Neuer Solarreceiver übertrifft Zielmarke 900 Grad Celsius

Solarer Betrieb des Partikelreceivers CentRec im Solarturm Jülich des DLR. Foto: DLR
Solarforscher des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) erreichten im Solarturm Jülich des DLR einen wichtigen Meilenstein in der Entwicklung eines neuen Solarreceivers für Solarturmkraftwerke.

Im solaren Testbetrieb des sogenannten Zentrifugalreceivers (Centrifugal Receiver, CentRec) für die Erzeugung und Speicherung solarer Hochtemperaturwärme wurde eine mittlere Partikeltemperatur von 965 Grad Celsius am Auslass des Receivers gemessen. Damit konnten die Forscher das im Projekt festgelegte Temperaturziel sogar um 65 Grad übertreffen. Bislang arbeitete der Receiver in der Solarturm-Anlage des DLR in Jülich bereits 60 Stunden im Solarbetrieb.
Für die Solarforscher stellt das Ergebnis die Weichen für die weitere Arbeit an der neuen Technologie: „Der Nachweis der hohen Betriebstemperatur ist eine wesentliche Voraussetzung für die angestrebte Vermarktung dieses neuen Receiverkonzeptes“, erläutert Dr. Reiner Buck, Abteilungsleiter Solarturmsysteme im DLR-Institut für Solarforschung.
Geheimnis sind Keramikkügelchen
Die Technologie verwendet kleine Keramikkügelchen (Bauxit-Partikel) als Absorber- und Speichermedium. Mit solchen Partikeln sind Temperaturen von über 1000 Grad Celsius möglich. Die Partikel sind so kostengünstig, dass sie gleichzeitig als Speichermaterial eingesetzt werden können und damit eine bedarfsgerechte Bereitstellung von Solarenergie ermöglichen.
Kügelchen kleben per Zentrifugalkraft
Die CentRec-Anlage besteht im Kern aus einer rotierenden Kammer, deren Rotationsachse um etwa 45 Grad nach unten geneigt ist. Von oben werden die etwa ein Millimeter großen Partikel zugeführt, die durch die Zentrifugalkräfte an der Innenwand der rotierenden Kammer gehalten werden. Durch eine Öffnung zum Heliostatfeld hin tritt die konzentrierte Solarstrahlung ein und trifft dann direkt auf die dunklen Keramikpartikel, die sich dadurch erhitzen. Mittels der Schwerkraft wandern die Partikel langsam entlang der Kammerwand durch den Receiver und verlassen diesen nach dem Aufheizen über eine Sammelvorrichtung. Die Verweildauer der Partikel im Receiver kann durch die Anpassung der Drehgeschwindigkeit der Kammer gesteuert werden, um selbst bei unterschiedlichsten Lastzuständen die Temperatur konstant zu halten.
Der solare Testbetrieb startete am 24. September 2017. Innerhalb von 22 Testtagen mit guten Solarstrahlungsbedingungen konnte die Betriebstemperatur schrittweise gesteigert werden. Im letzten Versuch der Testreihe zeigte der Temperatursensor am Auslass der rotierenden Trommel den Maximalwert von 965 Grad Celsius für die Partikel an.
Zwei Anwendungspfade
Mit der neuen Technologie verfolgen die DLR-Solarforscher zwei Anwendungspfade. Für die solarthermische Stromerzeugung eröffnet sich durch die erhöhte Betriebstemperatur des Wärmeträger- und Speichermediums die neue Möglichkeit, modernste hocheffiziente Dampfkraftwerke mit Dampftemperaturen bis 620 Grad Celsius ausschließlich mit Solarenergie anzutreiben und durch den integrierten Wärmespeicher flexibel nach Bedarf Strom zu erzeugen. Mit dem in aktuellen kommerziellen Solarturmkraftwerken als Wärmeträgermedium verwendeten Flüssigsalz erreichen Solarkraftwerke aktuell nur Dampftemperaturen von maximal 540 Grad Celsius. Die höhere Betriebstemperatur führt zu insgesamt höheren Wandlungswirkungsgraden und damit reduzierten Stromgestehungskosten.
Das zweite Einsatzgebiet sind Anwendungen im Bereich der solaren Hochtemperatur-Prozesswärme mit großem Energiebedarf und hohen CO2-Emissionen. Kostenschätzungen zum Einsatz der Partikeltechnologie haben beispielsweise für Gießerei-Betriebe attraktive Amortisationszeiten aufgezeigt.
Kosten werden gesenkt
Die Kostensenkungen werden durch mehrere Faktoren erreicht. Zum einen vermeidet die direkte Bestrahlung der Partikel im Receiver die Notwendigkeit, teure vom Wärmeträgermedium durchströmte Metallrohre einzusetzen. Gleichzeitig werden durch die Direktbestrahlung hohe Receiver-Wirkungsgrade erreicht. Zum anderen erlaubt die weitgehend freie Wahl des Temperaturbereichs eine techno-ökonomische Optimierung, die zu einer deutlichen Reduktion der Wärmetauscher- und Speicherkosten führt. Weitere Vorteile sind die aus Bauxit bestehenden Keramikpartikel (im Wesentlichen Aluminiumoxid), die umwelttechnisch unbedenklich sind. Da die Partikel, im Gegensatz zu dem derzeit verwendeten Flüssigsalz, auch nicht einfrieren können, kann auch die sonst notwendige Beheizung von Rohren und Komponenten während Stillstandszeiten entfallen. Dadurch werden Kosten eingespart, und der Energieaufwand für die Beheizung entfällt.
Das Team von Reiner Buck sieht noch weiteres Potential für den CentRec-Receiver: „Im nächsten Schritt wollen wir die Technologie auf eine größere Leistung skalieren. Damit können wir die Kosten von erzeugtem Strom und solarer Prozesswärme weiter senken.“
Kommerzielle Vermarktung über HelioHeat
Die beim DLR entwickelte Technologie hat mittlerweile zur Gründung der Firma „HelioHeat“ geführt, die die kommerzielle Vermarktung der Technologie zum Ziel hat. Dazu werden aktuell Lizenz-Verhandlungen mit dem DLR geführt. Die Entwicklung der CentRec-Technologie wurde durch den Helmholtz-Validierungsfonds gefördert, die Vorbereitung der Firmengründung erfolgte mit Unterstützung durch den Helmholtz-Enterprise-Fonds.
30.05.2018 | Quelle: DLR | solarserver.de © EEM Energy & Environment Media GmbH

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