KIT: Sektorenkopplung im Reallabor mit Photovoltaik

KIT erprobt Sektorenkopplung, Foto: Sebastian Mang/KIT
Im Rahmen eines Forschungsprojektes zur Umsetzung der Sektorenkopplung am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) geht es unter anderem um die Kopplung von Wärmepumpen und Elektrofahrzeugen mit Photovoltaikanlagen und Stromspeichern.

Das KIT will unter dem Stichwort Sektorenkopplung das flexible Zusammenspiel von Strom, Wärme und Gas unter praxisnahen Bedingungen erproben. Dafür werde im Forschungsprojekt Sektorenkopplung (SEKO) am KIT ein großskaliges Reallabor errichtet, das die Liegenschaften und Energienetze des KIT einschließt. Die neue Forschungsinfrastruktur zur Sektorenkopplung werde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit über 6,5 Millionen Euro gefördert, so das KIT in einer Mitteilung.

Der klimafreundliche Umbau des Energiesystems sei eine der großen technologischen Herausforderungen unserer Zeit: Das schwankende Energieangebot aus dezentralen Wind- oder Solaranlagen müsse genauso beherrscht werden, wie plötzliche Verbrauchsspitzen, die etwa beim gleichzeitigen Beladen von Millionen von Elektrofahrzeugen zu erwarten sind. Helfen könne hier das intelligente Verschränken von unterschiedlichen Sektoren wie Elektrizität, Wärme, Mobilität oder stofflichen Energieträgern. So könnte überschüssige Wärme aus Industrieprozessen in Strom für die Elektromobilität gewandelt werden oder ein Überschuss an Windenergie zur Produktion von Synthetic Natural Gas (SNG) genutzt werden, das dann für einen späteren Verbrauch ins Erdgasnetz eingespeist wird.

„Das Ziel von Sektorenkopplung ist es, Energie je nach Bedarf und Angebot möglichst effizient zwischen den unterschiedlichen Sektoren zu verschieben und dabei Treibhausemissionen und Kosten einzusparen“, erklärt Professor Joachim Knebel, der am KIT als Koordinator das neue Forschungsprojekt Sektorenkopplung (SEKO) leitet. „In den letzten Jahren haben wir am KIT eine ganze Reihe von Technologien zur Energiespeicherung und Energiekonversion sowie Strategien zur Steuerung solcher Prozesse entwickelt. Im Forschungsprojekt SEKO wollen wir diese nun praxisnah in einem großskaligen Reallabor erproben.“

An SEKO beteiligen sich insgesamt sieben Institute des KIT, die innerhalb des Projektes in unterschiedlichen Konstellationen transdisziplinär zusammenarbeiten. „Die Infrastruktur für das SEKO-Reallabor am KIT muss nicht gänzlich neu errichtet werden“, betont Projektmanagerin Dr. Isabelle Südmeyer. Mit den beiden Forschungsinfrastrukturen Energy Lab 2.0 und dem Living Lab Energy Campus werde am Campus Nord des KIT im Rahmen der Helmholtz-Gemeinschaft bereits eine geeignete Technologieplattform errichtet, die Sektorenkopplung sowohl physisch als auch mithilfe der Informations- und Kommunikationstechnologie ermöglicht. Bis Ende 2019 soll der Aufbau der wesentlichen Komponenten abgeschlossen sein. „Dadurch werden wir dann die Möglichkeit haben, die Systemintegration unterschiedlichster Technologien zu untersuchen und Methoden für die dynamische Kopplung der einzelnen Sektoren zu entwickeln und zu validieren“, so Südmeyer.

Das Forschungsprojekt SEKO bestehe aus vier Teilprojekten, so das KIT weiter. Im Teilprojekt Strom unter Leitung von Professor Mathias Noe vom Institut für Technische Physik (ITEP) stehe die Kopplung von Wärmepumpen und Elektrofahrzeugen mit Photovoltaikanlagen unter Einbindung von Stromspeichern im Fokus.

Das Teilprojekt Gas unter Leitung von Professor Thomas Kolb vom Institut für Technische Chemie (ITC) erforsche das Zusammenspiel zwischen Gas- und Wärmenetz – dabei sollen auch ein energieintensiver Industrieprozess sowie die Dynamik von Power-to-Gas-Prozessen berücksichtigt werden.

Im Teilprojekt Wärme/Kälte unter Leitung von Professor Veit Hagenmeyer vom Institut für Automation und angewandte Informatik (IAI) werden Methoden zur automatischen Erzeugung von Wärmelastkurven für Gebäude entwickelt sowie die effiziente Umwandlung von Strom in Wärme (Power-to-Heat) für die häusliche Anwendung experimentell erforscht.

In einem übergreifenden Teilprojekt zur Sektorenkopplung schließlich, ebenfalls von Hagenmeyer geleitet, werde die übergreifende Vernetzung der unterschiedlichen Anlagen auf der Ebene der Informations- und Kommunikationstechnik zur flexiblen Betriebsführung untersucht. Ein besonderes Augenmerk gelte dabei auch der IT-Sicherheit, um Störungen, Angriffe und Manipulationen zu vermeiden.

Im Forschungsprojekt SEKO erprobten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler das Konzept der Sektorenkopplung sowie das Zusammenspiel unterschiedlicher Energietechnologien im Megawatt-Maßstab. Für Projektkoordinator Knebel stärke das nicht nur den Forschungsstandort Deutschland. Vor dem Hintergrund der Debatte um die Klimaziele habe dies auch einen globalen Signalcharakter: „Wir demonstrieren Handlungsfähigkeit. Indem wir Forschungsergebnisse zeitnah in einem Reallabor zur Anwendung bringen, können wir diese auch schneller in der Praxis umsetzen.“

15.4.2019 | Quelle: KIT | solarserver.de © EEM Energy & Environment Media GmbH

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