CO2-Steuern nicht verfassungskonform?

Solarthemen 518. Eine an den wissenschaftlichen Dienst des Bundestages gerichtete Frage zur steuersystematischen Einordnung einer CO2-Steuer stärkt scheinbar die ablehnende Haltung gegenüber einer solchen Steuer. Doch es gibt auch grundsätzlich andere Positionen. Abgeschlossen wurde die Frage durch den wissenschaftlichen Dienst am 30. Juli 2019. In ähnlicher Weise hatte er sich auch bereits im Oktober vergangenen Jahres mit dem Thema befasst.


Dabei sind im Kern zwei Aussagen wesentlich. Erstens steht dem Bundesgesetzgeber laut Verfassung kein Steuererfindungsrecht zu – eine Steuer muss demnach einer in Art. 106 GG definierten Steuerart entsprechen. Das sind Verbrauchs-, Aufwands- und Verkehrsteuern.
Zweitens kommt der wissenschaftliche Dienst zu der Auffassung, CO2 könne keiner Verbrauchssteuer unterliegen, weil dieser Stoff eben nicht verbraucht werde.

Der Dienst kommt zu dem Ergebnis: „Eine Besteuerung einer CO2 -Emission lässt sich keinem bestehenden Steuertypus zuordnen und ist mithin steuerverfassungsrechtlich ausgeschlossen.“

Diese Position wird jedoch nicht von allen Juristen geteilt. Das Umweltbundesamt schlägt eine CO2 -Steuer als Aufschlag auf die bestehende Energiesteuer vor. Ähnlich sehen dies die Wirtschaftsweisen und das Bundesumweltministerium. Letzteres erklärt, es wolle die Energiesteuern um eine CO2 -Komponente erweitern. Da Energiesteuern eine Verbrauchssteuer seien, sei dies verfassungsrechtlich abgesichert.

Schon im Jahr 2017 kamen die Rechtsanwälte Prof. Dominik Kupfer und Till Karrer in einer Studie auch zur verfassungsrechtlichen Zulässigkeit einer CO2 -Steuer zu dem Ergebnis, dass es sich dabei um eine Verbrauchssteuer handele, weil – sehr kurz gesagt – sie in direkter Verbindung zum Verbrauch von fossilen Rohstoffen steht.

Ein neues vom Öko-Institut bei Prof. Stefan Klinski in Auftrag gegebenes Gutachten erklärt, die Einführung eines CO2 -Zuschlags zur Energiesteuer sei verfassungsrechtlich unbedenklich. Dem Bund sei es gestattet, die im Grundgesetz vorgesehenen Steuertypen zu nutzen, um umweltpolitische Ziele wie den Klimaschutz zu verfolgen. So könne der Gesetzgeber auch mit einem CO2 -Zuschlag zur Energiesteuer verfahren. Es sei dem Bund zwar verwehrt, die CO2 -Emissionen selbst zum Gegenstand einer Steuer zu machen, erklärt Klinski: „Er darf aber bei der Energiesteuer so vorgehen, wie er es selbst bei der Kfz-Steuer schon vorgemacht hat: die CO2 -Emissionen als Bemessungsgröße nutzen. Hierdurch lässt sich rechtssicher ein CO2 -Preis einführen.“

Darüber hinaus, so führt der wissenschaftliche Dienst in seiner Veröffentlichung aus, habe der Gesetzgeber auch die Möglichkeit, die Verbrauchssteuerdefinition in Art. 106 GG zu ergänzen. Dafür müsste die Verfassung erst geändert werden. Wie andere Rechtsauffassungen zeigen, ist dies aber nicht unbedingt erforderlich.

Text: Andreas Witt

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