Stefan Stadler von Astronergy zum Standort Deutschland

Foto: Astronergy§Astronergy-Werk§Mono-Modul von Astronergy
Stefan Stadler ist bei Astronergy Deutschland in Frankfurt (Oder) zuständig für das Produktmanagement und kümmert sich auch um das Marketing. Astronergy hat im Jahr 2014 die Solarfabrik von Conergy übernommen und produziert seit dieser Zeit Solarmodule an diesem Standort. Der SolarServer hat nachgefragt, wie es aus Sicht von Astronergy um Deutschland als Produktionsstandort für Solarzellen und -module bestellt ist. In der kommenden Zeit präsentieren wir die Antworten von weiteren Unternehmen, die in Deutschland und Europa produzieren.  
Solarserver: Herr Stadler, welche Chance räumen Sie der Solarindustrie, speziell den Produzenten von Solarzellen und -modulen, in Deutschland und Europa in den nächsten Jahren ein?
Stefan Stadler: Trotz wachsender Dominanz der asiatischen Hersteller sehen wir weiterhin gute Chancen für hiesig produzierte Solarmodule. Die Anforderungen werden spezieller und bei der Vielfalt an Herstellern zählt nicht nur der Preis sondern vielmehr eine stabile Kundenbeziehung, Vertrauen und Stabilität in das Produkt und seine nachhaltige Qualität. Weiterhin werden die PV-Systeme zusehends komplexer und der Kostenanteil der Module wird insgesamt kleiner, was wiederum Luft für einen gewissen Aufpreis für deutsche Module schafft. Das Preisdumping am Markt wird auch an der Qualität der Module nicht spurlos vorbeigehen und wir sind zuversichtlich das die Kunden 3 bis 4 Euro je Modul mehr ausgeben werden, um auf Nummer sicher zu gehen.
Solarserver: Produzieren Sie selbst noch Solarzellen und/oder -module in Deutschland oder Europa? Was produzieren Sie hier? In welcher Menge? 
Stadler: Solarzellen stellen wir hier im Werk in Frankfurt (Oder) seit 2011 nicht mehr her und beziehen diese entweder aus der eigenen Zellfertigung von unserem Mutterkonzern Chint oder kaufen diese bei etablierten taiwanesischen Herstellern zu. Bei Solarmodulen fertigen wir aktuell ausschließlich 60-Zeller in poly- und monokristalliner Ausfertigung mit 5 Busbars. Die Leistungsklassen reichen dabei von 275 Wp (Poly) bis hin zu 310 Wp bei Monozellen. 2017 war ein gutes Jahr mit knapp einer Million produzierten Modulen. Hauptsächlich werden aktuell Mono-PERC-Module mit klassisch silbernem Rahmen und mehr als 300Wp nachgefragt. Aber auch Ausführungen mit schwarzem Rahmen, unserem neuen Produkt seit Juni 2018, und komplett schwarze Monos nehmen einen immer größer Anteil im Produktionsvolumen ein.
Astronergy-Werk
Solarserver: Was stimmt Sie zuversichtlich, dass wir mit Ihrem Unternehmen auch in fünf Jahren noch Interviews führen können? Wo sehen Sie Ihr Unternehmen in fünf Jahren?
Stadler: Astronergy wird in fünf Jahren eine sehr bekannte Marke in Deutschland und Europa sein, da wir kontinuierlich neue Partnerschaften knüpfen, die langfristig angelegt sind. Und sowohl unsere Produkte als auch das Engagement unseres Mutterkonzerns sind auf eine langfristige Strategie ausgerichtet. Wir spüren, dass unsere Kunden dieser Sicherheit einen hohen emotionalen Wert beimessen.
Solarserver: Worin sehen Sie für Ihr Unternehmen besondere Erfolgsfaktoren bzw. Marktoptionen?
Stadler: Finanzielle Stärke, um nach der aktuell aufkommenden Unruhe durch die neuesten Entscheidungen in China und ggf. Anti-Dumping-Entscheidungen in der EU gestärkt einen gegebenfalls konsolidierten Markt zu versorgen. Deutsches Qualitäts- und Ingenieurwesen kommen in Europa allgemein sehr gut an und wird nach wie vor auch monetär höher bewertet. Weiterhin ist gerade im Großhandelssegment Flexibilität und Geschwindigkeit gefragt. Da sind wir als regionaler Ansprechpartner einfach schneller handlungsfähig und können flexibler auf die Kundenanforderungen eingehen, als wenn sie nochmal vier bis sechs Wochen auf dem Seeweg einplanen müssen, bzw. dann nicht mehr eingreifen können.
Solarserver: Worin sehen Sie eventuell besondere Vorteile für eine Produktion in Europa bzw. in Deutschland?
Stadler: Die Vorteile schwinden natürlich, da auch viele Vormaterial-Lieferanten sich nach Asien orientieren. Grundsätzlich sehen wir den Kundenservice und die schnelle Reaktion als einen Vorteil an. Weiterhin braucht eine gute Modulqualität konstante Verhältnisse, sowohl bei den eingesetzten Materialien als auch beim Mitarbeiterstamm. Insbesondere letzteres ist in Asien nicht gerade einfach und hier sehen wir mit unseren vielen Mitarbeitern die schon Ihr 10-jähriges Jubiläum feiern konnten einen Wettbewerbsvorteil.
Mono-Modul von Astronergy
Solarserver: Welche Ihrer Produkte sind aus Ihrer Sicht von besonderer Bedeutung?
Stadler: Ganz klar Mono-Hochleistungsmodule zum akzeptablen Preis und mit hoher Lebensdauer weit über die 20 Jahre EEG-Vergütung hinaus.
Solarserver: Vor allem Unternehmen in Asien haben enorme Produktionskapazitäten im Gigawattbereich aufgebaut. Wir können Sie hier mithalten? 
Stadler: Wir können hier in Deutschland nur durch Erhöhung der Moduleffizienz, des Durchsatzes und der weiter voranschreitenden Automatisierung die Stückkosten weiter senken. Grundsätzlich werden aber Module „Made in Germany“ immer etwas teurer sein, bzw, wird diese Lücke in Zukunft sicher noch etwas größer werden. Ein VW kostet auch mehr als ein Chrysler und beide Marken haben Ihre Kundensegmente. Mit unseren maximal 350 MWp Produktionskapazität in Frankfurt (Oder) haben wir aber auch die Chance, ein viel konstanteres Produkt zu fertigen, da wir alles zentral in einem überschaubaren Rahmen halten. Das senkt für die Kunden das Risiko einer Streuung, sowohl bei Qualität als auch den verwendeten Materialien.
Solarserver: Wie viele Beschäftigte arbeiten bei Ihnen. Werden Sie deren Zahl in nächster Zeit ausbauen können oder sogar müssen? Oder werden Sie deren Zahl reduzieren? 
Stadler: In Deutschland beschäftigen wir rund 300 Mitarbeiter. Vertrieb und Service wird aktuell weiter ausgebaut. Bei den Produktionsmitarbeitern sehen wir aktuell keinen Grund Stellen abzubauen. Der Umbau unserer Linien geht voran und wenn wir von der positiven Marktentwicklung in Deutschland und der EU weiter profitieren können, sehen wir der Auslastung unseres Werkes positiv entgegen.
Solarserver: Ist Fachkräftemangel für Sie ein großes Problem? 
Stadler: Es ist manchmal nicht einfach, für bestimmte Positionen gute Leute zu finden. Aber als problematisch würden wir das aktuell noch nicht bezeichnen. Manchmal dauert es ein wenig länger, bis der richtige Kandidat gefunden ist. Es gibt noch genügend Leute da draußen, auf die die Solarindustrie eine große Anziehungskraft hat.
Solarserver: Die Solarbranche ist weiterhin – wie fast jede andere Branche auch – von politischen Rahmenbedingungen abhängig. Welche politische Maßnahme auf deutscher oder europäischer Ebene könnte den hiesigen Produzenten besonders helfen?
Stadler: Abbau von Bürokratie sowie eine nachhaltige Strategie für die kommenden Jahre und klare Wege aus dem Carbon-Zeitalter, um auch dem letzten klar zu machen, dass die Wirtschaft hier funktionierende Konzepte hat, wenn die Politik dies wirklich konsequent umsetzen möchte. Die 2,5 GW in Deutschland und deutlich mehr müssen jährlich erreicht werden, um die Klimaziele nicht komplett aus den Augen zu verlieren und um international nicht an Glaubwürdigkeit zu verlieren.  Die vielen Wechsel und Ankündigungen verunsichern die Gewerbetreibenden und Investoren. Zölle sollten, wenn es einen Wegfall auf Modul- und Zellebene gibt, auch für andere Vormaterialien, wie z.B. Glas, konsequent abgeschafft werden.

Das Interview führte Andreas Witt.

US

27.06.2018 | Interview: Andreas Witt (Solarthemen), Fotos: Astronergy | solarserver.de © EEM Energy & Environment Media GmbH

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Das Interview führte Guido Bröer.

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