Produktion von Kerosin mit Sonnenlicht im Praxistest
„Die SUN-to-LIQUID-Reaktortechnologie und die integrierte chemische Anlage wurden unter den typischen Bedingungen für eine industrielle Kraftstoffproduktion validiert“, sagt Prof. Aldo Steinfeld von der ETH Zürich, der die Entwicklung des solarthermochemischen Reaktors leitet. „Die Demonstration dieser Technologie könnte große Auswirkung auf den Transportsektor haben, speziell für die Luftfahrt und die Schifffahrt, die auf langen Strecken weiterhin auf flüssige Kraftstoffe angewiesen bleiben“, sagt Projektkoordinator Andreas Sizmann von Bauhaus Luftfahrt. Laut einer Studie, die Bauhaus Luftfahrt bereits im Jahr 2015 veröffentlichte, sind die Kosten für solares Kerosin aber noch vergleichsweise hoch. Sie würden sich demnach auch bei Errichtung von Anlagen im industriellen Maßstab noch auf etwa 2,20 Euro je Liter belaufen – derzeit liegen die Preise für konventionell mit fossilen Rohstoffen hergestelltes Kerosin bei etwa 45 Cent je Liter. Unter sehr günstigen Annahmen ist bei hoher Sonneneinstrahlung nach Aussage von Bauhaus Luftfahrt solares Kerosin künftig für unter 1,30 Euro je Liter klimaneutral zu erzeugen. Diese Technologie wäre also auch auf politische Unterstützung, etwa in Form von CO2-Abgaben, angewiesen.
Sie steht aber auch noch nicht direkt zur Verfügung. „Wir halten es für möglich, dass in 10 bis 15 Jahren eine SUN-to-LIQUID Solaranlage im Industriemaßstab gebaut werden kann“, sagt Prof. Christian Sattler vom DLR.
Im Vorgänger-Projekt SOLAR-JET entwickelten die Forscher die Technologie und produzierten erstmals solares Kerosin unter Laborbedingungen. SUN-to-LIQUID bringt diese Technologie auf die nächste Entwicklungsstufe und testet sie unter realen Bedingungen an einem Solarturm. Dafür wurde auf dem Gelände des IMDEA Energy Instituts in Móstoles, Spanien, eigens für das Projekt eine einzigartige Solaranlage errichtet. „Ein der Sonne folgendes Heliostatenfeld konzentriert das Sonnenlicht um den Faktor 2500, das entspricht der dreifachen Konzentration im Vergleich zu Solaranlagen, die derzeit zur Energiegewinnung eingesetzt werden“, erklärt Manuel Romero von IMDEA Energy. Die sehr hohe solare Strahlungsintensität, die durch Flussdichte-Messungen des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) bestätigt wurde, ermöglicht es, in einem solaren Reaktor Temperaturen von über 1500 Grad Celsius zu erreichen.
Der vom Projektpartner ETH Zürich entwickelte Reaktor produziert aus Wasser und CO2 durch eine thermochemische Redoxreaktion ein sogenanntes Synthesegas, eine Mischung aus Wasserstoff und Kohlenmonoxid. Eine spezielle Fischer-Tropsch-Anlage, die vom Projektpartner HyGear entwickelt wurde, wandelt dieses Synthesegas vor Ort in Kerosin um.
Text: Andreas Witt / Foto: ARTTIC / Christophe Ramage