Weltweiter Boom für direkte Stromlieferverträge

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Weltweit schließen immer mehr Unternehmen langfristige Stromlieferverträge mit Betreibern von erneuerbaren Kraftwerken. Vor allem in Skandinavien, aber auch in Großbritannien, Spanien und  Portugal sowie den USA boomt der Markt für die so genannten PPAs (Power Purchase Agreements). In Deutschland ist das vorhandene Potenzial dagegen noch weitgehend ungenutzt.

Eine Studie von Aurora Energy Research soll allerdings zeigen, dass in Deutschland mindestens 13 Prozent des gewerblichen Strombedarfs über PPAs gedeckt werden könnten. Das würde einem Marktvolumen von 2 Milliarden Euro entsprechen. Damit wären laut Aurora mindestens 17 Gigawatt bestenfalls sogar bis zu 31 Gigawatt Solar- und Windkraftwerke ausgelastet

Mit dem Auslaufen der EEG-Förderung für ältere Anlagen kommt aus Sicht von Aurora Bewegung in den Markt. Viele Betreiber befassten sich bereits mit entsprechenden Angeboten. Doch noch sei die Nachfrage gedämpft, unter anderem weil die Finanzierung für die  Abnehmer häufig teuer sei und so die Wirtschaftlichkeit leide. Mit sinkenden Technologiekosten dürfte das Interesse allerdings steigen, zumal im Zuge der Klimaschutzdebatte immer mehr Unternehmen gezielt grünen Strom beziehen wollen. Auch die Politik kann die Entwicklung unterstützen, etwa durch staatliche Kreditbürgschaften. Zu diesem Schluss kommen die Energiemarktanalysten von Aurora Energy Research in einer neuen Studie zum PPA-Markt in Deutschland.

"Grundsätzlich haben PPAs eine Reihe von Vorteilen für alle Beteiligten", sagt Peter Baum, PPA-Experte und Autor der Studie: „Für die Abnehmer ist vor allem die Planungssicherheit bei den Energiekosten interessant, weil der Strompreis für die  gesamte Laufzeit des PPA ausgehandelt und festgelegt wird. Außerdem belegen die Unternehmen mit dem Kauf von erneuerbarem Strom ihr Engagement für den Klimaschutz, was sowohl Kunden als auch Investoren zunehmend einfordern." Für die Stromerzeuger dagegen böten PPAs die Chance, Windkraft- oder Photovoltaikanlagen auch ohne Subventionen wirtschaftlich zu betreiben, indem Risiken und damit Kapitalkosten gesenkt werden. Das sei auch aus klimapolitischer Sicht wichtig, denn, so Baum, "um die Energiewende zu beschleunigen und die CO2-Emissionsziele für 2030 zu erreichen, ist ein beschleunigter Ausbau der Erneuerbaren nötig." Nicht zuletzt profitieren alle Stromverbraucher von PPAs, denn wenn weniger Subventionen nötig sind, sinken langfristig die Abgaben auf den Strompreis.

In den vergangenen zwei Jahren wurden laut Aurora allein in Skandinavien PPAs für rund 4,3 Gigawatt Kraftwerksleistung geschlossen, darunter das weltweit bislang größte, mit dem sich der norwegische Aluminiumhersteller Norsk Hydro für 19 Jahre den Strom aus dem schwedischen Onshore-Windpark Markbygden sichert. "Mit 650 Megawatt Leistung ist dieser Vertrag mehr als zehnmal so groß wie alle im gleichen Zeitraum abgeschlossenen PPAs in Deutschland zusammen", sagt Benjamin Merle, Principal bei Aurora. Dabei biete der Strommarkt auch hierzulande ein erhebliches Potenzial, haben die Aurora-Experten ermittelt: Industrie und Gewerbe verbrauchen pro Jahr rund 380 Terrawattstunden Strom, von denen allein die 200 größten deutschen Unternehmen gut 50 über PPAs einkaufen könnten. „Das entspricht zwischen 17 und 23 Gigawatt erneuerbarer Kraftwerksleistung", sagt Merle. "Und wenn der Kohleausstieg wie angedacht umgesetzt wird, könnten durch die Nachfrage der großen Versorger weitere 6 bis 8 Gigawatt dazukommen. Besonders interessant ist, dass zunehmend nicht nur Versorger, sondern auch Industrieunternehmen gewillt sind, langfristige Strompreisrisiken zu übernehmen, um die Energiewende voranzutreiben."

Noch mehr könnten es werden, wenn die Politik helfend eingreift und kleinen und mittelständischen Unternehmen den Zugang zu PPAs erleichtert: Denn mit dem Abschluss eines direkten Stromliefervertrags gehen die Unternehmen eine langfristige Verpflichtung ein, die meist über Bankbürgschaften abgesichert werden muss. "Für kleinere Unternehmen ohne sehr gute Bonität sind die Kosten dafür schnell so hoch, dass die Wirtschaftlichkeit des PPAs infrage steht", sagt Baum. Deshalb schlagen die Aurora-Experten eine staatliche Bürgschaft vor, ähnlich den Hermes-Exportbürgschaften. "Das würde vor allem den vielen kleinen und mittelständischen Unternehmen in Deutschland zugutekommen und dem Markt für PPAs erheblichen Schub verleihen."

12.6.2019 | Quelle: Aurora Energy Research | solarserver.de © EEM Energy & Environment Media GmbH

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