EEG verfolgt auch „ausgeförderte“ Anlagen

Solarthemen+plus. In einem Fachgespräch der Clearingstelle EEG wurden gestern in Berlin Perspektiven für Anlagen erörtert, die nach 20 Jahren aus der Förderung durch das Erneuer­bare Energien-Gesetz herausfallen.

In den Augen von Jan Sötebier von der Bundesnetzagentur (BNetzA) „ändert sich für Anlagenbetreiber nach dem Ende der Vergütungszahlungen gar nicht viel“. Er betont: „Eine ausgeförderte Anlage bleibt eine Anlage im Sinne des EEG“. Ferner bleibe deren Betreiber „Anlagenbetreiber“ und der von der Anlage produzierte Strom bleibe Strom aus erneuerbaren Energien gemäß EEG. Sötebier will damit klar machen, dass in den Augen der Bundesnetzagentur Rechte und Pflichten aus dem EEG für Anlagenbetreiber keineswegs nach dem Förderende vorbei seien. Auf der Seite der Rechte bliebe demnach der Einspeisevorrang, der für Strom aus erneuerbaren Energien gesetzlich garantiert ist – egal wie alt die Anlagen sind. Zu den Pflichten zählen laut Sötebier beispielsweise die Eingriffe des Netzbetreibers im Zuge des so genannten Einspeisemanagements (EinsMan). Bekommen abgeregelte Anlagen bislang immerhin eine Ausfallvergütung bezahlt, so können Altanlagen laut dem BNetzA-Vertreter nach dem Förderende nicht mehr auf Entschädigung hoffen. Freilich könnten sich Netzbetreiber nicht darauf berufen, die ausgeförderten – und deshalb in Bezug auf die EEG-Umlage besonders billig abzuregelnden – Anlagen in Engpasssituationen vorrangig vom Netz zu nehmen. Ein heikler Punkt besonders für ausgeförderte Photovoltaikanlagen ist die anhaltende Verpflichtung, sich einer bestimmten Veräußerungsform zuzuordnen, wie es im Gesetzesjargon heißt. Da Veräußerungsformen wie Marktprämie oder Festpreisvergütung nicht mehr zur Verfügung stünden, komme für sie neben dem Eigenverbrauch nur die sogenannte „sonstige Direktvermarktung“ in Frage. Damit allerdings sei verbunden, dass jede Anlage zwingend einem Bilanzkreis zugeordnet werden müsse, so Sötebier. Für jeden, der nach dem Förderende als Marktteilnehmer sein weiterhin im EEG verbrieftes Recht auf vorrangige Einspeisung wahrnehmen wolle, sei somit eine registrierende Leistungsmessung („Viertelstundenzähler“) obligatorisch, wie sie heute nur für PV-Anlagen über 100 kW Pflicht ist. Nach Ansicht der Bundesnetzagentur trifft dies gemäß heutiger Gesetzeslage auch sehr kleine Anlagen und auch falls jemand seine Anlage für den Eigenverbrauch optimiert und nur noch sehr geringe Überschüsse einspeisen wolle. Welche Perspektive für Kleinanlagen? Susanne Jung vom Solarenergie-Förderverein aus Aachen hält diese am gestrigen Weiberfastnachs-Termin vorgestellten Ansichten der Bonner BNetzA für einen schlechten Karnevals-Scherz. Für den Großteil der mehr als 9000 Photovoltaikbetreiber, die nach Zahlen des SfV nach dem 31.12.2020 aus der Förderung fallen, sei die Umrüstung der oft sehr kleinen Anlagen mit einem Viertelstundenzähler aus Kostengründen unzumutbar. Ihr geht es darum, dass die Anlagen aus Pioniertagen, ebenso wie die später Jahr für Jahr aus der Förderung fallenden Anlagen weiterbetrieben werden können. Dies sei der Wunsch der meisten Betreiber, wie der SFV per Umfrage ermittelt habe. Auf Nachfrage der Solarthemen stellte Christoph Weißenborn, Rechtsexperte des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) klar, dass eine registrierende Leistungsmessung bei Kleinanlagen durchaus verzichtbar sei, sofern die Anlagen über Smartmeter ange­schlossen seien und sich ein Direktvermarkter finde, der viele Anlagen zu einem Pool zusammenfasse und mit Standard-Lastprofilen gegenüber dem Netzbetreiber darstellen könne. Im Gegensatz zum SfV setzt der BDEW allerdings laut Weißenborn auf ein Repowering alter Solardächer: „Eine Nutzung des Altanlagen-Standorts für eine Neuanlage ist einer Altanlagenförderung vorzuziehen.“ Weißenborn bezieht sich damit auf einen Vorschlag der Bundesnetzagentur, die dem Gesetzgeber empfiehlt, für ausgeförderte EEG-Anlagen, die keinen Direktvermarkter finden, die Möglichkeit einer „förderfreien Auffangvermarktung“ im EEG zu schaffen. Beispielsweise könnte für die Strommengen volleinspeisender Windturbinen und PV-Anlangen der durchschnittliche Marktwert des jeweiligen EE-Stroms garantiert werden. Bislang ist dieser Fall im EEG nicht klar beschrieben. BNetzA-Mann Sötebier betont allerdings, dass eine solche Lösung zwischen der Bundesregierung und der EU-Kommission zu klären sei, da Brüssel eine fortgesetzte Förderung bereits „ausgeförderter“ Anlagen bislang kategorisch ausschließe. Als Förderung in diesem Sinne versteht die Bundesnetzagentur – unter Berufung auf EU-Beihilferecht – bereits jede Ausnahme für Eigenstrom von Umlagen und Abgaben wie EEG-Umlage, Stromsteuer und Netzgebühren, so ließ sich Sötebiers Worten entnehmen. Nach bisherigem EEG werde beispielsweise die 40-prozentige EEG-Umlage für eigenverbrauchten Strom für alle ausgeförderten Anlagen die Regel. Altanlagen genössen diesbezüglich keinen Bestandsschutz und die Bagatellgrenze von 10 kW sei nach Ende der Förderdauer belanglos. In diesem Punkt setzt Susanne Jung vom SfV hingegen auf die jüngst verabschiedeten EU-Richtlinien, nach denen „Active Consumers“, mit Anlagen bis 30 kW für ihren selbstverbrauchten und gemeinschaftlich genutzten Strom generell von Abgaben und Umlagen befreit werden sollen. Die Interpretation der BNetzA scheint hier freilich etwas anders zu sein. Da die Altanlagen als „ausgefördert“ gelten, warnt Sötebier vor überzogenen Erwartungen bezüglich der prosumerfreundlichen EU-Regeln. Einmal mehr machte er die Position der Bundesnetzagentur deutlich: „Für die Energiewende ist Eigenverbrauchsoptimierung kein wirklicher Mehrwert.“ Foto: SFV

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