dezentral in die Stromnetze einspeisen, gutgeschrieben. Dahinter steckt die Idee, dass auf höheren, vorgelagerten Ebenen die Stromnetze entlastet werden, wenn Strom vor Ort produziert werden kann und nicht transportiert werden muss. Die Bundesregierung argumentiert, in einigen Regionen sei der Stromfluss mittlerweile umgekehrt worden. Die dezentrale Einspeisung führe nicht mehr zur Kostenvermeidung. Ab 2018 sollen die vermiedenen Netzentgelte für Neuanlagen schrittweise innerhalb von zehn Jahren auch für Bestandsanlagen abgeschafft werden. Der Entwurf des Gesetzes zur Modernisierung der Netzentgeltstruktur (Netzentgeltmodernisierungsgesetz) wurde noch unter dem vorherigen Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel am 25. Januar beschlossen Er erklärte: „Das Gesetz ist ein weiterer wichtiger Schritt für mehr Kostengerechtigkeit bei den Netzentgelten. Die schrittweise Abschaffung der vermiedenen Netzentgelte dämpft bun­desweit die Netzkosten. Zugleich wirkt sie gegen die Spreizung der Netzentgelte in Deutschland. Denn die Netzgebiete in Deutschland sind in unterschiedlich hohem Maße von den vermiedenen Netzentgelten betroffen.“ Doch es gibt auch Widerspruch. Mit dem Gesetzesvorhaben drohten dezentralen Kraftwerken drastische Erlöseinbußen, sagt Stefan Kapferer, Vorsitzender der BDEW-Hauptgeschäftsführung: „Damit riskiert die Bundesregierung, dass ausgerechnet steuerbare und flexible dezentrale Stromerzeuger aus dem Markt gedrängt werden.“ Der BDEW sieht weiterhin eine Entlastung der Höchstspannungsebene durch dezentrale Einspeisung. Kapferer erklärt: „Nach langem Ringen konnten Bundeswirtschaftsministerium und EU-Kommission sich im vergangenen Jahr auf eine rechtssichere Förderung der KWK einigen. Nun wird ohne Not die Wirtschaftlichkeit insbesondere der dezentralen und für die Energiewende so wichtigen KWK erneut in Frage gestellt.“ Annalena Baerbock, Sprecherin für Klimapolitik der bündnisgrünen Bundestagsfraktion, bilanziert: „Von den angekündigten tiefgreifenden Reformen bei den Netzentgelten ist nur ein Torso übrig geblieben. Versprochen hatte Sigmar Gabriel die Flexibilität der Stromabnahme anzureizen, doch Regelungen dazu sucht man im Gesetzentwurf vergeblich.“ Betreibern von Erneuerbare-Energien-Anlagen werden die vermiedenen Netzentgelte auch bislang nicht ausgezahlt. Sie werden aber bei der Berechnung der EEG-Umlage berücksichtigt und mindern die Kosten, die auf die Letztverbraucher umgelegt werden. Im Jahr 2017 waren das nach Aussage der Netzbetreiber rund 875 Millionen Euro. Werden die vermiedenen Kosten künftig nicht mehr berücksichtigt, so steigt die EEG-Umlage, während sich die Kosten der Netznutzung für alle verringern könnten. Neben der Abschaffung der vermiedenen Netzentgelte soll die Vereinheitlichung der Netzentgelte vorangetrieben werden. Anja Siegesmund, Thüringer Ministerin für Umwelt, Energie und Naturschutz, sagte heute im Bundesrat, die Netzentgelte seien in den östlichen und nördlichen Bundesländern deutlich höher und belasteten die Unternehmen. So habe ein mittelständisches Unternehmen in Thüringen etwa 15000 Euro mehr an Netzkosten zu zahlen als ein vergleichbarer Betrieb in Baden-Württemberg, nannte sie ein Beispiel. Gemeinsam mit Schleswig-Holstein und Bayern strebe Thüringen daher an, die Netzentgelte bundesweit zu vereinheitlichen. Der Gesetzentwurf zielt auf eine Verordnungsermächtigung. Er ist im ersten Teil fast wortgleich mit dem Beschluss des Bundeskabinetts für das Netzentgeltmodernisierungsgesetz. Dabei sollen übrigens in beiden Entwürfen nur die Netzentgelte bundesweit angeglichen werden, die auf den Ausbau der erneuerbaren Energien zurückzuführen sind. Text:Andreas Witt Foto: underworld/fotolia.de

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