Gedruckte „in-situ“ Perowskitsolarzellen

In-situ Befüllung einer gedruckten Perowskit¬solarzelle am Fraunhofer ISE. Der reine Perowskit wird bei Raumtemperatur als geschmolzenes Salz eingebracht und anschließend in der Solarzelle auskristallisiert. Die abgebildete Menge der Schmelze ist ausreichend für die Herstellung von vier Quadratmetern Modulfläche. Foto: Fraunhofer ISE
Ein sehr innovativer Ansatz, um Solarzellen noch ressourcenschonender herstellen zu können, besteht darin, die Anzahl an Produktionsschritten durch Umkehrung des Herstellungsablaufes drastisch zu reduzieren. Dafür entwickelte das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE das »in-situ«-Konzept für gedruckte Perowskitsolarzellen. Mit einem Rekord-Wirkungsgrad von 12,6 % haben die Forscher hiermit jetzt einen wichtigen Meilenstein für gedruckte Photovoltaik erreicht.

Mit dem Material Perowskit und dem Ziel, Produktionsschritte einzusparen, haben sich am Fraunhofer ISE in Freiburg Forscher einer Arbeitsgruppe um Dr. Andreas Hinsch die Frage gestellt: Warum nicht die Herstellung einer Solarzelle so umkehren, dass zuerst das Solarmodul vorgefertigt wird und anschließend das eigentliche photovoltaische Material eingefüllt und direkt vor Ort – lateinisch »in-situ« – aktiviert wird? „Jetzt ist es uns zum ersten Mal gelungen, mit dem aktuell intensiv beforschten Photovoltaikmaterial Perowskit, einem photoaktiven Salz, gedruckte Solarzellen mit einem Wirkungsgrad von 12,6 % in-situ herzustellen“, berichtet Andreas Hinsch und er fügt hinzu: „Damit ist ein erster wichtiger Meilenstein erreicht, um die Aufskalierung und die Überführung dieser Technologie in die industrielle Produktion sinnvoll vorantreiben zu können.“
Gedruckte Elektroden verbinden sich mit Perowskiten
Die für gedruckte „in-situ“-Perowskitsolarzellen auf kleinen Flächen entwickelte Methode und die erzielten Resultate bilden die Grundlage für die Untersuchung der Aufskalierbarkeit. Ziel der aktuellen Projekte ist es, druckbare nanopörose Elektrodenschichten zur inneren Abscheidung und Ankopplung der Perowskitkristalle zu entwickeln, die Homogenität des Abscheideprozesses zu optimieren und hohe solare Wirkungsgrade in den fertigen Zellen nachzuweisen. Dabei werden die Prozessschritte »Siebdruck der Elektrodenschichten« und »Aktivierung des Perowskits«  optimiert. Die Dicke der späteren photovoltaisch aktiven Schicht liegt unter einem Mikrometer.
Kontrolle der Abscheideprozesse
Entscheidend für den solaren Wirkungsgrad ist die Kontrolle des Abscheideprozesses der Perowskitkristallite im Inneren der nano-porösen Elektroden, die aus Metalloxiden und mikronisiertem Graphit bestehen. Neu beim Ansatz der Forscher um Andreas Hinsch ist das Verfahren zur Befüllung der ansonsten fertigen Zelle mit dem Perowskit und dessen anschließender Kristallisation. Während bisher übliche Verfahren zu einem unkontrollierten Kristallwachstum führten, haben die Forscher des Fraunhofer ISE einen Weg gefunden, das Perowskit mittels eines polaren Gases in ein bei Raumtemperatur geschmolzenes Salz umzuwandeln und so die Poren der Elektroden zu füllen. Die anschließende Desorption des Gases erhöht den Schmelzpunkt stark und bewirkt die Kristallisation. Das Ergebnis ist ein homogener Wachstumsprozess. Solcherart hergestellte photoaktive Schichten weisen eine hohe Photospannung von 1 Volt auf und erzielen den für „in-situ“ Laborzellen (0.1 cm2) mit Graphitelektrode zertifizierten stabilisierten solaren Wirkungsgrad von 12,6 %.
Weitere Wirkungsgradsteigerungen erwartet
Die Fraunhofer-Forscher erwarten eine weitere Steigerung des Wirkungsgrads ihrer gedruckten „in-situ“ Perowskitsolarzellen, nicht zuletzt deshalb, weil das verwendete Perowskitmaterial, wie in der wissenschaftlichen Literatur für nicht-skalierbare Laborzellen berichtet, bereits solare Wirkungsgrade von 22 % gezeigt hat.
Ressourcenschonend und lokal produzierbar
Neben den zu erwartenden günstigen Kosten für die am Fraunhofer ISE entwickelte neuartige Perowskitsolarzelle spielen auch Nachhaltigkeit und Komplexität des Herstellungsprozesses eine Rolle. In den letzten Jahren sind aufgrund des schnellen Ausbaus der Produktionskapazitäten für bestehende Technologien die Kosten der Photovoltaik stark gefallen. Neben der Fokussierung auf weitere Kostensenkung spielt heute vermehrt der Aspekt der Nachhaltigkeit eine wichtige Rolle. Die insgesamt noch junge Technologie Photovoltaik hat noch Verbesserungspotenzial beim Energie- und Rohstoffverbrauch. Hierzu müssen Materialien und Konzepte entwickelt werden, die mittel- bis längerfristig Alternativen bieten können.
Glasverarbeitung als Vorbild
Ziel der weltweit einmaligen Forschungsarbeiten des Fraunhofer ISE an effizienten „in-situ“ Solarzellen ist es, eine möglichst ressourcenschonende, lokal produzierbare Photovoltaik zu ermöglichen. Die Verarbeitungsschritte der jetzt mit 12,6 % Wirkungsgrad erfolgreichen gedruckten Perowskitsolarzelle ähneln jenen der Glasverarbeitung. Daher ist eine Herstellung über dezentrale Wege mit lokalen Produktionsstätten nicht nur in hochtechnisierten Standorten, sondern auch unter einfachen Infrastrukturbedingungen realisierbar. Durch die Verwendung von preiswertem Graphit und leicht synthetisierbarem Perowskit reduzieren sich die Materialkosten  fast auf die Kosten der Glassubstrate. Für die spätere Vermarktung dieser Form von gedruckten „in-situ“ Perowskitsolarzellen könnte also das Geschäftsmodell der glasproduzierenden und verarbeitenden Industrie übernommen werden. Dies bedeutet, dass aufgrund der niedrigen Materialkosten die Transportkosten anteilsmäßig den Verkaufspreis so erhöhen, dass lokale Produktion und Vertrieb gegenüber einer zentralisierten Herstellung global gesehen konkurrenzfähiger werden.
16.05.2018 | Quelle: Fraunhofer ISE | solarserver.de © EEM Energy & Environment Media GmbH

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