Sonne kompensiert Verluste in Mehrfamilienhäusern

Solarthemen+plus 3.3.2017. Ein Forschungsprojekt des Instituts für Solarenergieforschung Hameln (ISFH) hat Rezepte gegen hohe Wärmeverteilverluste in Mehrfamilienhäusern und für die Deckung des Restbedarfs durch Solarthermie entwickelt.

Die heute auf der Homepage des Instituts veröffentlichte Simulationsstudie zeigt am Beispiel mehrerer Wohnhäuser in Hannover auf, warum bei sanierten Wohngebäuden in der Praxis gerade bei hohen Sanierungsstandards die tätsächlichen Energieeinsparungen oft systematisch um ein Vielfaches hinter den berechneten Werten zurückbleiben. Eine große Rolle spielt dabei neben dem geänderten Nutzerverhalten ein wachsender Anteil von Wärmeverteilverlusten, die laut ISFH durch die gängigen Normen nicht abgebildet werden. Besonders im Sommer, wenn der Nutzungsgrad der üblichen Kesselanlagen in der Trinkwassererwärmung besonders schlecht ist, können Solaranlagen auftrumpfen. Die Studie zeigt, dass die Kollektorflächen hier allerdings üblicherweise zu gering dimensioniert werden. Während die VDI-Empfehlung für Mehrfamilienhäuser von 0,5 Quadratmetern pro Kopf ausgeht, empfehlen die ISFH-Wissenschaftler aufgrund ihrer Simulationen Werte zwischen 1 und 2 Quadratmetern Kollektorfläche pro Kopf. „Es ist wichtig, die Kollektorfläche so auszulegen, dass sowohl der Trinkwasserbedarf als auch die Wärmeverluste während der Sommermonate komplett abgedeckt werden, so dass der Heizkessel während des gesamten Sommers ausgeschaltet bleibt“, sagt Jan Steinweg, Gruppenleiter Thermische Energiesysteme im ISFH. Zuvor sollte allerdings der Wärmeverteilverlust im Haus verringert werden. Insbesondere gelingt dies durch eine Absenkung der Vorlauf- und Zirkulationstemperaturen. In vielen Fällen, so weist die Studie nach, lohnt sich bei einer Sanierung eine Umrüstung der klassischen Vier-Leiter-Systeme auf ein Zwei-Leiter-System, bei dem das Trinkwarmwasser erst in den Wohnungen mit Plattenwärmetauschern erwärmt wird. Ein Hygieneproblem (Legionellen) gibt es damit nicht. Gute, nicht zu klein dimensionierte Wärmeübertrager, die 3000 Watt pro Grad Kelvin leisten, sind dabei laut Studie entscheidend, damit die Vor­lauf­temperaturen im Heizungssystem tatsächlich auf 50 Grad reduziert werden können, ohne dass der Mieter unter der Dusche friert. Mit geringen Vorlauftemperaturen steht und fällt auch der solare Deckungsgrad. Eine Option für Vier-Leiter-Systeme, die von der Studie allerdings nicht im Detail behandelt wird, besteht in einer mechanischen Reduktion der bakteriellen Belastung im Trinkwasser. So genannte Ultrafilter, an deren Markteinführung sich aktuell der Solarhersteller Solvis versucht, können eine Lösung sein, um die Vorlauftemperaturen ohne Risiko für die Trinkwasserhygiene zu senken. Am bekannten Mieter-Vermieter-Dilemma, dass solche Investitionen dem Mieter zugute kommen, ohne dass sie sich für den Vermieter direkt auszahlen, vermag die Forschungsarbeit allerdings nichts zu ändern. Beteiligt waren an ihr neben dem ISFH auch zwei Hannoveraner Wohnungsunternehmen ein Hersteller von Wärmetauschern und der proKlima-Fonds der Stadtwerke Hannover. Öffentlichen Förderung kam vom Bundeswirtschaftsministerium. Download der Studie unter https://goo.gl/ESsa09 Text: Guido Bröer Grafik: ISFH

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