Rohstoffeinkauf als ethische Aufgabe 

<strong>Solarthemen 503. </strong>Die Hilfsorganisation Misereor fordert auf Basis einer Studie Unternehmen im Wind- und Solarsektor auf, für die eingesetzten Roh­stoffe mehr Verantwortung zu übernehmen. Eurosolar hält dagegen, dies solle von der Branche angesichts vergleichsweise geringer Einkaufsmengen nicht gefordert werden.
Misereor betont in seiner Studie die hohe Bedeutung erneuerbarer Energien sowohl für den Klimaschutz als auch eine weltweit gerechte Entwicklung. Dennoch moniert die Organisation, deutsche Unternehmen müssten von ihren Vorlieferanten strengere ökologische und Menschenrechtsstandards einfordern. „Unternehmen und Politik müssen verhindern, dass beim Abbau dieser Rohstoffe in Lateinamerika, Afrika und Asien die Menschenrechte verletzt und Umwelt zerstört wird“, sagt Pirmin Spiegel, Hauptgeschäftsführer von Misereor.
Gerade wegen der zunehmenden Relevanz regenerativer Energien müsse auf deren Nachhaltigkeit geachtet werden. So würden Wind- und Solarstromanlagen bei deren Produktion eine große Menge metallischer Rohstoffe benötigen. Eine Zehntel der deutschen Kupferimporte werde für den Bau von Windkraftanlagen aufgewendet. Und bereits 2018 sollen zwei Drittel des weltweiten Silberkonsums auf die Photovoltaikbranche zurückzuführen sein. Doch häufig sei der Abbau der Rohstoffe problematisch, sowohl in ökologischer Hinsicht als auch mit Blick auf die Situation der Arbeiter in den Minen.
Schon 2016 befragte Misereor daher 21 Unternehmen, die im Erneuerbare-Energien-Bereich von der Herstellung bis zum Ökostromhandel tätig sind, ob und wie sie bei Lieferanten auf die Abbaubedingungen von Rohstoffen achten, 9 Unternehmen antworteten. Auf Basis dieser Ergebnisse ist Misereor der Ansicht, dass Solar- und Windkraftunternehmen ihre Mitverantwortung noch nicht ausreichend wahrnehmen.
Grundsätzliche Kritik an den Aussagen von Misereor kommt von Eurosolar. Der Vizepräsident des Verbandes, Stephan Grüger, erklärt, die Studie weise auf Menschenrechtsprobleme hin und fokussiere auf die Branche der Erneuerbaren Energien. Doch der Anteil an der globalen Rohstoffproduktion für den Bau von Windkraftund Solarstromanlagen liege bei den meisten Rohstoffen unter einem Prozent und bei keinem Rohstoff über drei Prozent. „Damit wird deutlich, dass die Produzenten von Anlagen zur Ernte von Erneuerbaren Energien auch zukünftig kaum eine Rolle bei der Gestaltung von Lieferketten spielen”, so Grüger: „Sie können sich nur der vorhandenen Lieferanten bedienen.” Die Frage der Menschenrechte und die Verantwortung für die Produktionsbedingungen sei eine Frage der politischen Regulation und könne offensichtlich nicht auf die Verantwortung einzelner mittelständischer Unternehmen reduziert werden. Grüger findet es völlig unverständlich, „warum angesichts der weltweiten Ausbeutung und Umweltzerstörung durch die nukleare und fossile Energieversorgung und den rasant wachsenden Rohstoffbedarf durch konsumorientierte Elektronik- und Automobilhersteller ausgerechnet die Branche der Erneuerbaren Energien ins Visier genommen wird.”
Auch Miseror verknüpft die Studie mit politischen Forderungen: „Die deutsche Gesetzgebung muss grundlegend dahingehend verändert werden, dass alle Unternehmen ihre Lieferketten mit der gebotenen Sorgfalt und nach den Kriterien der UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte überprüfen und kontrollieren.” AWi

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