Smart-Meter-Rollout: Was auf PV-Anlagenbetreiber zukommt

Ab 2018 müssen Betreiber von Photovoltaikanlagen jederzeit damit rechnen, von ihrem Netzbetreiber über den verpflichtenden Einbau von intelligenten Messeinrichtungen informiert zu werden. Jürgen Haar, Betreiber des Photovoltaikforums und Initiator sowie einer der Geschäftsführer der ComMetering GmbH, erklärt, was der Smart-Meter-Rollout für PV-Anlagenbetreiber bedeutet.

Digitalisierung ist eines der Schlagworte unserer Zeit. Und die Digitalisierung erfasst natürlich auch den Energiemarkt. Dass aber viele Betreiber von Photovoltaikanlagen konkret in den kommenden Monaten selbst von der Digitalisierungswelle zwangsbeglückt werden, ist derzeit noch relativ unbekannt. Dabei ist davon auszugehen, dass PV-Anlagenbetreiber noch ab 2018 jederzeit damit rechnen müssen, einen Brief von ihrem Netzbetreiber zu erhalten. Darin werden sie dann mit dem verpflichtenden Einbau von sogenannten intelligenten Messsystemen konfrontiert. Und die Rechnung dafür dürfen sie dann auch gleich bezahlen. 

Einbauplicht für die meisten Solaranlagen

Hintergrund ist das Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende. Damit soll der Energiemarkt auf intelligente Messtechnik umgestellt werden. Formal startet der Pflichteinbau erst, wenn drei sogenannte Smart Meter Gateways voneinander unabhängiger Hersteller durch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) genehmigt sind. Dieser Prozess läuft derzeit. Sobald die Zertifizierung erfolgt ist, besteht die Einbaupflicht dann für alle PV-Anlagen mit einer installierten Leistung ab sieben Kilowatt. Und das nicht nur bei Neuanlagen, sondern auch im Bestand. Das betrifft bis 2024 rund eine Million PV-Anlagenbetreiber. Nur wer heute bereits über einen modernen, digitalen Zähler verfügt oder sich diesen rechtzeitig zulegt, wird vom Rollout für acht Jahre verschont bleiben und gewinnt Zeit. Wer aber analoge Zähler oder digitale Zähler ohne Anbindung an ein Kommunikationsnetz verbaut hat, für den greift die Pflicht, die dann neueste Generation zu installieren. Das sind dann die BSI-zertifizierten Zähler mit dem Smart Meter Gateway.

Mindestens 60 Euro pro Jahr

Der Gesetzgeber begründet den Smart-Meter-Rollout mit der Versorgungssicherheit. Was für intelligente Stromnetze einer dezentralen Energiewelt sinnvoll sein kann, muss für den einzelnen Stromerzeuger zunächst aber noch kein Vorteil bedeuten. Sie profitieren von der Einbauverpflichtung nur sehr bedingt. Denn intelligente Messsysteme bieten dem einzelnen Betreiber erstmal nur den Vorteil, dass die Photovoltaikanlage ihre Erzeugungsdaten in Echtzeit visualisiert und übermittelt. Viele Betreiber haben diese Visualisierung aber bereits über den Wechselrichter, sodass sich für sie nicht viel ändert. 
Gleichzeitig entstehen dem Betreiber aber Kosten. Wie hoch diese Mehrkosten im Einzelfall sein werden, hängt von einer Reihe von Faktoren ab – etwa den aktuellen, regional unterschiedlichen Kosten für den Messstellenbetrieb, dem Anbieter oder dem jeweils einzubauenden Produkt. Gesetzlich festgelegt ist lediglich eine Preisobergrenze für die jährlichen Zusatzkosten, die im Zuge des Smart-Meter-Rollouts entstehen. Diese Obergrenze reicht bis zu 100 Euro für Anlagen bis 15 kW und bis zu 200 Euro bei Anlagen bis 100 kW. Es ist jedenfalls davon auszugehen, dass Anlagenbetreiber gegenüber dem heutigen, analogen Messstellenbetrieb mit Mehrkosten von mindestens 60 Euro pro Jahr rechnen müssen.

Messstellenbetreiber frei auswählen

Wer setzt den Rollout um? Der Messstellenbetrieb ist liberalisiert und der Messstellenbetreiber damit grundsätzlich für den Anschlussnutzer frei wählbar. Die rechtliche Grundlage für die freie Wahl des Messstellenbetreibers wurde 2005 durch das Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) geschaffen. Da aber bisher nur wenige Anschlussnutzer von diesem Wahlrecht Gebrauch machen, übernimmt derzeit in der Regel der Verteilnetzbetreiber (VNB) den Messstellenbetrieb. Dieser wird auch als grundzuständiger Messstellenbetreiber (gMSB) bezeichnet. Der grundzuständige Messstellenbetreiber hat die Aufgabe, die im Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende festgelegte sukzessive Umrüstung aller Messstellen auf neue, intelligente Messsysteme innerhalb des eigenen Netzgebietes umzusetzen. Das heißt, er muss die intelligenten Messsysteme in seinem Netzgebiet ausrollen und die Anschlussnutzer zum Einbau der intelligenten Messtechnik verpflichten. Dies wird voraussichtlich ab 2018 der Fall sein, wenn die ersten Briefe mit einem entsprechenden Hinweis an Anlagenbetreiber verschickt werden.
Welchen Messstellenbetreiber die PV-Betreiber mit dem Zählereinbau beauftragen, um ihrer Einbaupflicht nachzukommen, bleibt ihnen aber selbst überlassen. Der Messstellenbetrieb (MSB) beinhaltet die Bereitstellung des Stromzählers sowie die Erfassung und Übertragung der Messwerte. Während es früher möglicherweise relativ unbedeutend war, wer einmal im Jahr analog die Daten aus dem Zähler ausgelesen hat, wird es im digitalen Zeitalter auch auf das Gesamtpaket ankommen. Zusatznutzen wie die Stromvermarktung aus ehemaligen EEG-Anlagen oder PV-spezifische Messkonzepte sind dafür Beispiele. Daher sind wettbewerbliche Messstellenbetreiber (wMSB) für PV-Anlagenbetreiber eine interessante, frei wählbare Alternative zu den grundständigen Messstellenbetreibern.

Bisher gibt es bei den grundzuständigen Messstellenbetreibern keine attraktiven Konditionen für die breite Masse der PV-Anlagenbetreiber. Und vermutlich wird dies auch so bleiben. Denn die Gruppe der kleineren Photovoltaikanlagen stellt für die grundzuständigen Messstellenbetreiber wegen ihrer Kleinteiligkeit und der niedrigeren Preisobergrenze keine attraktive Zielgruppe dar. Aus diesem Anlass haben wir aus dem Photovoltaikforum heraus einen Community-Messstellenbetreiber gegründet. Die Idee hinter ComMetering: Da Solaranlagenbetreiber den Rollout nicht verhindern können, können sie wenigstens gemeinschaftlich das Beste daraus machen – etwa mit maßgeschneiderten Lösungen und auch besseren Preisen. Denn vieles, was auf PV-Anlagenbetreiber zukommt, ist technisches Neuland. Ein eigener Messstellenbetrieb ist daher auch eine Chance, dass PV-Anlagenbetreiber sich bei der Digitalisierung des Energiesektors mit einer starken Stimme für eine optimale Messtechnik und sinnvolle Messkonzepte einsetzen.
26.2.2018 | Autor: Jürgen Haar, photovoltaikforum.com | Foto: Siemens | solarserver.de © EEM Energy & Environment Media GmbH

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