Was wird aus der Bürgerenergie im EEG?

Foto: Guido Bröer
Solarthemen+plus. Bundesregierung und Bundestag sind derzeit dabei, die im EEG 2017 eingeführten Sonderregeln für Bürgerwindparks dauerhaft zu beschneiden, da sie zu dramatischen Verwerfungen in der deutschen Windbranche zu führen drohen (vgl. Solarthemen+plus 27.4.2018). Streitpunkt sind dabei die angekündigten Sonderausschreibungen für Wind und PV. Kein Thema ist hingegen aktuell für die Gesetzgebung, ob und wie im System der EEG-Ausschreibungen ersatzweise andere Vorteile für Bürgerenergieprojekte geschaffen wer­den können.

Die im Februar von der Mehrheit der Bundesländer im Bundesrat beschlossene Gesetzesinitiative hat vorigen Freitag in erster Lesung den Bundestag erreicht. Parallel bereitet die Bundesregierung eine EEG-Änderung vor, in der entgegen dem Willen der Länder und anders als im Koalitionsvertrag angekündigt, von Sonderausschreibungen keine Rede mehr ist. Der Länderentwurf sieht zum einen vor, dass das Moratorium bis Mitte 2019 verlängert werden soll, wonach auch sogenannte Bürgerenergieanlagen nur mit abgeschlossener Immissionsschutz-Genehmigung an Ausschreibungen teilnehmen dürfen. Dies unterstützt auch das CDU-geführte Bundeswirtschaftsministerium. Zum anderen sollen aber nach dem Länderplan zu den Auktionsterminen im August und Oktober 2018 zusätzlich 1400 Megawatt Windparks ausgeschrieben werden, die in einer verkürzten Frist von 21 Monaten realisiert werden sollen, um die befürchtete Ausbaulücke in den Jahren 2019 und 2020 zu schließen. Doch diese zusätzlichen Ausschreibungsmengen soll der Bundestag laut einem Formulierungsvorschlag, der den Bundestagsfraktionen der Regierungsparteien jetzt aus dem Wirtschaftsministerium zugespielt wurde, aus dem Länder-Gesetzentwurf komplett streichen. Selbst die weiteren, im Koalitionsvertrag angekündigten Sonderausschreibungen für Wind- und Solarparks in den Jahren 2019 und 2020 will das Wirtschaftsministerium – zum Ärger von SPD-Energiepolitikern – erst nach der Sommerpause auf den gesetzgeberischen Weg bringen. Netzausbauvorbehalt Dies bestätigte jetzt eine Ministeriumssprecherin auf Solarthemen-Nachfrage: „Weitere Punkte werden nach der Sommerpause umgesetzt. Hierzu gehört auch das Thema Sonderausschreibungen.“ Die Sprecherin bekräftigte, beim Thema Sonderausschreibungen wolle man sich an den Koalitionsvertrag halten: „Deshalb arbeiten wir an einem Vorschlag, der alle Vorgaben des Koalitionsvertrages berücksichtigt, das heißt die Regelungen zu den Sonderausschreibung ebenso wie Regelungen, die die Aufnahmefähigkeit der Netze sicherstellen.“ Bei all diesen politischen Diskussionen scheint das ursprüngliche Anliegen des EEG-Paragraphen 36g, der die besonderen Ausschreibungsbedingungen für Bürgerenergiegesellschaften enthält, in den Hintergrund zu rücken. Das Bündnis Bürgerenergie BBEn bekräftigte jüngst in einem Positionspapier seine Überzeugung, „dass Ausschreibungen und Bürgerenergie inkompatibel sind und Bürgerenergiegesellschaften im Sinne der state aid rules der EU-Kommission von den Ausschreibungen auszunehmen sind.“ Das BBEn sieht sich in dieser Position durch die Fehlentwicklung des Jahres 2017 bestätigt, als 96 Prozent der Zuschläge bei den Windauktionen an nach EEG-Wortlaut konstruierte Bürgerenergiegesellschaften gingen, hinter denen aber zumeist überregionale Projektierer steckten. Grünstrom von Bürgern für Bürger Doch die Aussicht auf ein Abrücken der Politik vom universellen Ausschreibungsprinzip ist seit der Regierungsbildung nicht gerade gewachsen. Und so verschiebt sich der Fokus der Bürgerenergieszene zunehmend auf eine Öffnung lokaler Strommärkte für von Bürgern selbst erzeugten Strom. Die Entwicklung eines lokalen Grünstrommarktes sei für die Akzeptanz des Ausbaus erneuerbarer Energien entscheidend, heißt es in dem BBEn-Papier: „Hierbei könnten mittels eines Privilegs Bürgerwindparks den Mitgliedern der Betreibergesellschaften Strom aus diesen Anlagen zu vergünstigten Stromnebenkosten liefern.“ BBEn-Vorstandsmitglied Martin Rühl bekräftigt dies aus seiner persönlichen Sicht als Geschäftsführer der Stadtwerke-Union Nordhessen, die in den letzten Jahren 7 Bürgerenergiegenossenschaften mit 3000 Mitgliedern initiiert hat: „Ich halte es für wichtig, dass die Menschen verstehen, dass sie selbst von diesen Anlagen versorgt werden, die in ihrem Umfeld zu sehen sind.“ Text und Foto: Guido Bröer

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