EEG-Auktionen im Krisenmodus

Solarthemen 512. Bei den ersten EEG-Ausschreibun­gen des Jahres 2019 mit Gebotstermin 1. Februar war das Windkontingent noch drastischer unterzeichnet als bei den vorherigen Auktionen, während sich in der Solarausschreibung vor allem PV-Freiflächenanlagen auf minderwertigen Ackerbö­den durchsetzten.

Wie bereits die vorherigen beiden Auktionsrunden im Jahr 2018 belegt das Ergebnis der jüngsten Windauktion der Bundesnetzagentur erneut, vor welchem massiven Einbruch die deutsche Windkraftbranche steht. Bei einer ausgeschriebenen Menge von 700 Megawatt wurden nur 72 Gebote mit einem Volumen von 499 Megawatt eingereicht. 476 Megawatt erhielten einen Zuschlag. Elf Zuschläge gingen an Bürgerenergiegesellschaften. Regional betrachtet, verteilten sich die Zuschläge mehrheitlich auf Gebote aus Niedersachsen und Brandenburg (jeweils 18) sowie aus Nordrhein-Westfalen (12). In dieser Runde wurden auch je zwei Gebote für Windstandorte in Bayern und in Baden-Württemberg bezuschlagt, die unter Wettbewerbsbedingungen möglicherweise keine Chance gehabt hätten. Da allerdings die Unterzeichnung der Ausschreibung für alle Branchenkenner absehbar war, boten die meisten zum von der BNetzA festgesetzten Höchstwert von 6,20 ct/kWh an. Der durchschnittliche Zuschlagswert lag nur minimal darunter bei 6,11 ct/kWh. Jochen Homann, Präsident der Bundesnetzagentur, sagte: „Die erneute deutliche Unterzeichnung von 30 Prozent verfolgen wir mit Sorge. Gemeinsam mit der Branche und den zuständigen Behörden muss an Lösungsansätzen hinsichtlich der Geneh­mi­gungssituation gearbeitet werden.“ Politischer Handlungsdruck Auf den Zusammenhang zwischen schleppenden Genehmigungsverfahren, Gerichtsverfahren und den unterzeichneten Ausschreibungen weist die Branche schon lange hin. Der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), Stefan Kapferer, sagt: „Die drastische Unterzeichnung der Ausschreibung im Bereich der Windenergie an Land (…) verdeutlicht den enormen politischen Handlungsdruck, hier schnellstmöglich zu einer Verbesserung der Genehmigungssituation zu kommen. Das Niveau der Neugenehmigungen sank im Jahr 2018 auf rund 110 MW pro Monat – gegenüber monatlich 350 MW in den Jahren 2014 bis 2016. Klar ist: Auf dieser Basis können im weiteren Verlauf weder die regulären noch die Sonderausschreibungen für Windenergie an Land mit wettbewerblichen Bedingungen bedient werden.“ Trotz Genehmigung kein Gebot Auf den ersten Blick mögen die Zahlen der BNetzA verwundern: Denn insgesamt wären demnach 1840 Megawatt Wind an Land zur Teilnahme an der aktuellen Ausschreibung berechtigt gewesen. Warum haben sich dann nur Projekte im Umfang von 499 Megawatt beteiligt? Der Bundesverband Windenergie (BSW) hat hinter die BNetzA-Zahlen geschaut und erklärt die Diskrepanz so: „Insgesamt verstellen die im Anlagenregister sichtbaren Genehmigungen den Blick auf die reale Projektreife. Von den im Anlagenregister gemeldeten 1840 Megawatt entfallen 914 Megawatt auf Projekte, für die bis 31.12.2016 eine Genehmigung erteilt worden war, die aber nicht bis 31.12.2018 in Betrieb gegangen sind. Ein relevanter Teil dieser Genehmigungen befindet sich in der Phase der Umgenehmigung und steht damit nicht für Ausschreibungen bereit. Eine Branchenabfrage zeigt, dass mindestens 750 Megawatt in Klageverfahren stecken. Zusätzlich verlängerten sich die Genehmigungsverfahren auf inzwischen durchschnittlich 550 bis 800 Tage.“ Erschwerend komme für die Branche hinzu, dass für die Ausschreibungen im Februar, Mai und August 2018 aufgrund des Energiesammelgesetzes mit Zuschlag bedachte Projekte bereits innerhalb von 24 Monaten zu realisieren seien. Diese verkürzte Umsetzungsfrist verunsichere die Branche, die zunehmend erleben müsse, dass Projekte noch bei Baubeginn beklagt würden, so der BSW. PV-Äcker sind billiger zu nutzen Im Gegensatz zum Wind war die erste Solarausschreibung des Jahres, zum 1. Februar, zweieinhalbfach überzeichnet. 80 Gebote mit einem Leistungsumfang von 465 Megawatt wurden auf die ausgeschriebenen 175 MW abgegeben. Die Bundesnetzagentur erteilte 24 Zuschläge für 178 Megawatt. Die Zuschläge gingen zum weitaus größten Teil nach Bayern (22) bis auf ein Projekt handelt es sich ausschließlich um Freiflächenanlagen auf Ackerflächen. Damit ist das jährlich begrenzte bayerische Ackerflächenkontingent bereits nach der ersten Solarausschreibung 2019 zu 70 Prozent aufgebraucht. „Die hohe Zuschlagsquote für Gebote auf Ackerflächen in Bayern verdeutlicht die ungleiche Wettbewerbsfähigkeit von Solarflächen“, sagt BNetzA-Präsident Jochen Homann. Der durchschnittliche, mengengewichtete Zuschlagswert stieg erneut leicht auf 4,80 ct/kWh (Vorrunde 4,69 ct/kWh). BSW: Deckel vom Topf nehmen! Der Bundesverband Solarwirtschaft nahm das Auktionsergebnis erneut zum Anlass, um die Beseitigung von bestehenden Barrieren für die Photovoltaik einzufordern. BSW-Hauptgeschäftsführer Carsten Körnig sagte: „Die Ergebnisse der jüngsten Photovoltaik-Auktionen belegen, wie preiswert und leistungsfähig die Solarenergie inzwischen ist. Die Zeit ist reif, bestehende solare Investitionsbarrieren in der Stadt und auf dem Land zu beseitigen und die EE-Ausbauziele auf die neuen Energie- und Klimaziele auszurichten. Wir hoffen auf eine zügige Gesetzesvorlage, welche diesen Ansprüchen Rechnung trägt.“ Die jährlichen Ausbauziele für Solarenergie müssten in den 20er-Jahren für Photovoltaik und Solarthermie nach Einschätzung des BSW mindestens verdreifacht werden. Sollten Fortschritte bei der Energieeffizienz weiter auf sich warten lassen, so seien noch deutlich höhere Solartechnik-Zuwachsraten zur Deckung des künftigen Energieverbrauchs notwendig. Körnig: „Mit Beschränkungen wie dem 52-Gigawatt-Solardeckel und zunehmender Bürokratie ist das nicht zu machen. Statt Deckeln benötigen wir einen Solar-Turbo.“ Wenn sie die EEG-Förderung einschließlich der Ausschreibungspflicht, die heute für alle Solarstromanlagen mit mehr als 750 kW gilt, erhalten wollte, müsste sich die Politik allerdings auch Gedanken über eine sinnvolle regionale Verteilung der Anlagen machen. Denn in den Auktionswettbewerben entscheiden wenige Prozent mehr oder weniger Einstrahlung über den Zuschlag. Text: Guido Bröer Foto: Nordex SE

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