GroKo einigt sich auf Ausbau erneuerbarer Energien

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Solarthemen+plus. Erst nach Abschluss der Koalitionsverhandlungen und Veröffentlichung der Koalitionsvertrages wird tatsäch­lich klar sein, was die Erneuerbare-Energien-Branche von einer neuen Regierung zu erwarten hat. Bis dahin kann jeder einzelne Satz zur Verhandlungsmasse wer­den. Die in der vergangenen Woche von der schwarz-roten Verhandlungsgruppe zum Themenfeld Energie und Klima erstellten Papiere deuten allerdings bereits Trends der künftigen Energiepolitik an.

Erst ganz am Ende will die mögliche Koalition über die Besetzung von Ministerien sprechen. Und das schließt auch einen möglichen neuen Zuschnitt der Verantwortlichkeiten ein. In den vergangenen Jahren war der Bereich Energie im Wirtschaftsministerium angesiedelt. Aufgrund des engen Zusammenhangs der Energiewende mit dem Klimaschutz wäre auch ein Ministerium für Energie und Klimaschutz vorstellbar. Doch schon im ersten Satz der den Solarthemen vorliegenden Zwischenergebnisse zum Energie-Kapitel wird deutlich, wo Union und SPD die Prioritäten setzen: „Wir wollen im Energiebereich die Rahmenbedingungen so setzen, dass die Energiewende zum Treiber für Energieeffizienz, Modernisierung, Innovationen und Digitalisierung im Strom-, Wärme- und Verkehrssektor wird, ohne die internationale Wettbewerbsfähigkeit des Industriestandortes Deutschland zu gefährden.” Erneuerbare sollen verdoppelt werden Der Ausbau der erneuerbaren Energien wird als Voraussetzung für die Energiewende und den Klimaschutz gesehen. Wie bereits im Sondierungspapier erklärt, soll es einen deutlichen Ausbau der Erneuerbaren geben. Im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) sind bislang maximal 60 Prozent bis zum Jahr 2035 vorgesehen. Dieses Ziel soll auf 65 Prozent bis 2030 angehoben werden. Gleichzeitig wollen die Politiker mehr Strom im Verkehr, in den Gebäuden und in der Industrie einsetzen, um die Klimaziele zu erreichen. Sie räumen damit dem Stromsektor eine Schlüsselstellung für den Klimaschutz ein. Konkret bedeutet das mindestens eine Verdoppelung der jetzigen Erzeugungskapazitäten im Bereich der erneuerbaren Energien, vor allem bei der Windkraft und der Photovoltaik, in wenig mehr als zehn Jahren. Noch scheint es in Union und SPD aber keine klare Idee zu geben, wie dieses Ziel umzusetzen ist. Weiterhin ist wie im Sondierungspapier von Sonderausschreibungen für die Windkraft und die Photovoltaik die Rede, die jährlich aber nur 2 Gigawatt umfassen sollen und zudem unter den Vorbehalt ausreichender Netzkapazitäten gestellt werden. Auch in Koppelung mit dem sonstigen Ausbau wird damit ein 65-prozentiger Anteil am Stromverbrauch bis 2030 nicht erreicht werden können. Politische Signale nicht eindeutig Die Politiker wollen offenbar einerseits Ziele definieren, das Erreichen derselben jedoch anderen, noch kommenden Regierungen aufbürden. Dies zeigt sich auch beim Klimaschutz. So wird weiterhin erklärt, die Koalition wolle das Minderungsziel beim CO2-Ausstoß bis 2030 „auf jeden Fall erreichen”. Sie will aber auch weiterhin, den Austausch von Öl- und Gasheizungen durch ebenfalls mit Öl und Gas betriebene Brennwertheizungen fördern, um das Ziel von 2020 möglichst nicht zu verfehlen, und gefährden so das 2030er-Ziel. Die im Rahmen der Koalitionsverhandlungen – vorläufig – getroffenen Vereinbarungen sind umfassender als die bei den Sondierungsgesprächen formulierten Maßnahmen. So will die eventuelle Koalition im Energiebereich folgendes umsetzen: • Das Netzausbaugesetz soll novelliert und dabei vereinfacht werden. So sollen neue ökonomische Anreize zur Optimierung der Netze gesetzt werden. Durch Digitalisierung sollen die vorhandenen Netze besser ausgelastet werden können. • Für den Netzausbau soll mehr Akzeptanz – eventuell durch einen verstärkten Einsatz von Erdkabeln – geschaffen werden, um ihn zu beschleunigen. • Die Netzentgelte sollen reformiert werden. Stromverbrauchern soll in diesem Zusammenhang mehr Flexibilität ermöglicht bzw. abverlangt werden. • Stromverteilnetzbetreibern soll es erleichtert werden, Investitionen in intelligente Lösungen zu refinanzieren. • Im Bereich der erneuerbaren Energien sollen Standortgemeinden stärker an der Wertschöpfung von Erneuerbare-Energien-Anlagen beteiligt werden. • Für Wohnungsbaugenossenschaften soll das Gewerbesteuerrecht so verändert werden, dass sie leichter auf Mieterstrommodelle setzen können. • Die Sektorkopplung soll in Verbindung mit Speichertechnologien vorangebracht werden, indem Abgaben und Umlagen auf verschiedene Energieträger überprüft werden. Im Blick haben die möglichen Koalitionäre auch eine Entlastung von Energiespeichern. • Deutschland soll Standort für die Produktion von Batteriezellen werden – auf welchem Weg, bleibt offen. • Die Politiker wollen ein Fraunhofer-Institut für Speichertechnologien einrichten. • Die Kraft-Wärme-Kopplung soll weiterentwickelt und modernisiert werden. Dabei soll sie möglichst dekarbonisiert, flexibler und effizienter werden. • Im Gebäudebereich betonen die Politiker die Grundsätze der Freiwilligkeit, der Wirtschaftlichkeit und Technologieoffenheit. Das heißt, der Einsatz erneuerbarer Energien in bestehenden Gebäuden soll – anders als es im derzeitigen Entwurf für die europäische Erneuerbare-Energien-Richtlinie steht – nicht zur Pflicht gemacht werden. • In einem „modernen Gebäudeenergiegesetz” sollen die Vorschriften der Energieeinsparverordnung, des Energieeinspargesetzes und des Erneuerbare-Energien-Wärmegesetzes zusammengeführt werden. Eine Initiative zu ambitionierteren Gebäudestandards, die vom Bund ausgehen könnte, soll damit nicht verbunden werden. Es soll maximal das EU-Recht umgesetzt werden. • Wieder auf die Tagesordnung kommt die steuerliche Förderung der energetischen Gebäudesanierung, die höchstens eine Milliarde Euro im Jahr kosten soll. Allerdings scheiterte dieses Vorhaben auch in den vergangenen Jahren nicht an den Fachpolitikern, sondern an der Finanzpolitik. • Betont wird die Vorbildfunktion der öffentlichen Hand im Gebäudebereich. Die Bundesliegenschaften sollen saniert werden. Der Klimaschutz ist das Ziel, aber die Mittel sollen ausdrücklich sparsam eingesetzt werden. • Die Energieberatung soll weiter ausgebaut werden. • Die Koalition würde ein Energieeffizienzgesetz verabschieden wollen. Damit soll die Reduktion des nationalen Energieverbrauchs um 50 Prozent bis zum Jahr 2050 gesetzlich verankert werden. • Die Energieforschung soll konsequent auf die Energiewende ausgerichtet werden. Keine Aussagen finden sich im Energiekapitel zum Kohleausstieg und zum Umbau des fossil geprägten Energiesystems, der mit dem starken Ausbau erneuerbarer Energien verbunden sein könnte. Aussagen zum Kohleausstieg finden sich lediglich im Klimaschutz-Kapitel. Es soll eine Kommission eingerichtet werden, die einen Plan zur schrittweisen Reduktion der Kohleverstromung vorschlagen soll. Angesprochen wird im Verhandlungspapier die Bepreisung der CO2-Emissionen. Dies solle möglichst international ausgerichtet sein, „jedenfalls aber die G20-Staaten umfassen”. Damit wird dieses Vorhaben auf die lange Bank geschoben. Text: Andreas Witt Foto: BMUB/Sascha Hilgers

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