Was bringen die neuen Heizungslabel?

Solarthemen 490. Seit dem 1. April gilt das europäische Energieeffizienz-Label auch für Biomassekessel. Eineinhalb Jahre nach der Einführung der Label für fossile Kessel, Wärmepumpen, Wärmespeicher und Solarsysteme sind nun auch Feststoffheizungen in das EU-weite Energiekennzeichnungssystem eingegliedert worden. Obwohl Pellets-Brennwertsysteme mit Solarunterstüt­zung die höchste Effizienzklasse A+++ erreichen können, sind die Erwartungen der Branche nicht überschäumend.

Eineinhalb Jahre hatten sich die Hersteller und Installateure von Pellets-, Hackschnitzel- und Scheitholzheizungen gedulden müssen, bevor auch sie von der EU-Kommission ihre Label bekommen haben. Hatte die Kennzeichnungspflicht für Heizkessel auf Basis fossiler Brennstoffe und Stromwärmepumpen bereits ab September 2015 gegolten, so hatte sich die Kommission seinerzeit nicht in der Lage gesehen, auch die Festbrennstoffkessel in den komplizierten Prozess der Kriterienentwicklung vom ersten Tag an einzubeziehen. Seit dem 1. April 2017 muss nun auch bei der Werbung und bei allen Angeboten für Holzheizkessel bis zu einer Leistung von 70 kW deren Energieverbrauchsklasse im offiziellen Label-Design ausgewiesen werden. Ab dem 1. Januar 2018 sind dann auch alle Einzelraumfeuerungen bis 50 kW inklusive aller Pelletska­min­öfen mit und ohne Wassertasche von der Labelpflicht betroffen. Jeweils gilt eine dreimonatige Übergangszeit – für Kessel bis zum 1. Juli 2017 – während derer Händler das Label noch nicht verpflichtend zeigen müssen. Pelletsanlagen mit A+++ Die Pelletsbranche kann mit dem Label vergleichsweise zufrieden sein, fallen ihre Kessel doch zumeist in eine höhere Effizienzklasse als vergleichbare Öl- und Gasheizungen und ziehen sie rein unter Labelgesichtspunkten häufig auch mit einer Wärmepumpenanlage gleich. So erreicht ein typischer atmosphärischer Pelletskessel in der Regel die Stufe A+ und Pellets-Brennwertgeräte sind seit dem 1. April zumeist mit A++ ausgezeichnet. Das Verbundanlagenlabel kann sogar ein A+++ („triple plus“) zeigen, wenn ein Pellets-Brennwertgerät mit einem hocheffizienten Wärmespeicher und einer ausreichend großen heizungsunterstützenden Solarkollektoranlage kombiniert wird. Die Freude darüber hält sich in der Pelletsbranche gleichwohl in Grenzen. „Das Label bringt dem Markt nichts, weil es kaum jemand versteht“, sagt Anna-Katharina Sievers, Pressesprecherin des Deutschen Energieholz- und Pellets-Verbandes (DEPV). So sei Verbrauchern nur schwer zu vermitteln, dass das Label allenfalls Unterschiede zwischen verschiedenen Heizungstypen, nicht allerdings die unterschiedliche Effizienz von Geräten desselben Typs aufzeige. Dies belegt auch eine sozialwissenschaftliche Studie die die Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz im vergangenen Herbst erarbeitet hat. Teil der Untersuchung ist eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts forsa unter 1018 Hausbesitzern. Darin wurde nicht nur des EU-Label für Neuanlagen, sondern auch das deutsche Altanlagenlabel untersucht, das die Schornsteinfeger seit Anfang 2017 obligatorisch für mehr als 15 Jahre alte Kessel im Rahmen ihrer Feuerstättenschau vergeben. Das Fazit der Verbraucherschützer kommt zumindest in Bezug auf das Neuanlagenlabel einem vernichtenden Urteil gleich: „Die Untersuchung zeigt deutlich, dass die neuen EU-Energielabel für Heizungen und Warmwasserbereiter für Verbraucher nur begrenzt verständlich und teilweise sogar missverständlich sind. Zudem ist beim Einholen von Angeboten die Entscheidung für ein Heizsystem , für die allein das Label eine Hilfe bietet, in der Regel schon gefallen. Damit sind die neuen Energielabel für Verbraucher keine Hilfe. Im Gegenteil: Durch mögliche Fehlinterpretationen von Angaben auf den Labeln ist die Gefahr der Irreführung gegeben.“ Viele Missverständnisse In den Befragungen hatte sich beispielsweise gezeigt, dass 43 Prozent der Hausbesitzer davon ausgingen, anhand der Label verschiedene Heizungsmodelle vergleichen können. Das Symbol eines Wasserhahns für die Effizienz der Trinkwassererwärmung hielten viele Probanden für eine Angabe über den Wasserverbrauch. Interessant war auch, dass die Einstellung der Verbraucher, die das Label zunächst zu 85 Prozent für hilfreich erachtet hatten, es nach einer vertiefenden Einführung in dessen Systematik anschließend mehrheitlich ablehnten. Keinen interessiert’s „Bisher hat das Label keinen Kunden interessiert“, sagt Wendelin Heinzelmann, Vertriebsleiter bei dem auf Pellets- und Solarheizungen spezialisierten Hersteller Paradigma. Entsprechend wenig Illusionen macht er sich denn auch über die absatzfördernde Wirkung des neuen Labels für Biomasse-Kessel. Allerdings glaubt er, dass der Bekanntheitsgrad des Klassifizierungssystems steigen könnte, nachdem am 1. Januar die Schornsteinfeger damit begonnen haben, in den Heizungskellern das Altanlagenlabel zu verkleben. Letztlich liege es allerdings am einzelnen Installationsbetrieb, was er daraus mache, so Heinzelmann: „Der Heizungsbauer hat eine gute Chance sich beim Kunden gegenüber der Konkurrenz zu profilieren, wenn er aktiv mit dem Heizungslabel umgeht.“ Deshalb hat Paradigma jetzt in den aktuellen Preislisten die Klassifizierung von Pellets-Solarkombinationen hervorgehoben. In den wesentlichen Leistungsklassen gibt es jetzt jeweils mindest ein standardisiertes Heizungspaket mit der Klasse A+++ im Angebot. Vertriebschance Auch Beate Schmidt-Menig, beim Kesselhersteller ÖkoFEN Deutschland für das Marketing verantwortlich, sieht die Energie-Label als Vertriebs­chance, wenngleich es äußerst schwierig sei, den Kunden deren Aussage und deren Grenzen zu vermitteln. „Ich bin aber froh, dass wir mit einem Pellets-Prennwertkessel A++ und im System mit vier bis fünf Solarkollektoren regelmäßig A+++ erreichen. Das erleichtert uns die Kommunikation im Markt.“ Die Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz hingegen fordert von der EU eine grundlegende Überarbeitung des Klassifikationssystems in zahlreichen Punkten. Unter anderem fordern die Verbraucherschützer den Übergang von einer Systembewertung zu einer Modellbewertung. „Fraglich ist jedoch, ob dies überhaupt möglich ist“, schränken sie gleich ein. Text: Guido Bröer Foto: VdZ

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