Fortsetzung schwarz-roter Energiepolitik

Foto: Tom Weber - www.tom-e-design.de / pixelio.de
Solarthemen+plus. Nach mehrfacher Verlängerung haben sich Union und SPD am späten Mittwochmorgen auf einen Koalitionsvertrag geeinigt. Jetzt muss noch die Basis der Sozialdemokraten entscheiden, ob sie die ausgehandelten Kompromisse mittragen möchte. Im Energiebereich üben die Koalitionäre den Spagat zwischen einem Weiter-so-bisher und etwas mehr Klimaschutz.

Es ist nicht das Energiethema, das den Politikern Überstunden bei den Verhandlungen abverlangte. Hier standen spätestens am Wochenende die Verhandlungsergebnisse fest – auch wenn viele potenzielle Konfliktpunkte in die jetzt laufende oder auch übernächste Legislaturperiode verlagert wurden. Gute Aussichten für Erneuerbare … Grundsätzlich können die von der möglichen Koalition beschlossenen Zielsetzungen für deren Regierungszeit einen Fortschritt für erneuerbare Energien bedeuten. Um bis 2030 einen Anteil an der Bruttostromerzeugung von 65 Prozent zu erreichen, müssen die erneuerbaren Energien , speziell Photovoltaik und Windkraft, massiv ausgebaut werden. Würde dies ernsthaft vorangetrieben, müsste dies auch deutliche Auswirkungen auf die derzeit laufenden fossilen Kraftwerke haben, die nicht zu einem regenerativ orientierten, mehr Flexibilität fordernden Energiesystem passen. … trotzdem schwache Prognosen Wie bereits in der Solarthemen+plus-Ausgabe vom 3. Fe­bru­ar berichtet, sind die bislang im Koalitionsvertrag geplanten Sonderausschreibungen mit jeweils 2 Gigawatt Wind- und PV-Leistung in den Jahren 2019 und 2020 aber nicht ausreichend, um das 65-Prozent-Ziel bis 2030 zu erreichen. Und an konkrete Aussagen zum Umbau des tradierten Energiesystems haben sich Union und SPD nicht herangetraut. Eine Kommission soll zunächst Vorschläge erarbeiten, die einen – wohl behutsamen – Ausstieg aus der Kohleverstromung enthalten sollen, aber auch nicht verbindlich sein werden. Zudem legt die GroKo weiterhin besonderen Wert auf die Aufnahmefähigkeit der Netze. Letzteres ist aber stark abhängig von den damit verbunden Annahmen und der konkreten politischen Ausgestaltung. So würde die Konzentration auf Offshore-Windparks zwangläufig mit einem deutlichen Netzausbau in Nord-Süd-Richtung verbunden sein, während ein am Bedarf in den Regionen orientierter Zubau von Wind- und PV-Anlagen lediglich Verstärkungsmaßnahmen in den Nieder- und Mittelspannungsnetzen oder die Installation von Speichern sowie intelligenter Netztechnik nach sich ziehen würde. In welche Richtung es genau gehen soll, verrät der Koalitionsvertrag nicht – auch wenn den Netzbetreibern in Aussicht gestellt wird, dass smarte Technik bei den anzulegenden Netzkosten künftig berücksichtigt werden soll. Die Aussage, eine bessere regionale Steuerung solle – offenbar in Verbindung mit Ausschreibungen – eingeführt werden, könnte durch Bonusregelungen zu Erleichterungen für den lokalen Ausbau Erneuerbarer führen oder das System noch komplizierter machen, wie es sich bereits in den gemeinsamen EEG-Ausschreibungen für Wind und PV andeutet (siehe Solarthemen+plus vom 12. Januar 2018). Koalition war relativ schnell einig beim Thema Energie Im Vergleich zu den bereits zum Wochenende an die Öffentlichkeit gedrungenen Zwischenergebnissen (siehe Solarthemen+plus vom 3. Februar) hat es im Energiekapitel des Koalitionsvertrages kaum Änderungen gegeben. • Die Aussage zur Erdverkabelung wird klarer gefasst. Sie soll besonders im Wechselstrombereich ermöglicht werden, wo sie technisch machbar ist. In ersten Entwürfen wollte die Koalition dies lediglich prüfen lassen. • Verschoben wurden die Passagen zu Klimagesichtspunkten im Baubereich. Im Koalitionsvertrag stehen sie jetzt nicht mehr – wie in ersten Entwürfen – unter der Überschrift „Energieeffizienz und Klimaschutz im Gebäudebereich”, sondern unter „Innovation und Wirtschaftlichkeit beim Bauen”. Die von der Koalition verfolgten Ziele haben sich damit aber nicht geändert. Weiterhin sollen in einem „modernen Gebäudeenergiegesetz” die Vorschriften der Energieeinsparverordnung, des Energieeinspargesetzes und des Erneuerbare-Energien-Wärmegesetzes zusammengeführt werden. Neu aufgenommen wurde in diesem Zusammenhang der Hinweis auf das europäische Recht und die damit verbundenen Anforderungen an öffentliche und private Gebäude. Damit verknüpft wäre eigentlich der Nahezu-Null-Emissionsstandard bis Anfang 2019 bzw. 2021. Doch schon im nächsten Satz betont die Koalition, die aktuellen energetischen Anforderungen sollten weiterhin gelten. Die Auflösung dieses Widerspruchs werden die Politiker noch zu leisten haben. Auch auf die Ressortzuschnitte haben sich Union und SPD im Koalitionsvertrag geeinigt. Energie und Wirtschaft bleiben wie bislang in einem Ministerium vereint, das jetzt von der CDU geführt werden soll. Das weiterhin SPD geführte Umweltministerium wird wieder zum BMU und gibt den Bereich Bauen an das Innenministerium ab, das die CSU zu verantworten haben wird. Text: Andreas Witt Foto: Tom Weber, www.tom-e-design.de / pixelio.de

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