Experten kritisieren Entwurf für Gebäudeenergiegesetz
Laut Vertretern des baden-württembergischen Informationsprogramms Zukunft Altbau ist der Entwurf für das neue Gebäudeenergiegesetz nicht mit dem Klimaschutzzielen vereinbar. Die Experten vermissen wirtschaftliche Impulse für den Klimaschutz und Vereinfachungen bei der Gebäudeenergiebilanzierung.
Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie hat Ende Mai 2019 den lange erwarteten Referentenentwurf für das neue Gebäudeenergiegesetz (GEG) vorgelegt. Der Entwurf sieht eine Zusammenführung von Energieeinsparverordnung, Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz und Energieeinspargesetz vor. Für Hauseigentümer soll sich fast nichts ändern. Für das vom Umweltministerium Baden-Württemberg geförderte Informationsprogramm Zukunft Altbau geht der Entwurf in die falsche Richtung. „Die Sanierungsbranche braucht dringend die Einführung zukunftsfähiger gesetzlicher Energiestandards bei Neubau und Sanierung sowie Vereinfachungen bei der energetischen Bilanzierung von Gebäuden. Wir können unsere Klimaschutzziele nur erreichen, wenn deutlich mehr Bestandsbauten umfassend saniert werden. Kleinere Verschärfungen für Neubauten reichen bei weitem nicht“, sagt Frank Hettler von Zukunft Altbau.
Der GEG-Entwurf orientiert sich weitgehend an der bestehenden Gesetzgebung und fügt geltendes Recht in einem neuen Gesetz zusammen. Um die mittelfristigen Ziele aus der verbindlichen Vereinbarung von Paris aus dem Jahr 2015 im Hinblick auf die Klimaschutzziele im Gebäudesektor zu erreichen, bedarf es aber weiterer Ambitionen und zukunftsorientierter Standards für die Sanierung von Bestandsgebäuden. In Deutschland stagniert die Gesetzgebung dazu seit über zehn Jahren.
„Ohne verschärfte Vorgaben sind die Klimaschutzziele im Gebäudebestand kaum zu erreichen“, so Frank Hettler. Beispielsweise wurde der von der EU geforderte Standard für Neubauten als Niedrigstenergiegebäude („nearly zero energy buildings“), der ursprünglich Anlass für das neue Gesetz war, im vorliegenden Entwurf auf dem Niveau der bisherigen Vorgaben nach der EnEV definiert. „Es verstreicht wertvolle Zeit, um notwendige Entwicklungen im Gebäudesektor einzuleiten“, so Hettler weiter.
Fortschritte bei der Gebäudeenergiebilanzierung bleiben ebenfalls aus. Die bisherigen Vorgaben, etwa aus der EnEV, sind im Detail selbst für ausgewiesene Fachleute nicht komplett verständlich und führen in der Baupraxis genauso wie bei der Förderung immer wieder zu Verwirrung. „Von klaren, einfachen Vorgaben könnten alle Beteiligten profitieren, vom Auftraggeber über Planer und Energieberater bis hin zum Handwerker und den Nutzern“, sagt Volker Kienzlen von der KEA Klimaschutz- und Energieagentur Baden-Württemberg. „Das hätten wir uns vom Bund dringend gewünscht.“
Auch der Bundesverband der Energie- und Klimaschutzagenturen Deutschlands (eaD) vermisst einfache und klare gesetzliche Forderungen und verständliche Berechnungsverfahren. Die energetische Sanierung als wichtige Säule der Energiewende benötige zudem einen wirtschaftlichen Impuls: Der Bundesverband empfiehlt daher gemeinsam mit einer wachsenden Anzahl von Institutionen und Experten eine CO2-Steuer auf alle fossilen Energieträger und Brennstoffe. Nach Auffassung des Verbandes führen die unterschiedlichen Abgaben- und Steuerlasten auf Brenn- und Kraftstoffe wie Kohle, Öl oder Erdgas einerseits sowie auf Strom andererseits immer mehr zu einer Schieflage.
Folgende Forderungen stellt der Bundesverband der Energie- und Klimaschutzagenturen Deutschlands an das kommende Gebäudeenergiegesetz:
1. Einfache und klare gesetzliche Forderungen bei der Gebäudeenergie
2. Verbesserung der Energiestandards bei Neubau und Sanierung
3. Transparente und verständliche Berechnungen und Nachweise für alle Baubeteiligten
4. Bei Neubauten sind Mindestanforderungen an den Energiebedarf nachzuweisen
5. Sanierungsverpflichtungen für Altbauten
6. Gesetzesvollzug aktiv angehen
7. CO2-Steuer auf alle Energieträger
8. Mittelfristige Einführung der Lebenszyklusbetrachtung
9. Öffentlichkeitsarbeit und unabhängige Beratung für bessere Energiestandards
4.6.2019 | Quelle: Zukunft Altbau| solarserver.de © EEM Energy & Environment Media GmbH