Bund strebt neue Förderstrategie im Wärmesektor an

Foto: Guido Bröer
SolarthemenPlus. Während der Messe ISH hat der Abteilungsleiter des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWi), Thorsten Her­dan, eine neue Förderstrategie des Bundes für den Wärmesektor angekündigt. Es war eine der interessanteren Pressekonferenzen während der Megamesse der SHK-Branche – auch deshalb, weil zwischen dem gastgebenden Bundesverband der Heizungsindustrie (BDH) und dem Hauptredner, Thorsten Herdan vom BMWi, offenbar nicht jede Aussage vorher abgesprochen war.

Recht offen sprach Herdan zunächst über den Stand beim geplanten Gebäudeenergiegesetz, dessen Entwurf bereits Mitte Februar zum Beschluss durch das Bundeskabinett vorgesehen, dann aber durch ein Veto aus der Unionsfraktion gestoppt worden war. Aktuell werde aber auch wieder zwischen den Ministerien diskutiert, ließ Herdan durchblicken. Aus Sicht seines federführenden Wirtschaftsministeriums und wohl auch im Namen des ebenfalls SPD-geführten Umweltministeriums sagte Herdan: „Wir sind seit geraumer Zeit fertig – manchmal auch fix und fertig. Aktuell sind wir nicht in der Lage, das Gesetz in eine Kabinettsvorlage zu bringen. Wir sind jetzt nicht mehr am Ball. Wir haben den Ball auf den Elfmeterpunkt gelegt; jetzt sind andere berufen, ihn ins Tor zu schießen“, sagte der Ministeriumsvertreter und meinte damit wohl die Politiker der Koalitionsfraktionen sowie die Minister verschiedener politischer Couleur. Beim Gebäudeenergiegesetz, das die Energieeinsparverordnung und das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz zusammenführen soll, herrscht schon deshalb Zeitdruck, weil EU-weite Fristen für die Einführung des so genannten Niedrigst-Energie-Gebäudestandards im Neubaubereich einzuhalten sind. Bereits Anfang 2019 soll dieser für alle öffentlichen Gebäude in Kraft treten – zwei Jahre früher als im privaten Sektor. Es ist eine wesentliche Begründung für die Ablehnung des Referentenentwurfs durch führende Wirtschaftspolitiker der Union, dass der vom BMWi für neue öffentliche Gebäude geplante KFW-55-Standard nicht dem Gebot der Wirtschaftlichkeit genüge. Neue Förderstrategie im April Wenn schon die Reform des Ordnungsrechts für den Gebäudesektor im Moment nicht weiter kommt, so will das Wirtschaftsministerium zumindest im Bereich der Förderpolitik für den Wärmesektor noch in dieser Legislaturperiode Pflöcke einschlagen. Herdan kündigte wesentliche Änderungen im Bereich der aktuellen Förderprogramme an: „Wir haben uns vor einem Jahr vorgenommen, sämtliche Förderprogramme auf den Prüfstand zu stellen. Wir werden Anfang April die neue Förderstrategie vorstellen.“ Beispielsweise werde die Zusammenlegung von Marktanreizprogramm und Gebäudesanierungsprogramm ein Thema sein, so Herdan. Politisch ist das durchaus ein heißes Eisen, schließlich wird dies nicht ohne Eingriffe in die über Jahrzehnte gewachsene Aufgabenverteilung zwischen der bundeseigenen KfW-Bank und dem Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) abgehen. Der Bundesrechnungshof hatte mehrfach – zuletzt in einem Sonderbericht im Januar (vgl. Solarthemem 487) – gerügt, dass die Förderprogramme im Wärmesektor zum Teil ineffizient, unübersichtlich und schlecht aufeinander abgestimmt seien. Keine Förderung mehr für fossile Heizungen Unter den skeptischen Blicken von BDH-Präsident Manfred Greis und BDH-Geschäftsführer Andreas Lücke bekräftigte Herdan in diesem Zusammenhang eine Ankündigung, die Wirtschaftsministerin Brigitte Zypries bereit vor vier Wochen auf dem Neujahrsempfang des Bundesverbandes Erneuerbare Energien gemacht hatte: „Wir werden uns auch des Themas fossile Heizungen annehmen – und zwar in der Form, dass wir diese nicht mehr fördern wollen.“ Die Aussage bezieht sich offenkundig insbesondere auf das KfW-Programm 430, in dem es zurzeit 15-prozentige Zuschüsse für den Ersatz alter Heizkessel durch fossile Brennwertgeräte gibt. Hybride Systeme, also beispielsweise Brennwertkessel in Verbindung mit einer Solaranlage, so war Herdan zu verstehen, stehen allerdings nicht auf der Streichliste des Ministeriums. Wann genau die Veränderungen greifen sollen, das ließ Herdan offen – ebenso wie zuvor seine Ministerin, die auf Nachfrage lediglich das Wort „künftig“ wiederholt hatte. Greis opponierte deutlich gegen die von Herdan angedeuteten Pläne. Seine Warnung vor der Streichung der Subventionen für fossile Brennwertkessel war unmissverständlich: „Wer neue Heizungen nicht mehr fördern will, der läuft Gefahr, dass die alten Heizungen weiterbetrieben werden. Wenn Investoren den Eindruck haben, dass politisch nicht mehr gewünscht wird, was sie tun wollen, dann tun sie lieber gar nichts.“ Und Greis ergänzte: „Bevor wir über eine Neuordnung der Förderpolitik reden, müssen wir die Sanierungsquote insgesamt erhöhen.“ Dies allerdings sei vor allem auch eine Aufgabe der Branche selbst, machte Herdan klar. Es fehle an den „Basics“: Wenn es schon an ausreichendem Nachwuchs im Handwerk und einem Interesse der Handwerker an zusätzlichen Aufträgen mangele, dann müsse man sich nicht wundern, dass die Energiewende im Heizungskeller trotz eines Allzeit-Hochs der Fördertöpfe nicht in Fahrt komme. Um bei der Wärmewende und der Sektorenkopplung voranzukommen, werde in der nächsten Legislaturperiode außerdem eine Umlagedebatte geführt werden müssen, meint Herdan: „Die Frage ist, wie können wir ein Umlagesystem schaffen, das die Stromwende zu einer echten Energiewende macht?“ In dem Zusammenhang ließ auch Greis neue Töne hören: „Ich könnte mir vorstellen, dass wir Abgaben wegnehmen und aufkommensneutral zu einer allgemeinen CO2-Abgabe umwandeln.“ Auf Nachfrage stellte er jedoch klar, dass es sich bei dieser Aussage nicht um eine abgestimmte BDH-Verbandsmeinung handele. Text: Guido Bröer

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