Mieterstrom: Es geht jetzt um die Details

Photovoltaikanalage im gelben Viertel in Berlin Hellersdorf
Solarthemen+plus. In der vergangenen Woche haben sich die Energie­poli­tiker von SPD- und Unionsfraktion darauf verständigt, bis zur Sommerpause den gesetzlichen Rahmen für eine Förderung von Mieterstromprojekten zu schaffen. Wichtige Details haben die Politiker allerdings noch offen gelassen, Daran wird jetzt in den Ministerien gefeilt.

Es war die neue Wirtschaftsministerin Brigitte Zypries, die auf dem Neujahrsempfang des Bundesverbandes Erneuerbare Energien (BEE) am Donnerstag voriger Woche die von Experten bereits erwartete Nachricht bekannt gab: „Wir wollen, dass künftig auch Mieter am Ausbau der Erneuerbaren beteiligt werden. Wir haben es heute geschafft, dass wir uns in den Koalitionsfraktionen auf die Eckpunkte für ein Mieterstrommodell verständigt haben. Dieses Modell werden wir noch vor der Sommerpause im Deutschen Bundestag verabschieden.” Geeinigt haben sich die Fraktionen auf ein Zuschussmodell, dass vom Bundeswirtschaftsministerium (BMWi), untermauert durch ein Gutachten, in die Diskussion gebracht wurde (Vgl. Solarthemen+plus vom 27.1.2017). Somit wird nicht die Verordnungsermächtigung des EEG 2017 genutzt, nach der Photovoltaik-Mieterstrom durch eine Teilbefreiung von der EEG-Umlage dem Eigenverbrauch hätte gleichgestellt werden sollen. Mit einer solchen Regelung hatte sich das Ministerium nie anfreunden wollen. Vielmehr sollen Anbieter von Mieterstrom vom eigenen Dach künftig für jede Kilowattstunde einen auf 20 Jahre garantierten Zuschuss bekommen. Dieser könnte nach derzeitigem Diskussionsstand bei rund 4 Cent liegen. Die genaue Höhe des Zuschlags soll sich allerdings aus der jeweils geltenden EEG-Einspeisevergütung ableiten und somit auch von der Größe der Anlage anhängig sein. Diskutiert wird derzeit über einen Zuschlag, der um 8,5 Cent tiefer liegt als der Vergütungssatz für die betreffende Anlage. Damit würde der Mieterstromzuschuss auch flexibel dem Mechanismus des atmenden Deckels folgen. Regionale Ungleichgewichte Auf einen Schönheitsfehler des bislang diskutierten Modells macht allerdings Marcus Koepp von der Prognos AG, Mitautor der BMWi-Studie zum Mieterstrom, aufmerksam: Regionale Ungleichgewichte würden damit nicht ausgeglichen. Da sich vor allem die Netzgebühren innerhalb Deutschlands für typische Haushaltsstromkunden um mehr als 5 cent unterscheiden, verspricht ein direkter Stromverkauf ohne kostenpflichtige Nutzung des öffentlichen Netzes gegenüber dem Netzbezug sehr ungleiche Margen. Im Nordosten, wo die Netzgebühren hoch sind, sind Mieterstrommodelle interessanter als im Südwesten. Einen weiteren Schönheitsfehler des mit der Union erzielten Kompromisses sehen SPD-Politiker darin, dass die Summe der jährlich geförderten Mieterstrom-Modelle auf 500 Megawatt begrenzt werden soll. Was die Unionspolitiker mit diesem zusätzlichen – in den nächsten Jahren wohl eher fiktiven – Deckel bezwecken, wird nicht ganz klar. Zumal die EEG-Förderung für Photovoltaik ohnehin absolut auf 52 Gigawatt begrenzt ist. Klar ist, dass die Mieterstromzuschüsse nicht über den Bundeshaushalt, sondern über die EEG-Umlage refinanziert werden sollen. Überhaupt sei das Verfahren stark an die Zuschüsse des KWK-Gesetzes angelehnt, sagen Insider. So spricht vieles dafür, dass auch in diesem Fall das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle als Förderstelle bestimmt werden wird. Bei einem der Themen, um die derzeit noch gefeilscht wird, liegt der Ball beim Finanzminister. Bislang laufen Wohnungsunternehmen, die ihren Mietern gewerblich Strom verkaufen, Gefahr, ihre weitgehende Befreiung von der Gewerbesteuer und im Falle von Wohnungsgenossenschaften auch von der Körperschaftssteuer zu verlieren. Ob dies im Rahmen des Mieterstromgesetzes geändert wird, werden erst die nächsten Wochen zeigen. Sofern Stromversorgungsunternehmen oder andere Contractoren die Belieferung der Mieter übernehmen, besteht diese Hürde nicht. Größere Freiräume als mit der ursprünglich geplanten Verordnungsermächtigung verspricht sich Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Solarwirtschaft, im nun geplanten Gesetzgebungsverfahren bei der räumlichen Auslegung des Mieterstrombegriffs. Es geht um die Frage, ob der Strom unmittelbar von dem Dach kommen muss, unter dem der Mieter wohnt, oder ob auch Nachbargebäude einbezogen sein können, die über Arealnetze versorgt werden. „Wichtig ist, dass Quartierskonzepte möglich werden”, nennt Körnig einen der Prüfsteine für den angekündigten Gesetzentwurf. Bevor der Entwurf nicht vorliegt, kommentiert er die Koalitionspläne nur zurückhaltend. Jedenfalls, so viel ist dem Solarlobbyisten zu entlocken, könne der Verband mit dem Zuschussmodell durchaus leben und: „Wir sind zuversichtlich, dass es vom Grundsatz her in die richtige Richtung geht.“ In der zuständigen Abteilung des BMWi erfuhren die Solarthemen, dass bereits an einem Gesetzentwurf gearbeitet werde. Viel Zeit bleibt dafür nicht. Spätestens im Mai muss das Gesetz ins Parlament eingebracht werden, um noch in dieser Legislaturperiode verabschiedet werden zu können. Text: Guido Bröer Foto: Stadt+Land Berlin

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