Fliegen mit Kerosin aus Ökostrom
Ein Konsortium von Industrieunternehmen und Einrichtungen der Forschung haben eine Absichtserklärung geschlossen zum Bau einer Power to Liquid-Anlage (PtL), die grünes Kerosin liefern soll. Das teilte die Technische Universität Hamburg (TUHH) mit. Es gehe darum, einen Förderantrag zum Bau einer industriellen Demonstrationsanlage und gemeinsamen Forschung zu stellen. Die Partner beteiligen sich damit an dem vom Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) ausgeschriebenen „Ideenwettbewerb Reallabore der Energiewende“
Ziel des Projektes mit dem Namen GreenPower2Jet (GP2J) sei es, nach einem erfolgreichen Pre-Engineering eine industrielle Power to Liquid-Anlage (PtL) zu bauen, die vor allem nachhaltige synthetische Kohlenwasserstoffe liefert, um grüne, klimaneutrale Flugkraftstoffe zu produzieren. Beteiligt sind neben der TUHH Airbus, BP mit BP Lingen und Air BP, das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt, Dow und Hoyer Logistik.
Hintergrund des Vorhabens: Im Flugverkehr lassen sich Triebwerke und Kerosin nicht einfach durch Elektromotoren und Batterien ersetzen. „Das liegt daran, weil alternative Antriebe fehlen und die Energiedichte von Batterien weit von der des Kerosins entfernt ist“, sagt Siegfried Knecht, Vorstandsvorsitzender der Luftfahrtinitiative aireg. Daher seien die Fluggesellschaften auf Erdöl-basierten Flugtreibstoff angewiesen mit dem Nachteil der damit verbundenen Treibhausgasemissionen. Doch gerade der Flugverkehr werde künftig weiter wachsen: laut einer Prognose des Branchenverbandes IATA mit ca. 3,5 Prozent pro Jahr weltweit für die nächsten Jahrzehnte.
Damit die Treibhausgasemissionen in der Luftfahrt trotz des vorhersehbaren Wachstums nachhaltig und massiv reduziert werden können müsse es Projekte wie GP2J geben, um Kerosin auf Basis der PtL-Technik breit in den Markt einzuführen. Dabei beschreibt PtL (Power-to-Liquid) unterschiedliche technische Prozesse, die die nachhaltige Herstellung flüssiger Kraftstoffe zum Ziel haben. Das geschehe durch den Einsatz von „grüner“ elektrischer Energie. Im Idealfall könne so klimaneutrales Kerosin produziert werden.
Daher ist Know-how aus unterschiedlichen Bereichen gefragt. Zum Konsortium gehören deshalb neben der TUHH als Projektkoordinator Airbus, BP, Air BP, das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt, Dow und Hoyer Logistik sowie als potenzielle Abnehmer für den produzierten Kraftstoff DHL, easyJet, unterstützt durch den Flughafen Hamburg, GDH Transport und Containerlogistik und die Flotte Hamburg. Geplant ist, die Projektidee über eine Förderdauer von fünf Jahren zu verwirklichen.
In einem ersten Schritt und nach einer 6-monatigen Pre-Engineering-Phase könne bis ca. 2021/22 eine industrielle PtL-Anlage auf Basis der Fischer-Tropsch Synthese beim Chemiekonzern Dow in Stade entstehen. Die dort produzierten synthetischen Kohlenwasserstoffe sollen als Grundlage für die weitere Produktion an die BP Raffinerie Lingen geliefert werden, die eine Aufbereitung durchführt und daraus grünen, klimaneutralen Flugkraftstoff produziert.
Geplant sei, diesen Treibstoff am Hamburger Flughafen auf regelmäßig geflogenen Strecken und für die Erstbetankung von Airbus-Flugzeugen in Hamburg-Finkenwerder zu nutzen. Zusätzlich werde aus den verbleibenden Nebenprodukten „grüner“ Diesel erzeugt, der dann im schweren Güterfernverkehr und auf Schiffen des Hamburger Hafens eingesetzt wird. Nach heutigen Maßstäben sei keines der Produkte aus dem so erzeugten Portfolio wirtschaftlich herstellbar und daher regulatorische Anreize und Fördermittel notwendig, um diese Technologie weiterzuentwickeln.
Ulf Neuling von der TUHH, der den Projektantrag koordiniert: „Durch dieses Vorhaben kann erstmals eine signifikante Menge an PtL-Produkten in Deutschland erzeugt und verkehrsträgerübergreifend – im Luftverkehr, auf dem Wasser und im schweren Straßengüterverkehr – genutzt werden.“
Die Experten möchten im Rahmen des Reallabors in Erfahrung bringen, inwieweit sich der Einsatz der PtL-Technik wirtschaftlich und ökologisch optimieren lässt bzw. wie die energiewirtschaftlichen Bedingungen sein müssten, damit derartige Konzepte tragfähig werden. Noch sind die finalen Investitionsentscheidungen aber nicht getroffen.
17.4.2019 | Quelle: TU Hamburg-Harburg | solarserver.de © EEM Energy & Environment Media GmbH