Verbände bemängeln Mieterstromgesetz

SolarthemenPlus. Die Frist für Stellungnahmen zu dem vom Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) vorgelegten Entwurf eines Mieterstromgesetzes ist abgelaufen. Die Verbände halten es für richtig, Mieterstrom gesetzlich zu fördern, fürchten aber, dass durch das Gesetz neue Hürden aufgebaut werden könnten.

Die Sonnenenergie-Vereinigung Eurosolar weist in ihrer Stellungnahme darauf hin, dass der Gesetzentwurf in den kommenden Monaten einige potenzielle Mieterstromprojekte verhindern oder verzögern könnte. Denn der Entwurf sieht nicht vor, dass bereits vor dem Gesetzesbeschluss realisierte Mieterstromprojekte von der neuen Förderung profitieren können. So könnten sich selbst die von Eurosolar begrüßten Änderungen im Gewerbe- und Körperschaftssteuergesetz als Hindernis erweisen, weil sich der Gesetzgebungsprozess verzögern könnte. Bislang ist der Entwurf im Kabinett noch nicht diskutiert worden. „Bis wann hier der Entwurf eines Artikelgesetzes durch das BMF (Bundesfinanzministerium) zu erwarten ist und ob der – vom BMWi nicht konkret benannte – Zeitpunkt für das Inkraftreten noch in dieser Legislaturperiode zu halten ist, ist durchaus fraglich“, zeigt sich Eurosolar grundsätzlich skeptisch. Das BMWi weist darauf hin, schon parallel zur Verbände- und Länderanhörung werde mit den anderen Ressorts insbesondere über steuerrechtliche Fragen gesprochen. Smart Meter für jeden Mieter wird kritisiert Eine große Zahl von Verbänden sieht in einer Passage des Gesetzentwurfs, die leicht übersehen werden kann, ein großes Risiko. Dieses betrifft die Stromzähler. Das BMWi möchte die Betreiber von Mieterstromprojekten verpflichten, bei einem Austausch der Summenzähler durch ein intelligentes Messsystem auch die Unterzähler – also die einzelnen Mieter – mit Smart Metern auszustatten. Dies würde zu höheren Kosten führen, die in Gebäuden ohne Mieterstrom nicht anfallen. Zudem sollen die Stromverbräuche dann sehr exakt abgerechnet werden, während derzeit eine Jahresbilanz ausreicht. Andeas Horn von Sonnenkraft-Freising kommt zu dem Schluss: „Mieterstromprojekte werden mit diesem Gesetz für den Betreiber vollkommen unkalkulierbar und somit zu einem extremen wirtschaftlichen Risiko.“ Bei den meisten Projekten sei davon auszugehen, dass die Kosten für die zusätzlichen Pflichten höher seien als die „Förderung“. Zu einem größeren Risiko werde die genaue Abrechnung auch, weil im Rahmen einer Jahresbilanz möglicherweise weniger Solarstrom dem Mieterstrom zugerechnet werde als dies bei einer 15-minütigen Messung der Fall sei. Dies sei für den Betreiber vorab kaum kalkulierbar. Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) hält die Regelung im Bereich der Messung hingegen für sinnvoll, die auch die Wahlfreiheit hinsichtlich des Messstellenbetreibers einschränken würde: „Der BDEW begrüßt, dass für den Messstellenbetrieb (MSB) aller an das Smart-Meter-Gateway angebundenen Unterzähler und Erzeugungszähler derselbe Messstellenbetreiber zuständig sein soll.“ Dies hält der BDEW generell für sinnvoll. Diese Regelung solle auch greifen, wenn noch kein intelligentes Messsystem eingebaut sei sowie für die Letztverbraucher, die keinen Mieterstrom bezögen. Grundsätzlich steht der BDEW Mieterstromprojekten in der bislang vorgesehenen Form ablehnend gegenüber. Das vorgelegte Mieterstrommodell gehe in die falsche Richtung, so der BDEW, „da es auf Regelungen setzt, die zu einer Verschärfung der Umverteilungsprobleme führen. Denn am Ende können nicht alle Mieter gleichermaßen vom Mieterstrommodell Gebrauch machen.“ BDEW: Volle Abgaben auf jede Kilowattstunde Aus Sicht des BDEW soll Strom, der im Zusammenhang mit Mieterstrommodellen an Letztverbraucher geliefert wird, „mit den gleichen Steuern, Abgaben und Umlagen belegt werden, wie Strom, der über das öffentliche Netz bezogen wird“. Eine Förderung solle dann ausschließlich über das Erneuerbare-Energien-Gesetz erfolgen. Und letztlich solle dies auch beim Eigenverbrauch gelten, so der BDEW. Der Verband, in dem viele Netzbetreiber Mitglied sind, würde künftig gern – bei Bestandsschutz für vorhandene Anlagen – alle Kosten und Steuern auch auf den Strom umlegen, der auf einem Gebäude produziert und dort verbraucht wird. Dies deutet an, in welche Richtung sich die politische Diskussion noch bewegen kann. Eine grundsätzlich andere Kritik kommt in einer Stellungnahme zum Ausdruck, die der Verband für Wärmelieferung, der Bundesverband Kraft-Wärme-Kopplung, das BHKW-Forum, die Arbeitsgemeinschaft für sparsamen und umweltfreundlichen Energieverbrauch und der Bund der Energieverbraucher gemeinsam formuliert haben. Der Gesetzentwurf sei „halbherzig“. Denn bei einigen Mieterstromprojekten würden verschiedene Energieerzeuger kombiniert – so könnten hier auch Blockheizkraftwerke und Wasser- oder Kleinwindkraftanlagen zum Einsatz kommen. Die Sonderregelung für Photovoltaik mache das gesamte Verfahren komplizierter. Es sei sinnvoller, für dezentral erzeugten und an Mieter gelieferten Strom generell die EEG-Umlage um 40 Prozent zu reduzieren. Kritik äußern diese fünf sowie weitere Verbände auch daran, dass die Förderung durch das Mieterstromgesetz auf Anlagen an einem bestimmten Gebäude beschränkt sein soll. Dies sei zu eng. Viele Verbände sprechen sich dafür aus, Anlagen in unmittelbarer Nähe einbeziehen zu können. Ein Kriterium könne es sein, dass der Strom nicht durch ein öffentliches Netz geleitet werde. Text: Andreas Witt Foto: Deutscher Bundestag/Achim Mende

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