Robert Busch im Interview: PV und Speicher für jedes Haus!

Solarthemen 488. Robert Busch ist Geschäftsführer des vor 15 Jahren gegründeten Bundesverbandes Neue Energiewirtschaft (bne). Er vertritt die Interessen von Energiedienstleistern, Strom- und Gaslieferanten. Im Solarthemen-Interview spricht Busch über die Baustellen der Energiepolitik und sagt, was den Häuslebesitzer die Sektorenkopplung angeht. Busch lobt die Bilanz des Ex-Energieministers Gabriel.

Solarthemen: Erwarten Sie im Wahljahr 2017 noch energiepolitische Entscheidungen?

Robert Busch: Es werden wohl noch einige Verordnungsermächtigungen umgesetzt und es wird noch etwas Fine­tuning gemacht. Aber die Showstopper der Energiewende – Umlagensystemreform, Netzentgeltsystemreform, Regelung der Flexibilitätsmärkte – die sind erst in der nächsten Legislaturperiode zu erwarten.

Hinzu kommt der Ministerwechsel. Hat Gabriel einen guten Job gemacht?

Ja, das muss ich schon sagen. Die zurückliegende Legislaturperiode war für uns eine sehr erfolgreiche, weil selten soviel Wettbewerb im Denken und in den Vorlagen war. Es wurde zum Beispiel im Weißbuch und im Grünbuch zum Strommarkt darauf geachtet, dass alles mit Marktmechanismen funktioniert. So wurde ein völlig überdimensionierter Kapazitätsmarkt verhindert. Es wurde sehr darauf geachtet, Platz zu schaffen, um die Energiewende mit Technologiewettbewerb und marktlichen Elementen voranzubringen. Es ist in die richtige Richtung gegangen.

Sehen Sie denn im Markt schon Effekte dieser veränderten Regularien?

Manche Dinge sieht man schon, anderes sieht man noch nicht, weil es noch nicht bis nach unten durchgekommen ist. Zum Beispiel besagen Weiß- und Grünbuch, das Börsenpreissignal solle dafür sorgen, dass bei viel Strom im Netz den Kunden ein günstiger Energiepreis signalisiert wird, um Nachfrage und auch Speicherung damit anzuregen. Das stimmt natürlich, aber damit ist die Frage des Leitungsausbaus verbunden, der ja nicht so schnell geht, wie er könnte. Wenn wir schon an dem Punkt wären, dass bei allen das günstige Preissignal ankäme und dann alle dank Digitalisierung auf den Punkt genau ihre Speicher und das Elektroauto aufladen und die Kühlhäuser tiefer kühlen würden, dann wäre das Netz dafür jetzt noch nicht ausgelegt.

Sie haben vorgeschlagen, die EEG-Umlage auch vom Wärmemarkt bezahlen zu lassen. Wie stellen Sie sich das vor?

Wenn ein Kunde überlegt, sich eine Stromheizung einzubauen, dann rät ihm der Heizungsbauer oder Energieberater ab, weil Strom doch die teuerste Energieform sei. Da sind alle möglichen Steuern und Umlagen drauf. „Damit schießen Sie sich ins eigene Bein“, kriegt der Kunde zu hören. Heizöl genießt hingegen erhebliche Steuervorteile. Der Kunde wird durch die staatliche Beaufschlagungspolitik dahin getrieben, fossile Wärmeerzeuger einzusetzen. Stattdessen sollte er doch dahin geleitet werden, zumindest eine Hybridheizung einzubauen, so dass er wenn der Strom billig ist, umstellen kann von seiner fossilen Brennwertheizung auf einen elektrischen Tauchsieder, um CO2-frei zu heizen. Die Philosophie der 80er Jahre, Strom teuer zu machen, so dass er gespart wird, ist ja richtig, solange der Strom fossil erzeugt wird. Aber sie ist nicht richtig, wenn der Strom sowieso durch EEG-Anlagen erzeugt wird, die bei hohem Stromangebot abgeregelt werden, weil die Sektorkopplung noch nicht funktioniert. Deswegen unsere Idee, bei der EEG-Umlage anzusetzen.

Heizen mit Strom günstig zu machen, macht den Strom nicht erneuerbar.

Man müsste natürlich nach dem CO2-Gehalt des Stroms differenzieren. Und auch bei der Umlage auf Benzin, Diesel, Gas und Öl müsste man schauen, was da an CO2-Emissionen drin ist.

Auch im angekündigten Gebäude­ener­giegesetz wollen Sie das Heizen mit Strom pushen.

Die Erneuerbaren produzieren nun mal im Wesentlichen Strom. Also müssen wir mit dem Ausgangsprodukt Strom irgendwie die Mobilität sicherstellen – über Wasserstoff, über Methan oder direkte Elektrifizierung – und wir müssen irgendwie den Wind und die Solarernte in die Heizung kriegen. Das kann man über Power-to-Gas machen oder über Power-to-Heat, wo es sich anbietet. Bei Niedrigenergiegebäuden macht es zum Beispiel keinen Sinn, über eine Gasheizung zu gehen.

Ihre Stellungnahme zum Gesetzentwurf provoziert auch Widerspruch in der Regenerativ-Branche. Sie favorisieren PV vor Solarthermie, sprechen sich für weniger strenge Jahresarbeitszahlen von Wärmepumpen aus und Sie rehabilitieren Stromdirektheizungen.

Da muss man mal zurückfragen: Was stört Euch denn daran? Wenn ein Tauchsieder Strom vom eigenen Solardach in die Heizung bringt, sofern der Strom nicht anderswo im Haus verwendbar ist – das ist doch 100-prozentig CO2-frei und es ist eine 100-prozentige Umwandlung. Mit Solarthermie ist das in der Tat so eine Sache. Erneuerbare Energien sind eine Frage der Flächen. Wenn ich mir ein Solarthermiesystem aufs Dach setze und mich freue, dass ich im Sommer einen 1000-Liter-Tank voll kochenden Wassers habe, das aber kein Mensch braucht, dann frage ich mich, warum ich diese Fläche nicht für die Universalenergie Strom nehme, mit der ich dann kühlen kann, meinen Brauchwasserbedarf decke und die ich im Zweifel an den Nachbarn weiterreiche. Solarthemie ist für mich nicht mehr als ein Zwischenschritt.

Die Wirkungsgrade der Solarthermie sind viel höher als die der Photovoltaik. Über die bessere Ausnutzung der Dachfläche kann man also streiten.

Bei den Wirkungsgraden der Photovoltaik tut sich noch einiges und bei den Preisen auch. Es würde auch helfen, wenn sich die EU-Kommission von den nicht nachvollziehbaren Handelsbeschränkungen für chinesische Module verabschiedet. Der entscheidende Punkt ist aber: Wenn wir Mobilität und Heizung über Sektorkopplung machen wollen, dann werden wir einfach sehr viel mehr Strom brauchen. Und die Flächen, wo wir Natur nicht kaputt machen, das sind nun mal die Dächer. Obendrein sind die verbrauchsnah. Ich verstehe nicht, warum es nicht sehr viel prominenter vertreten wird, gebäudeintegrierte PV zu machen und jedem Haus seinen Speicher zu geben.

Was müsste passieren, damit Speicher stärker kommen?

Es muss zum guten Ton gehören, ein Haus nicht zu sanieren ohne PV-Dachanlage und Speicher. Jedes Gebäude soll einen Teil erneuerbare Energien produzieren.

Passt denn das Interesse von Hausbesitzern an Autarkie zum Interesse Ihrer Mitgliedsfirmen, Energie und Dienstleistungen zu verkaufen?

Die reine Lieferung von Kilowattstunden war gestern. Der Job der Dienst­leister ist es, das Angebot der Erneuerbaren mit dem Verbrauchsverhalten in Einklang zu bringen. Die Liegenschaft der Zukunft hängt am Algorithmus dieser Dienstleister, und das ist der Großteil unserer Mitglieder. Sekundengenau entscheidet der Algorithmus, wie der Strom vom Dach oder vom Nachbardach verwendet wird. Speise ich den zur Unterstützung ins Netz oder speichere ich den Strom? Der Kunde möchte das nicht alles selbst machen: Die dafür notwendige Technik und das Management liefern die Unternehmen der neuen Energiewirtschaft.

Text: Guido Bröer

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