Klimaschutzbericht bleibt hinter Erwartungen zurück
Dieser Misserfolg liegt aus Sicht des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) aber nicht an der Energiewirtschaft. Sie sei „klar auf der Zielgeraden für die Klimaziele 2020 und erreicht nach Prognosen der Bundesregierung knapp 40 Prozent CO2-Minderung gegenüber 1990“, so Marie-Luise Wolff, die gerade neu gewählte Präsidentin des BDEW: „Die Energiebranche hat in den letzten Jahren einen rasanten Transformationsprozess vollzogen und massiv in erneuerbare Energien, Digitalisierung und dezentrale Stromerzeugung investiert. Dieses hohe Tempo zahlt sich jetzt aus.“ Aus einer Studie des Öko-Instituts, die eine Basis für den Klimaschutzbericht bildet, geht hervor, dass die Emissionsminderungen im Bereich der Energiewirtschaft fast 75 Prozent der gesamten Reduktion im Zeitraum von 2014 bis 2020 ausmachen werden. Dies werde vor allem erreicht, wenn dank des Ausbaus der erneuerbaren Energien die Zahl der teils fast 50 Jahre alten Kohlekraftwerke sinken und die Auslastung der anderen zurückgefahren werden könne. Nach Ansicht der Industriegewerkschaft Bergbau Chemie Energie zeigt der Bericht auf, was derzeit realistisch erreichbar sei. „Viel mehr wird nicht drin sein, ohne das Land zu überfordern“, sagt der Gewerkschaftsvorsitzende Michael Vassiliadis. Er hebt hervor, dass sowohl der Energiesektor als auch die Industrie ihren Ausstoß an Treibhausgasen stärker zurückführen als der Durchschnitt. „Es kann nicht sein, dass nur die Energiewirtschaft zum Klimaschutz beitragen soll“, so Vassiliadis, der auch an neuen Kommission Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung beteiligt ist. Deren Ziel, so der Gewerkschaftsboss, könne es nicht sein, so schnell wie möglich so viele konventionelle Kraftwerke wie möglich abzuschalten. Der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) bezeichnet den bundespolitischen Kurs in der Klimaschutzpolitik als „offenkundig wirkungslos“. Die Zielverfehlung sei noch größer als erwartet, erklärt die BEE-Präsidentin Simone Peter: „Erneuerbare Energien sind der Schlüssel für mehr Klimaschutz und das Bindeglied zu Wirtschaftswachstum und Wohlstand und müssen neben einem ambitionierten Kohleausstieg ins Zentrum einer Klimaschutzstrategie gestellt werden.“ Dies gelte auch gerade für die Wärme- und Kälteversorgung. „Ohne signifikant mehr erneuerbare Energien wird hier Klimafreundlichkeit nicht zu schaffen sein“, betont Peter. Der Klimaschutzbericht umfasst vor allem eine Auflistung von Maßnahmen, die dem Klimaschutz dienen sollen. Teils wurden sie bereits im Aktionsprogramm der Regierung im Jahr 2014 formuliert. Wie der Bericht bilanziert, werden jedoch die im Aktionsprogramm prognostizierten Reduktionen an Treibhausgasen bei vielen der Maßnahmen bei weitem nicht erzielt. Dennoch enthält der Bericht keine Evaluation der Maßnahmen. Die Regierung setzt sich nicht kritisch mit den Maßnahmen auseinander und sie verzichtet auf Vorschläge, wie aus ihrer Sicht möglicherweise mehr für den Klimaschutz erreicht werden kann. Bundesumweltministerin Svenja Schulze sagt, in der Klimapolitik habe es in den vergangenen Jahrzehnten Versäumnisse gegeben, die man nicht in kurzer Zeit wiedergutmachen könne. Für jeden Bereich würden nun klare und verbindliche Vorgaben gebraucht, so Schulze: „Das Gute ist, dass wir die Instrumente kennen, die zum Ziel führen – erneuerbare Energien oder Elektromobilität zum Beispiel.“ Text: Andreas Witt