Moritz Ritter im Interview: Für Solarwärme begeistern!

Solarthemen. Moritz Ritter ist seit drei Jahren Chef der Ritter Energie- & Umwelttechnik GmbH mit den Marken Paradigma und Ritter XL. Sein Vater, Alfred Ritter, hat das Unternehmen 1988 gegründet. Ansonsten ist die Familie Ritter vor allem für ihre quadratische Schokolade bekannt. Moritz Ritter setzt für die Wärmewende auf Solarthermie, Holz und Synthese-Gas. An eine Voll-Elektrifizierung des Wärmesektors glaubt er nicht.

Solarthemen: Solarthermie- und Pelletsmarkt schrumpfen seit Jahren. Viele Ihrer Mitbewerber haben Insolvenzen hinter sich. Wie wichtig ist die familiäre Verbindung zu Ritter Sport?

Moritz Ritter: In der Gründungszeit war das definitiv wichtig, aber aktuell kaum. Bei Röhrenkollektoren haben wir in den letzten Jahren zwar kein Wachstum erlebt, aber im Gegensatz zu Flachkollektoren ist der Markt hier stabil geblieben. Und der Bereich der solaren Großanlagen entwickelt sich gerade sehr interessant.

Also geht es der Ritter Energie- und Umwelttechnik im Moment gut?

Es ist okay. Es könnte immer besser sein, aber ich wäre kein Unternehmer, wenn ich das nicht sagen würde.

Woran liegt es, dass Vakuumröhren gegenüber Flachkollektoren laut Ihrer Aussage Marktanteile gewinnen?

Da kann ich nur spekulieren. Es könnte sein, dass die Photovoltaik tatsächlich den Solarthermiemarkt angreift – und dass ein Flachkollektor gegen den Angriff anfälliger ist. Vielleicht liegt es auch einfach daran, dass die großen Unternehmen der Heizungsbranche – die überwiegend Flachkollektoren verkaufen – der Solarthermie den Rücken gekehrt haben. Sie fokussieren sich auf die Wärmepumpe. Es könnte aber auch daran legen, dass diejenigen, die jetzt eine Solarthermieanlage einbauen, eher auf eine Heizungsunterstützung als auf eine Warmwasseranlage setzen. Und da ist ein Röhrenkollektor im Vorteil, weil er in den Über­gangszeiten mehr Ertrag liefert.

Sie haben eben die solaren Großanlagen als Hoffnungsträger erwähnt. Bei den ersten Referenzanlagen sind Sie zwar gut vertreten, aber welchen Anteil macht das an Ihrem Geschäft aus?

5 bis 10 Prozent. Dieser Anteil wächst. Ich finde es noch zu früh, von einem Markt zu reden. Aber wir sehen einen klaren Trend: Es werden noch nicht mehr, aber deutlich größere Anlagen. Es ist aber ein Projektgeschäft. Das heißt: In einem Jahr passiert wenig und im nächsten überschlägt es sich. Das ist natürlich für ein Unternehmen eine große Herausforderung – insbesondere, wenn es selber produziert. Solar-Bioenergiedörfer scheinen aber schon eine gewisse Stabilität zu bekommen. Was uns sehr hilft, ist die Solaranlage in Senftenberg. Die ist sehr imposant und der Betreiber ist sehr glücklich mit der Anlage, weil sie die Ertragserwartungen übertrifft.

Buttern Sie in diesen Geschäftsbereich noch Geld rein oder trägt er schon positiv zum Ergebnis bei?

Das hängt vom Geschäftsjahr ab, weil es wie gesagt ein Projektgeschäft ist. Wenn einige größere Anlagen kommen, sehen die Zahlen wunderbar aus. Wenn Projekte sich mal verschieben, dann reicht es noch nicht ganz.

Als Systemanbieter setzen Sie stark auf Pellets und Solar. Akzeptieren Sie die Bezeichnung „Nischenanbieter“?

Muss ich. Leider! – Ich bin aber der Überzeugung, dass die Nische deutlich größer sein kann und eigentlich, wenn man die Energiewende ernst nimmt, auch sein muss.

Beschränken Sie sich bewusst auf diese Nische?

Absolut. Fokussierung ist für jedes Unernehmen essenziell. Unabhängig davon, ob das eine Nische ist oder ein Massenmarkt.

Die Musik spielt derzeit eher bei Wärmepumpen. Reizt sie das als System­anbieter wirklich gar nicht?

Wir diskutieren die Wärmepumpe jedes Jahr von neuem – und entscheiden uns jedes Jahr erneut dagegen. Zum einen, weil sie aus Sicht der Unternehmensgesellschafter für die Energiewende eher kontraproduktiv ist. Wir sehen in ihr keine ökologische Energieversorgung für den Winter. Außerdem ist die Wärmepumpe eigentlich nur ein Produkt für den Neubaumarkt, während unser Kundenstamm auch sehr im Bestandsbau aktiv ist – der übrigens für den Heizungsbau mit Abstand der größere Markt ist. Die Wärmepumpe ist nicht die ökologische Heizung. Sie ist CO2-mäßig derzeit gerade einmal so gut wie ein Gas-Brennwert-Kessel. Und auch die Idee, sich eine PV-Anlage aufs Dach zu setzen, die das Heizen mit Wärmepumpe wenigstens rechnerisch klimaneutral macht, geht ja nicht auf. Es wird ja im Winter Strom benötigt und im Sommer wird er produziert. Wir kommen langsam in Größenordnungen, wo solche Überlegungen zum gesellschaftlichen Problem werden, für das gesellschaftliche Lösungen her müssen. Die logische Konsequenz davon wäre – sobald die Smartmeter da sind – ein dynamischer Strompreis. Darauf bin ich sehr gespannt.

Ist der Solarthermieeinsatz in Ihren Augen unabhängig davon sinnvoll, ob mit Holz oder mit Strom geheizt wird?

Auf jeden Fall! Wärmepumpe mit Solarthermie kann im Sommer und in den Übergangsjahreszeiten eine sehr vernünftige Kombination sein.

Warum bieten Sie dann in diesem Bereich nichts an?

Wir bieten keine Wärmepumpe an; aber wir bieten das Solarsystem dafür an. Wir haben einen Pufferspeicher, der genau diese Anwendung bedient.

Konsens in der Fachwelt ist, dass Solarthermie günstiger werden muss. Wie können Sie dazu beitragen?

Es geht um den Preis, den der Endkunde für die Kilowattstunde Wärme bezahlt. Den Kollektor billiger zu machen wäre sicher hilfreich, aber das wäre nicht die Lösung. Die Systemkosten insgesamt müssen runter. Daran arbeiten wir. Ein Problem ist auch der Fachkräftemangel im Handwerk. Das ist in Riesenthema. Auch die Politik ist gefragt, denn Systeme werden in einer Marktwirtschaft günstiger, wenn wir Markttransparenz und Konkurrenz haben. Das muss sich auch in der Förderung widerspiegeln.

Was hat das mit Konkurrenz zu tun?

Ganz einfach: Wir brauchen eine ertragsabhängige Förderung! Was der Kunde will, ist Ertrag. So wie bei der Photovoltaik, wo es um die Peakleistung geht. Wenn man das EEG an die Fläche der Module geknüpft hätte, hätten wir sicher nicht die Effizienzen, die wir aktuell haben, sondern wir hätten Module mit nur einer Zelle drauf.

Zuletzt ist es um die ertragsabhängige Förderung ruhiger geworden.

Es gibt sie bisher nur in einer „Lightversion“ und nur bei großen Anlagen. Dort wird sie allerdings häufig genutzt. Wegen diverser Randbedingungen verfehlt sie ihr Ziel einer Differenzierung nach Kollektorgüte bislang weitgehend. Wir hoffen, dass das mit der anstehenden Überarbeitung der Förderung wesentlich verbessert wird.

Im Moment wird auf politischer Ebene eher über CO2-Bepreisung diskutiert.

Da rennen Sie bei mir offene Türen ein. Mir wäre eine technologieoffene Förderung viel lieber als die bisherigen punktuellen Förderungen, weil die immer Marktverzerrung erzeugen.

Was halten Sie vom baden-württembergischen Modell der 15-prozentigen Regenerativquote auch im Altbau?

So wie es jetzt geschaltet ist – nichts! Der Endkunde muss Spaß an dem Produkt haben, das er kauft. So funktioniert Marktwirtschaft. Wenn er was machen muss, dann ist der Schritt zur Begeisterung größer, als wenn es durch eine Förderung entsteht.

Wie kann man die Begeisterung von Handwerkern für Solarthermie und ökologische Heizungen steigern?

Wenn Sie mit einem unserer Handwerker reden, würden Sie die Frage nicht stellen. Die Begeisterung bei unseren Handwerkern ist da. Ich glaube, für unsere Produkte kann man sich extrem begeistern. Aber man muss sie erklären. Und dieses Profil ändert sich beim Handwerker. Er ist nicht mehr jemand, der einfach eine Kiste in den Keller schraubt, sondern er muss erklären, was er macht. Dann, so ist unsere Erfahrung, begeistern sich die Kunden für die Produkte und kaufen Anlagen, an denen sie Spaß haben.

Was sind Ihre Herausforderungen als nächste Generation im Familienbetrieb. Womit hatte Ihr Vater als Unternehmensgründer noch nichts zu tun?

Damals gab es Pioniergeist. Man wollte die Welt aus den Angeln reißen. Aber das ist typisch in der Geschichte vieler Unternehmen, dass sich mit der Zeit eine gewisse Ernüchterung einstellt. Inzwischen hat sich auch der Kunde verändert. Verbraucher erwarten Profite von einer Investition in erneuerbare Energien. Diese fallen bei einer Heizung in Form von Energieeinsparungen an. Das ist aber deutlich schwieriger zu erfassen. Da muss man mehr Aufklärung leisten. In der Debatte um erneuerbare Energien insgesamt ist viel Ernüchterung eingetreten, und die Vorreiterrolle Deutschlands ist verloren gegangen. Der Klimawandel passiert aber trotzdem. Jetzt geht es darum, wieder auf die Beine zu kommen und wieder voranzuschreiten. Bei der Technologie sind wir heute viele Schritte weiter. Die Gründungsphilosophie, dass bei uns die Sonne im Mittelpunkt steht und die Fossilen und Biomasse nur Ergänzung sind, die ist heute real. Bei modernen Einfamilienhäusern erreichen wir mit unseren Systemen solare Deckungsgrade bis zu 50 Prozent und bis zu 80 Prozent bei Mehrfamilienhäusern mit Fernwärmeanschluss.

Wo können Sie persönlich neue Impulse setzen – vielleicht auch als studierter Informatiker, der Sie sind?

Das Thema Digitalisierung zieht sich durch die gesamte Gesellschaft und mach auch vor der Heizung nicht halt. Der Kunde möchte auch mit seiner Heizung anders aggieren als früher. Die Regelungstechnik wird immer ausgefeilter. Da kann ich durch mein Studium und auch durch meine Berufserfahrung den einen oder anderen Impuls geben.

Interview und Foto: Guido Bröer

Beliebte Artikel

Schließen