Heißes Thema: Brennende Solarkollektoren

Solarthemen 489. Dass nicht nur Photovoltaikan­lagen, sondern auch solarthermi­sche Kollektoren Brände auslösen können, ist wenig bekannt. In den letzten beiden Sommerhalbjahren häuften sich allerdings die Schadensfälle. Besonders betroffen sind Indachkollektoren mit Holzrahmen und offenbar insbesondere Anla­gen des Her­stellers Buschbeck.

Wer unter www.buschbeck.com den insolventen Augustusburger Kollektorhersteller zu erreichen versucht, wird derzeit automatisch weitergeleitet auf die Seite www.solarsicher­heit.com. Unter der Überschrift „Wird der Stillstand von dachintegrierten Kollektoren zum Problem“ präsentiert dort Enrico Müller aus Stollberg im Erzgebirge Erklärungen, Fotos und Videos zu Dachstuhlbränden, die mit höchster Wahrscheinlichkeit von den darauf montierten Solarthermieanlagen ausgingen. Müller hat früher als Gebietsvertreter Buschbeck-Anlagen vertrieben. Seit neuestem bietet er technische Unterstützung an, um bestehende Anlagen sicherer zu machen. Die Weiterleitung zu seiner Internetseite hat der Insolvenzverwalter der Buschbeck GmbH veranlasst. Aus triftigem Grund. Denn die oft großflächigen Indach-Solaranlagen von Buschbeck machen nach einer im vergangenen heißen Sommer aufgetretenen Serie von Bränden ihren Besitzern nun teils mehr Angst als Freude. Die früheren Installationsbetriebe der Buso-Genossenschaft, die diese Kollektoren viele Jahre lang voller Überzeugung eingebaut haben, sind alarmiert. Vom Insolvenzverwalter wurden sie aufgefordert, ihre Kunden auf das Brandrisiko aufmerksam zu machen. Hans-Hermann Drews, Geschäftsführer des Instituts für Schadenverhütung und Schadenforschung der öffentlichen Versicherer e.V. (IFS) in Kiel, bestätigt, dass von 15 Brandfällen an Solarkollektoren, die sein Institut in den vergangenen zwei Jahren untersuchen konnte, eine Häufung von Bränden Buschbeck-Anlagen betroffen habe. Allerdings sind auch Holzrahmen-Indachkollektoren anderer Hersteller in Brand geraten. Verschiedene Kollektortypen Auf Enrico Müllers Internetseite ist zwar auch ein Brand hinter einem Aufdachkollektor mit Metallwanne zu sehen. Sein Institut könne bislang aber ausschließlich von brennenden Indachkollektoren berichten, sagt Drews. Die Experten des IFS gehen davon aus, dass Überhitzung überall die Brandursache war. Denn alle 15 Fälle zeigen neben dem Typ Holz-Indachkollektor weitere Gemeinsamkeiten: Die Brände traten an sonnigen Sommertagen meist am Nachmittag auf, als die Pufferspeicher komplett aufgeladen waren, so dass der Kollektorkreislauf sich in Stagnation befand. Wie aber kann Holz überhaupt in Brand geraten an Flachkollektoren, deren Absorber in der Regel laut Solar-Keymark-Zertifikat nur eine maximale Stillstandstemperatur von weniger als 200 Grad Celsius erreichen? Fichten­holz hat normalerweise eine Zündtemperatur von 280 Grad. Schadensexperte Drews erklärt: „Chemisch spricht man von einer thermischen Aufbereitung des Holzes.“ Werde Holz lange oder wiederkehrend Temperaturen oberhalb von 100 Grad Celsius ausgesetzt, so verfärbe es sich zunächst und nehme dann zunehmend eine kohleartige Konsistenz an. In derart thermisch aufbereitetem Zustand könne sich Fichtenholz schon bei Temperaturen um 120 Grad entzünden. Im Labor seien unter „optimalen“ Bedingungen sogar schon Zündtemperturen von 85 bis 90 Grad nachgewiesen worden, berichtet Drews. Unter Praxisbedingungen könne man derart geringe Temperaturen aber „wohl fast ausschließen“. Zweifellos allerdings reichten Temperaturen weit unterhalb der Stillstandstemperatur aus, um Holz in Brand zu setzen, so Drews. Und er stellt klar: „Wir reden von Überhitzung. Es bedarf dazu keines externen Funkens.“ Die Temperatur spiele bei der thermischen Aufbereitung ebenso eine Rolle wie der Faktor Zeit, veranschaulicht Drews am Beispiel eines Brotes, das man im Backofen vergesse: Bei 250 Grad werde es dort recht schnell schwarz; bei 150 Grad werde man das gleiche Ergebnis erzielen, allerdings erst in deutlich längerer Zeit. Vor diesem Hintergrund muss man davon ausgehen, dass Kollektorbrände nicht nur mit zunehmender Verbreitung von thermischen Solaranlagen, sondern auch mit deren zunehmendem Alter häufiger vorkommen könnten. Drews möchte zwar nach den bisherigen Erkenntnissen nicht bestätigen, dass das Brandrisiko mit dem Alter einer gefährdeten Anlage steige, aber er sagt klar, dass man keine Entwarnung geben könne, nur weil ein Kollektor bereits viele Jahre anstandslos seinen Dienst versehen habe. Das Phänomen sei nicht auf Solarkollektoren beschränkt, sondern beispielsweise auch von Kaminrohren her bekannt, für die klare Brandschutzregeln gelten. „Hier wie dort hilft eine thermische Entkopplung“, sagt Drews. Dies müsse nicht unbedingt eine Dämmschicht sein; auch ein Sicherheitsabstand von Holz zu heißen Bauteilen könne ausreichend sein, denn Luft ist ein guter Isolator. Dies gilt allerdings nicht, wenn sich beispielsweise die Luft im weitgehend geschlossenen Kollektor stark erhitzt. In einem Fall vermuten die IFS-Sachverständigen beispielsweise, dass ein Spalt zwischen der rückwärtigen und der seitlichen Dämmung ausreichen konnte, um durch Strahlung oder gar Konvektion das dahinter liegende Holz auf kritische Temperaturen zu erhitzen. Das Thema hat mittlerweile auch die Zertifizierer nachdenklich gemacht. „Das Problem war auch uns in den Prüfinstituten nicht geläufig“, gibt Ulrich Fritzsche vom TÜV Rheinland zu. Immerhin würden alle Kollektoren nach der Kollektorprüfnorm 30 Tage lang unter Stagnationsbedingungen im Sommerhalbjahr der Sonne ausgesetzt. Dabei habe es noch nie einen Brand gegeben. Bislang habe man sich allerdings am Sonnensimulator darauf beschränkt, die maximale Stillstandstemperatur des Absorbers zu messen und im Prüfbericht zu protokollieren. Dies werde nach den jüngsten Erfahrungen künftig nicht mehr ausreichen, meint Fritzsche: „Ich denke, wir müssen künftig auch die Temperaturbelastung kritischer Bauteile des Kollektors unter Laborbedingungen erfassen.“ Die ohnehin anstehende Überarbeitung der Kollektorprüfnorm EN 12975 „Thermische Solarkollektoren und ihre Bauteile“ biete dafür eine gute Gelegenheit. Das Thema sei schon im Normungsgremium für die Tagesordnung ange­mel­det worden, sagt Fritzsche. Mit neuen Kollektornormen ist allerdings den vielen Besitzern von Bestandanlagen nicht geholfen. Spätestens wenn das Thema von den Massenmedien aufgegriffen wird – und die werden es auf kurz oder lang entdecken –, kann es für die gesamte Branche zum Imageproblem werden. Natürlich müssen sich nicht nur Hersteller, sondern auch Installateure fragen, wie es im Fall der Fälle um ihre Verantwortung und Haftung steht. Denn neben dem Kollektortyp kann auch mangelnde Sorgfalt bei der Installation, insbesondere beim Einbau des Kollektors und der Leitungsführung im Dach Überhitzungsschäden begünstigen. Nicht zuletzt ist es auch die Auslegung der Anlage – großer Kollektor, relativ kleiner Speicher, flacher Anstellwinkel direkt nach Süden, der die sommerliche Stagnation fördert. Bei einem Treffen der Solarteursvereinigung Nordsolar e.V. Ende Februar war sich die Runde schnell einig, dass Installationsbetriebe ihren Bestandskunden nach einer ersten eigenen Risikoabschätzung proaktiv eine Überprüfung aller Risiko-Anlagen anbieten sollten. Das schaffe Vertrauen und sei ja auch ein Kommunikationsanlass, aus dem sich neue Geschäfte ergeben könnten. Stagnation vermeiden! Zu prüfen ist der Zustand des Holzes und der Rohrdämmung an kritischen Stellen. Selbst wenn ein Handwerker an eingebaute Kollektoren und Rohre nur schlecht herankommt, kann er versuchen, die Stagnation der Anlagen präventiv zu vermindern oder ganz zu vermeiden. Eine radikale Lösung ist ein externer Kühler, wie ihn Enrico Müller entwickelt hat und mit seiner Firma MH-direkt UG vertreibt. Sein Konzept sieht vor, dass der Kollektorkreislauf bei hohen Temperaturen per Bypass über ein luftgekühltes Rohrregister geführt wird, das am Gebäude montiert oder auch in einer speziellen Variante frei aufgestellt werden kann. In weniger extremen Fällen kann es ausreichen, den Kollektorkreislauf im Sommer nachts laufen zu lassen, um den Solarspeicher so weit abzukühlen, dass am Folgetag keine Stagnationsgefahr besteht. Bei frei programmierbaren Solarreglern, wie sie an Busch­beck-Anlagen häufig verbaut wurden, können Fachleute dies einstellen. Bei einfacheren Reglern ist es denkbar, die Solarpumpe im Hochsommer Tag und Nacht durchlaufen zu lassen. In einem Beitrag der IFS-Zeitschrift Schadenprisma betont das Institut, dass es ihm wichtig sei, auf das Problem hinzuweisen, ohne die Solarthermie zu verteufeln. Der Großteil der Anlagen arbeite problemlos. Und selbst in Relation zu den laut www.solarsicherheit.com über 15000 Buschbeck-Solaranlagen liegt der Anteil der bekannten Brände im Promille-Bereich. Gleichwohl gibt Enrico Müller für den Fall der Fälle noch einen wichtigen Tipp: „Sagen Sie der Feuerwehr sofort, dass es keine Photovoltaikanlage ist, die da brennt.“ Text: Guido Bröer

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