Schnee hält sich nicht an die PV-Prüfnorm

  Solarthemen 511. Die Norm zur Prüfung der Stabilität von Solarmodulen unter Schneelasten reiche nicht aus, um Schäden abzuwenden, moniert der Sachverständige Christian Keilholz.

Nach den starken Schneefällen in Süddeutschland hat das Thema in dieser Wintersaison gute Chancen, auf der Tagesordnung der Solarbranche nach oben zu klettern. Keilholz argumentiert, nicht alle Kräfte, die auf die Module einwirkten und diese schädigen könnten, würden bei der Prüfung berücksichtigt. Nach den einschlägigen Normen (IEC 61215 für kristalline Module) müssen PV-Module einem Druck von 2400 Pascal (Pa) bis 5400 Pa aushalten. Das entspricht einem Gewicht von 240 bis 540 Kilogramm pro Quadratmeter (kg/qm). Das sei „aber nur die halbe Wahrheit“, kritisiert Keilholz, der im bayerischen Waldkraiburg als solarklima e.K. firmiert. Die normativen mechanischen Belastungsprüfungen für PV-Module und Solarkollektoren würden nur im rechten Winkel auf das Bauteil ausgeführt, moniert er: „Die unter den Aufstellbedingungen auftretende Schrägkraft wird dabei nicht berücksichtigt.“ Unter den realen Belastungsbedingungen könne die Schrägkraft zu einer Verformung speziell des unteren Rahmenprofils führen (Foto). Dabei könnten Laminat und Glasscheibe sogar aus dem Rahmen springen und brechen. Die Richtlinie VDI 6012 Blatt 1.4, die die Kraftverhältnisse – wie auch die Schneeanhäufung – beschreibt und berücksichtigt, werde „leider zu wenig beachtet“, heißt es weiter in einem Schreiben des Praktikers. PV-Betreibern rät er: „Eine genaue Überprüfung von PV-Modulen und Solarkollektoren nach diesem schneereichen Winter ist deshalb dringend zu empfehlen.“ Diese Kontrolle sollte auch die Solar-Unterkonstruktion mit einbeziehen, da diese vielfach mangelhaft ausgeführt sei. Dann können mögliche folgenreiche Schäden zum Beispiel an der Dachdeckung und der Dachkonstruktion frühzeitig erkannt werden. Auch der Systemdienstleister IBC hatte sich in der letzten Woche in einer Pressemitteilung dem Thema Schneelasten gewidmet. Solange das Dach nicht gefährdet sei, könne der Schnee liegen bleiben, ist die wichtigste Botschaft des Großhändlers. Bei Schrägdächern sei dies meist der Fall. Wer seine Module dennoch freilegen wolle, der solle das ausschließlich von einer spezialisierten Fachkraft durchführen lassen. Auch IBC differenziert: Wenn es um die Kräfte gehe, die im rechten Winkel auf die Module einwirkten, machten 2400 Pa einem Modul nichts aus, solange die Last gleichmäßig verteilt sei. Für schneereiche Gebiete empfiehlt das Unternehmen Module, die bis 5400 Pa geprüft seien. Zu beachten sei nämlich, dass sich leichter Pulverschnee abhängig von der Witterung in tonnenschwere Lasten verwandeln könne: Laut IBC wiegen 10 Zentimeter Pulverschnee etwa 10 kg/qm, das entspreche einer Drucklast von 98 Pa. Nasser Schnee komme auf 40 kg bzw. 392 Pa. Sei der Schnee gefroren, betrage die Last bei gleicher Dicke 90 kg oder 882 Pa. Die Solarstromfabrik Wismar nutzt derweil die Schneekatastrophe als Aufhänger, um auf die eigenen 60-zelligen Spezialmodule hinzuweisen, die vom TÜV Rheinland bis zu einer maximalen Last von 825 kg/qm (8100 Pa) geprüft wurden. Text: Guido Bröer/Oliver Ristau Foto: Christian Keilholz

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