CO2-Preise: Gutachten, noch keine Beschlüsse

Am 12. Juli haben die Wirtschaftsweisen ihr Sondergutachten „Aufbruch zu einer neuen Klimapolitik“ mit einer klaren Aussage zugunsten von CO2-Preisen vorgelegt. Doch noch gibt es in der Bundesregierung keine klare Tendenz, sich den klaren Aussagen mehrerer Gutachten anzuschließen.
Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung vermittelt zusammen mit seinem Gutachten einige Kernbotschaften. Zwar erklärt er, es sei die Koordination mit einer möglichst großen Koalition von EU-Mitgliedstaaten anzustreben. Doch er sagt auch, die Ausweitung des Emissionshandels auf alle Sektoren – Strom, Wärme, Verkehr – solle möglichst früh kommen. Um kurzfristig die für Deutschland zugeteilten Ziele bei der CO2-Reduktion zu erreichen, sei „als Übergangslösung“ eine separate Bepreisung in den Bereichen erforderlich, die bisher nicht vom europäischen Emissionshandel erfasst würden. „Möglichkeiten, die dies kurzfristig erlauben würden, sind ein separater Emissionshandel für diese Sektoren oder eine CO2-Steuer“, so die Wissenschaftler. Innovationen sind für die Wirtschaftsweisen entscheidend, um die Klimaziele zu erreichen. Sie verbinden diese Aussage jedoch mit einer Kritik am EEG und am Kohleausstieg. Deutschland leiste sich hier teure Maßnahmen, die bereits durch den Emissionshandel abgedeckt würden. Die Wirtschaftsweisen halten neben der CO2-Bepreisung jedoch „eine technologieneutrale Förderung der Grundlagenforschung für unverzichtbar.“ Weitere Steuerungsinstrumente Ebenso, so das Gremium, könnten Förderungen zur Anschaffung emissionsärmerer Ausstattung notwendig sein, etwa in Form von Prämien für den Austausch von Heizungen. Im Gebäudebereich sei sicherzustellen, dass Vermieter Anreize für Investitionen in ihre Mietobjekte bekämen. Erforderlich seien zudem Infrastrukturinvestitionen, etwa in den ÖPNV oder die Netz- und Speicherinfrastruktur. Auch die Wirtschaftweisen votieren für eine Rückverteilung der CO2-Bepreisung an Haushalte. Sie sollten netto nicht belastet werden. Strikt gegen CO2-Preise spricht sich Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier aus. Als Bundesumweltministerin Svenja Schulze einen CO2-Preis erneut vorschlug und mit Gutachten untermauerte erklärte er der Bild-Zei­tung, ein solcher Preis werde für den Klimaschutz nichts erreichen, „weil er viele belastet, ohne den CO2-Ausstoß nachhaltig zu reduzieren.“ Schulze hatte am 5. Juli gleich drei Gutachten präsentiert, die sich mit einer sozialverträglichen CO2-Bepreisung befassen. Dabei kamen das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), das Ins­titut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der zum Deutschen Gewerkschaftsbund gehörenden Hans-Böckler-Stiftung und das Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) jeweils zu dem Ergebnis, dass von CO2-Preisen hervorgerufene Belastungen durch einen Klimabonus sowie die Reduktion von Stromsteuer und EEG-Umlage aufgefangen werden könnten. Einerseits würde so mit Hilfe eines stetig steigenden CO2-Preises darauf hingewirkt, auf fossile Energien mehr und mehr zu verzichten. Andererseits würden Haushalte und Unternehmen durch die Rückzahlungen finanziell in gleicher Höhe entlastet. Schrittweise Erhöhung „Wir starten absichtlich mit einem vergleichsweise niedrigen CO2-Preis, der im Zeitab­lauf stark ansteigt“, erklärt Claudia Kemfert vom DIW im Interview mit den Solarthemen (siehe Seite 10): „Dies gibt eine ausreichende Lenkungswirkung, so dass künftig nicht mehr in fossile Energien, sondern eher in das Energiesparen und klimaschonende Technologien investiert wird.“ Allerdings könne man sich nicht allein auf einen CO2-Preis verlassen, wenn man die Energiewende voranbringen wolle, so Kemfert: „Man sollte das eine tun, ohne das andere zu lassen, sprich, eine CO2-Bepreisung einführen bzw. ergänzen und gleichzeitig die erneuerbaren Energien, die Elektromobilität und den nachhaltigen Verkehr sowie das Energiesparen fördern.“ Heizöl und Erdgas würden sich durch eine CO2-Steuer, die bis 2023 laut DIW auf 80 Euro je Tonne CO2-Emission steigen sollte, um rund 38 bzw. 35 Prozent verteuern – mit weiter steigender Tendenz. Dies wird zu Abwehrreaktionen bei einigen Politikern führen, obwohl die Haushalte nach Berechnungen der Wirtschaftsexperten im Jahr 2023 durch die Rückerstattungen 900 Millionen Euro mehr in der Tasche hätten. Profitieren würden vor allem die Haushalte, die auf erneuerbare Energien umsteigen oder klimafreundlich erzeugte Nahwärme nutzen. Dies könnte etwa bei solarthermischen Großanlagen, die in Fern- und Nahwärmesysteme eingebunden werden, zu einem verstärkten Ausbau führen.

Text: Andreas Witt

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