Aribert Peters: Nicht einknicken vor der Übermacht!

Solarthemen 507. Dr. Aribert Peters hat 1987 den Bundesverband der Energieverbraucher (BdE) mitgegründet, war 30 Jahre lang dessen Vorsitzender und leitet bis heute die Geschäftsstelle im rheinischen Unkel. Von Eurosolar wurde er jetzt für besonderes persönliches Engagement mit dem Deutschen Solarpreis ausgezeichnet. Peters initiierte in den 1990er Jahren die Phönix Solarkampagne und setzt sich mit dem BdE für eine beschleunigte Energiewende ein.

Solarthemen: Am vorigen Wochenende sind Sie für Ihr jahrzehntelanges Engagement mit dem Deutschen Solarpreis ausgezeichnet worden. Worauf sind sie besonders stolz?

Aribert Peters: Es sind zwei Aktivitäten, die den Bund der Energieverbraucher zum Erfolg gemacht haben. Zum einen die Phönix-Solarinitiative, mit der wir die Solarenergie in Deutschland in die Breite getragen haben. Das zweite ist der Energiepreisprotest. Wir wollen vermitteln, dass die Verbraucherinteressen nicht darin bestehen, möglichst geringe Energiepreise zu haben, sondern zukunftsfähige Energieversorgungen – effizient und aus erneuerbaren Energien. In diesem Sinne haben wir über die Jahre stetig Beiträge geliefert, die gewirkt haben.

Solarthemen: Jüngere Leser werden sich an das Phönix-Projekt vielleicht nicht mehr erinnern. Erklären Sie es noch mal kurz!

Aribert Peters: Am 1. April 1994 haben wir die Initiative gestartet. Damals stand die Solarenergie in dem Ruf, dass sie zu teuer ist. Außerdem redete man beim The­ma Solarenergie meist über PV und nicht über Solarthermie. Beides wollten wir ändern. Deshalb haben wir mit dem Phönix-Projekt Verbraucherpreise für Solarwärmeanlagen gesenkt, indem wir Teile standardisiert, neue Vertriebswege erschlossen und Fachkräfte ausgebildet haben. Das hat dazu geführt, dass sich die Preise für Solarthermieanlagen für Verbraucher nahezu halbiert haben und die Stückzahlen entsprechend nach oben gingen – und dass Solarenergie in Deutschland bekannt wurde. Dies war vielleicht der größte Erfolg, dass aus Phönix eine gigantische Promotionkampagne für Solarenergie geworden ist. Beispielsweise haben wir 40000 Videos verschenkt, die erklären, wie Solaranlagen funktionieren und wie man die auf die Dächer bekommt. Von den Phönix-Prospekten haben wir jährlich fast eine Million gedruckt. Wir haben in den Solarschulen mehrere Tausend Fachkräfte zu Solarberatern ausgebildet und Prüfungen abgenommen. Das gab es vorher alles noch nicht.

Solarthemen: Handwerk, Händler und Hersteller waren von diesen Aktivitäten nicht begeistert. Schließlich haben Sie Laien zu Solarexperten ausgebildet und die Margen angegriffen. Um das Phönix Projekt gab es viel juristischen Ärger. Wie sehen sie dies in der Rückschau?

Aribert Peters: Die gesamte Umweltbewegung und viele Kommunen sind als Partner beim Phönix-Projekt aufgesprungen. Die Solarindustrie selbst war sehr bissig, weil der damalige Deutsche Fachverband Solarenergie uns als unliebsame Konkurrenz empfunden hat. Wir konnten natürlich nicht Anlagen von allen Herstellern promoten, sondern wir haben uns nach Ausschreibungen die besten und günstigsten herausgesucht und mit diesen die günstigsten Preise im Sinne der Verbraucher ausgehandelt. Die Hersteller, die im Projekt waren, erhielten eine Kompensation durch entsprechend hohe Stückzahlen. Diejenigen, die nicht im Pro­jekt waren, hatten es allerdings schwer, weil sie ihre relativ hohen Vertriebsmargen von 20 bis 30 Prozent nicht mehr am Markt platzieren konnten. Denn sie mussten sich jetzt rechtfertigen, dass ihre Anlagen teurer sind als die Phönix-Anlagen.

Solarthemen: Schon damals haben Sie den Energieverbraucher, den sie im Vereinsnamen tragen, nicht nur als Verbraucher, sondern – wie es neudeutsch heißt – als Prosumer begriffen. Ist das ein Leitbild für Sie?

Aribert Peters: Absolut. Natürlich sollte der Verbraucher zunehmend Verantwortung übernehmen, und die Verbraucher sind auch darauf eingestiegen. Es haben sich ganz viele Gruppen örtlich gebildet, die sich in Selbsthilfe gegenseitig unterstützt und die mit Umweltgruppen zusammengearbeitet haben. Damit haben wir auch der Umweltbewegung einen Schub gegeben.

Solarthemen: Anfang der 2000er Jahre wurde das Phönix-Projekt in eine Unternehmensstruktur überführt. Mit dem Verein haben Sie sich daraus zurückgezogen und sich neuen Aufgaben gewidmet.

Aribert Peters: Die nächste bundesweite und äußerst erfolgreiche Aktion war der Protest gegen die ungerechte Erhöhung von Strom- und Gaspreisen. Auch in die Diskussion um das EEG haben wir uns eingemischt. Das EEG wur­de stark ausgehebelt durch Befreiungen von der EEG-Umlage für Industrieunternehmen. Wir waren be­gei­stert von der Explosion der Photovoltaik in den Boomjahren ab 2010. Und es war verheerend mitanzusehen, wie das von der Politik und auch von den Medien schlechtgeredet wurde und wie die Chancen, die damit verbunden waren, völlig ignoriert wurden. In unserer Zeitschrift Energiedepesche haben wir getitelt: „Die Energiewende wird versenkt.“ Wir haben insbesondere gegen die Befreiungen für die energieintensive Industrie gekämpft. Wir haben dem damaligen Minister Gabriel mal eine persönliche Rechnung über 5 Milliarden Euro geschickt, weil er den Verbrauchern diese Kosten ungerechtfertigt zusätzlich auferlegt hatte. Inzwischen gibt es eine Diskussion, dass diese Befreiungen rechtswidrig sind, weil sie dem Gleichheitsgrundsatz widersprechen.

Solarthemen: Sie waren in jenen Jahren häufig als Interviewpartner in den Medien vertreten. Statt als Verbraucheranwalt einfach in die Kerbe zu schlagen und über hohe Energiepreise und die EEG-Umlage zu wettern, haben sie immer versucht, die Dinge differenziert zu erklären. Keine einfache Rolle.

Aribert Peters: Es gab Jahre, in denen wir mit der Überzeugung, dass erneuerbare Energien günstige und sichere Energiepreise bewirken, die Meinungshoheit hatten. Diese Medienhoheit ist allerdings aufgrund einer sehr aktiven Lobbyarbeit der Industrie gekippt worden. So dass dann nur noch die negativen Stimmen zu Wort kamen. Es gab viele, die sich nicht zu schade waren, für diese Propaganda gegen die erneuerbaren Energien und die auch nicht durchschaut haben, von welchen Interessen diese Propaganda geleitet wurde und wird.

Solarthemen: Ihren 12000 BdE-Mitgliedern bieten sie nicht nur politische Interessenvertretung, sondern auch allerlei Service. Empfinden Sie das als Spagat?

Aribert Peters: Menschen, die Sie für eine Mitgliedschaft gewinnen wollen, müssen Sie einen persönlichen Nutzen bieten. Wir haben von Anfang an versucht, den Leuten durch Rechtsberatung und Information einen solchen Nutzen zu bieten. Gleichzeitig haben wir uns bemüht, politisch im Sinne der Energieverbraucher zu wirken und auch die rechtliche Situation für Verbraucher zu verbessern. Im Kampf gegen ungerechte Energiepreis-Erhöhungen haben wir große Erfolge erzielt. So kann man das Jahr 2004 als Beginn einer neuen Zeitrechnung sehen. In dem Jahr hat der Bund der Energieverbraucher mit Unterstützung der Verbraucherzentralen den Energiepreisprotest gestartet. Ungerechtfertigte Energiepreiserhöhungen müssen Verbraucher heute nicht mehr zahlen. Dies ist einer riesigen Welle von Gerichtsverfahren zu verdanken, die bis zum Europäischen Gerichthof hinaufgeschwappt ist. Verbraucher haben sich dadurch Stück für Stück mit unserer Hilfe neue Rechte erobert.

Solarthemen: Heute gibt es ein Netz professionell organisierter Verbraucherzentralen und es gibt Verbraucherschutzministerien in Bund und Ländern. Warum ist Ihr Verein weiterhin wichtig?

Aribert Peters: Die Verbraucherzentralen leisten insbesondere auch im Energiebereich gute Arbeit. Wir sind als Verein auch selbst Mitglied im Dachverband der Verbraucherzentralen. Wir begreifen uns nicht als Konkurrenz und arbeiten gut zusammen. Unser Verein finanziert sich aber allein durch Mitgliedsbeiträge und bekommt keinerlei staatliche Unterstützung. Wir sind dadurch unabhängiger.

Solarthemen: Seit dessen Gründung sind Sie der Motor Ihres Vereins und dessen Frontmann gewesen. Nun werden Sie bald 70 und könnten längst im Ruhestand sein. Einen BdE ohne Aribert Peters kann man sich aber schwer vorstellen.

Aribert Peters: Anfang des Jahres habe ich den Vereinsvorsitz an Leonora Holling abgegeben und kämpfe jetzt in der zweiten Reihe. Wir organisieren die Arbeit jetzt so um, dass es auch ohne mich geht. Und wir haben gute Nachwuchskräfte, die dies – davon bin ich überzeugt – gut weiterführen können.

Solarthemen: Wie würden Sie Ihr Vermächtnis formulieren?

Aribert Peters: Nicht Einknicken vor der Übermacht der Energielobby! Auch nicht einknicken vor den Interessen der energieintensiven Industrie! Aber vor allen Dingen müssen wir den Kampf weiterführen für die Energiewende. Das, was wir gut angefangen haben, muss jetzt auch zügig durchgezogen werden. Die Zeit läuft uns davon. Wir haben in den letzten Jahren gebummelt. Wir müssen diese Zeit, in der es uns wirtschaftlich relativ gut geht, nutzen, um von den fossilen Energien wegzukommen.

Solarthemen: Welche Rolle spielen dabei die Verbraucher beziehungsweise Prosumer?

Aribert Peters: In dem Buch „Energieautonomie” von Hermann Scheer steckt die Erkenntnis, dass die Energiewende nur dezentral in Bürgerhand gelingen kann. Und wir haben ja schon über eine Million Solaranlagenbesitzer in Deutschland. Ich bin sehr betrübt, dass wir inzwischen überkomplizierte Gesetze haben und dass alles getan wird, um zu verhindern, dass die Bürger ihre Energieversorgung selbst in die Hände nehmen. Schauen sie nur mal die Hürden an, die zum Beispiel durch die EEG-Umlage auf selbst erzeugten Strom aufgebaut werden. Diese Erschwernisse sind absurd und müssen verschwinden. Wenn es einfacher wird, wird es auch gelingen.

Interview: Guido Bröer
Foto: BdE

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