Jobs im fossilen Sektor verlieren an Relevanz
Erstellt haben die Studie Marlene O‘Sullivan vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), Dietmar Edler vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) und Ulrike Lehr von der Gesellschaft für Wirtschaftliche Strukturforschung (GWS). Sie befassen sich mit der ökonomischen Dimension der Energiewende und besonders mit deren Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt. Wie die Wissenschaftler erklären, bedeute Transformation des Energiesystems bzw. Energiewende aus ökonomischer Perspektive vor allem Strukturwandel. Technologien und Branchen, die in der Vergangenheit wichtig gewesen seien, hätten bereits und würden weiter an Bedeutung verlieren. Es bestehe aber noch Unsicherheit darüber, welche Technologien und Branchen am Ende der Transformation möglicherweise nicht mehr Bestandteil des Energiesystems sein werden und welche Technologien und Branchen im Zuge der Transformation neu entstehen. Entfielen im Jahr 2000 noch mehr als 70 Prozent der Beschäftigten in der Energiewirtschaft auf konventionelle Bereiche, so hat sich dieser Anteil im Jahr 2016 auf rund 40 Prozent reduziert (siehe Grafik). Dagegen konnten Arbeitsplätze im Bereich erneuerbarer Energien ausgebaut werden. Während im Jahr 2000 weniger als 20 Prozent der Beschäftigen in diesem Sektor tätig waren, stieg deren Anteil auf fast 50 Prozent in 2016 an – wobei das Jahr 2011 in der Boomphase der Photovoltaik mit leichtem Vorsprung vor 2016 einen bisherigen Höhepunkt markiert. Unzureichende Statistik Die Autoren weisen auf Defizite in der Datenbasis hin. Dies sei besonders im konventionellen Bereich und im Wärmesektor der Fall. Dies mache es auch schwierig, genaue Daten zu den indirekten Beschäftigungswirkungen zu ermitteln. Für die erneuerbaren Energien hätten die Daten dagegen aufgrund der Arbeit der Arbeitsgruppe Erneuerbare Energien-Statistik (AGEE-Stat) vollständig einbezogen werden können. Insgesamt konnten die Wissenschaftler für den Zeitraum von 2000 bis 2016 rund 267 Milliarden Euro an Investitionen in den Bau von Anlagen zur Bereitstellung von Strom und Wärme ausweisen. Im Bereich der konventionellen Strom- und Wärmebereitstellung konnten sie wegen der fehlenden Daten dabei lediglich die Anlagen zur Strombereitstellung mit einer Kapazität von mindestens 10 Megawatt berücksichtigen. Der Ausbau der Erzeugungsanlagen war ein wesentlicher Teil der Investitionen im Energiesektor. Der Höhepunkt war im Jahr 2010, und dies sowohl bei den Erneuerbare-Energien-Anlagen als auch bei den fossilen Kraftwerken. Seit 2010 wird mehr in die Infrastruktur, vor allem die Stromnetze, investiert. Die Investitionen, die die Wissenschaftler insgesamt identifizieren konnten, lagen im Jahr 2000 bei knapp über 10 Milliarden Euro, im Jahr 2010 bei rund 39 Milliarden Euro. In den Folgejahren sanken die Investitionen um etwa 40 Prozent. Sie betrugen 2015 und 2016 ca. 24 Milliarden Euro. Abwärtsbewegung bei der Kohle Im Kohlesektor ist die Zahl der Beschäftigten seit 2000 deutlich zurück gegangen. Lag sie im Bereich des Steinkohlebergbaus zu Beginn dieses Jahrhunderts noch bei etwas mehr als 100000, so sank sie bis 2016 auf knapp unter 12000 ab. In diesen Zahlen enthalten sind auch die indirekt Beschäftigen, die etwa ein Drittel ausmachen. Im Braunkohlebergbau findet noch eine relativ gleichbleibende Zahl an Menschen Arbeit. Direkt beschäftigt waren dort im Jahr 2000 fast 20000 und im Jahr 2016 fast 13000 Menschen. Aber auch hier ist der abnehmende Trend erkennbar. Dieses Ergebnis sei zwar zu erwarten gewesen, erklärt Edler gegenüber den Solarthemen. Doch der klare Trend seit 2000 habe ihn dennoch überrascht. Hier sei ein klarer Strukturwandel zu beobachten. Nach seiner persönlichen Meinung wäre es jedoch das Schlimmste, einen solchen Strukturwandel auch im Bereich der Braunkohle künstlich zu verzögern. Die Studie belegt, wie die Relevanz der konventionellen Energiewirtschaft für den Arbeitsmarkt abnimmt, während die erneuerbaren Energien immer wichtiger werden. Allein für Betrieb und Wartung von Erneuerbare-Energien-Anlagen wurden laut Berechnungen der Wissenschafter im Jahr 2016 mehr als 75500 Personen beschäftigt. 2000 sind es erst 17000 gewesen. Politik bremst Jobs Aber auch bei den Erneuerbaren gibt es Schwankungen. So haben nach den bundespolitischen Entschlüssen zur Begrenzung des Photovoltaikausbaus die Jobs in diesem Bereich abgenommen. Interessant ist die Außenhandelsstatistik. Der Saldo war für erneuerbaren Energien beinahe im gesamten Zeitraum von 2000 bis 2016 positiv. Es gab mehr Exporte als direkte Importe. Und diese Überschüsse haben im Laufe der Zeit zugenommen. Ein wesentlicher Technologiebereich ist dabei die Onshore-Windkraft, während bei der Offshore-Windkraft die Importe deutlich höher sind. Bei der Photovotaik war über viele Jahre ein negativer Außenhandelssaldo zu verzeichnen. Dies hat sich erst im Jahr 2013 geändert, geht aber einher mit dem gesunkenen Marktvolumen. Als wachsenden Markt diagnostiziert die Studie den Bereich der Energiespeicher, vor allem der Batterien. Hier wird deutlich mehr investiert. Und solche Investitionen gehen immer einher mit einer Zunahme an Beschäftigung. Dies betrifft gerade auch den Bereich der kleinen Stromspeicher im privaten Sektor. Man könne sich „fast sicher” sein, so Edler, dass es hier zu einer dynamischen Entwicklung kommen werde. Text: Andreas Witt Foto: Kurt F. Domnik/pixelio.de