Technologieoffenheit als Zauberwort für Kompromisse

Solarthemen+plus. Die Deutsche Energieagentur (dena) hat erste Ergebnis­se der von ihr moderierten Leitstudie vorgestellt, in der sich ein Trägerkreis von Verbänden und Unterneh­men darauf verständigen will, wie sich die deutschen Klima­schutz­ziele bis 2050 am besten errei­chen lassen.

Zunächst hat die dena jetzt ein Leitszenario für den Teilbereich Gebäude veröffentlicht. In weiteren Schritten sollen Mobilität, Stromsektor und Industrie untersucht verden. Für die Studie wurden unterschiedliche Pfade zur Zielerreichung unter Aspekten wie Kosten, Energieimport- und Infrastrukturbedarf verglichen. Nach EInschätzung von Branchenkennern ist es angesichts der breiten Zusammensetzung des Trägerkreises schon bemerkenswert, dass nicht nur der Minimal-Pfad von 80 Prozent Treibhausgas-Reduktion bis 2050 untersucht wurde, sondern auch die Wege zu 95 Prozent Emissionsminderung, wie sie zur Erreichung des Klimaschutzziels von Paris notwendig sind. Dabei wird nicht mehr über das Ob geredet, sondern über das Wie. Verbände wollen mehr als bisher im Gebäudesektor Die Kernaussage, ohne zusätzliche Anstrengungen würden die 2050er-Klimaschutzziele der Bundesregierung jedenfalls klar verfehlt, tragen immerhin neben dem Bundesverband Erneuerbare Energie und dem Bundesverband Wärmepumpe unter anderem auch das Institut für Wärme und Oeltechnik, die Deutsche Vereinigung des Gas- und Wasserfaches und der Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie e.V. mit. Zentrale Botschaft der Studie ist, dass die Energiewende im Gebäudesektor sich bis 2050 am besten realisieren lasse, wenn alle verfügbaren Effizienztechnologien wirtschaftlich eingesetzt und die Infrastrukturen für Strom, Gas und Öl effizient mit erneuerbaren Energieträgern genutzt würden. Im Gegensatz zu dem „technologieoffenen“ Szenario berechnet die Studie auch ein „Elektrifizierungsszenario“ mit einer stark forcierten Elektrifizierung der Wärmeversorgung. Letzteres würde aber zu höheren Kosten führen und höherer Sanierungsraten bedürfen, so das dena-Fazit: „Nach dem Elektrifizierungsszenario müssten bis 2050 jedes Jahr rund zwei Prozent des gesamten Gebäudebestands in Deutschland saniert werden, um einen sehr breiten Einsatz von elektrischen Wärmepumpen zu ermöglichen. Im technologieoffenen Szenario würden dagegen 1,4 Pro­zent reichen. Hier wür­den neben Strom für Wärmepumpen auch gasförmige und flüssige Brennstoffe zum Einsatz kommen, die mit Hilfe von erneuerbaren Energien synthetisch erzeugt werden.“ Angesichts der Entwicklung der letzten Jahre sei selbst eine Sanierungsrate von 1,4 Prozent ein ambitioniertes Ziel, betont Andreas Kuhlmann, Vorsitzender der dena-Geschäftsführung. Er fasst zusammen: „Die Klimaschutzziele im Gebäudesektor lassen sich erreichen, aber dafür müssen wir uns erheblich mehr anstrengen und mehr einfallen lassen als bisher. Das technologische Potenzial dafür steht aber zur Verfügung.“ DUH: Ohne Fossil-Kesselverbot geht es nicht Scharfe Kritik an der dena-Gebäudestudie äußert der Verband Deutsche Umwelthilfe (DUH): Er kritisiert, dass die dena auch 2050 noch fossile Gas- und Ölheizungen im Gebäudebereich sehe. In einer DUH-Pressemitteilung heißt es: „Unter dem Deckmäntelchen der Technologieneutralität sollen bestehende Strukturen zementiert und fossile Technologien möglichst lange im Markt gehalten werden. Der Klimaschutz kommt dabei eindeutig zu kurz.“ Vor diesem Hintergrund sei das Erreichen der Klimaziele vollkommen unrealistisch, kritisiert die DUH. Der Verband sieht die neue Regierung – an die sich auch die dena-Studie richtet – in der Verantwortung, genau bei der Abkehr von fossilen Verbrennungstechnolgien den Fokus setzen, um die Potenziale im Gebäudebereich zu heben. Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der DUH kritisiert: „Die dena scheint nicht zu verstehen, dass in einem klimaneutralen Gebäudebereich kein Platz mehr für fossile Heizungen ist. Ab 2030 dürfen keine Öl- und Gaskessel mehr verbaut werden. Meinen wir es ernst mit den Klimazielen, muss unsere Versorgung bis 2050 fast vollständig auf der Basis von Wärmepumpen und dekarbonisierten Wärmenetzen umgestellt werden. Die Anteile von synthetischem Gas in privaten oder öffentlichen Gebäuden werden dann minimal sein.“ Text: Guido Bröer

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