„Windgipfel“ noch ohne konkrete Ergebnisse
Altmaier, der neben Landespolitikern, Umweltschutz- und Energieverbänden auch Vertreter von Anti-Windkraftinitiativen eingeladen hatte, zeigte sich nach dem Treffenzuversichtlich, „dass wir einen großen Konsens zustande bringen, wie uns das beim Atomausstieg gelungen ist, wie uns das auch beim Kohleausstieg gelungen ist.“ Altmaier beschrieb die Aufgabe, den Windenergieausbau so zu gestalten, „dass wir unsere Ziele, insbesondere auch das Ziel von 65 Prozent Erneuerbaren 2030 erreichen können und dass wir trotzdem die Akzeptanz für die Windenergieanlagen erhöhen.“
10-Punkte-Papier
Konkrete Maßnahmen, so wie sie zuvor acht Verbände aus dem Energie-, Industrie- und dem Umweltbereich in einem gemeinsamen 10-Punkte-Papier gefordert hatten, wurden zwar in der gestrigen Runde nicht beschlossen. Doch überließ es Altmaier in einer anschließenden gemeinsamen Pressekonferenz den drei anwesenden Landes-Energieministern Franz Untersteller (Grüne, Baden-Württemberg), Olaf Lies (SPD, Niedersachsen) und Andreas Pinkwart (FDP, Nordrhein-Westfalen), konkreter zu werden.
Untersteller sagte, dass mehr Flächen gebraucht würden und sprach sich dafür aus, dass der Bund in Absprache mit den Ländern dafür den Rahmen vorgeben sollte. Außerdem sagte er: „Wir brauchen eine Vereinfachung von Genehmigungsverfahren. Es kann einfach nicht sein, dass wir heute Genehmigungszeiten von fünf bis 6 Jahren haben wie früher bei Atomkraftwerken“. Der Stellenwert den die Windenergie in der Abwägung mit anderen Belangen bekomme, müsse gestärkt werden. Das Verbändebündnis – vom BDEW über den VDMA bis zu Greenpeace – hatte dazu unter anderem gefordert, im Bundesnaturschutzgesetz klarzustellen, „dass am Ausbau von Windenergieanlagen ein überwiegendes Interesse besteht, welches Ausnahmen vom Artenschutz unter klar definierten Voraussetzungen rechtfertigt“. Zum Ausgleich sollten sensible Arten ausgewiesene Rückzugsräume erhalten und in ihrem Bestand durch Artenhilfsprogramme gestützt werden.
Konsens scheint weitgehend darüber zu bestehen, dass Die Regelungen zur Flugsicherung, durch die viele Windkraftprojekte blockiert sind, bundeseinheitlich angepasst werden sollen. Die Verbände hatten in ihrem Papier gefordert, dass der Prüfradius um Drehfunkfeuer gemäß internationalen Standards von 15 auf 10 Kilometer verringert werden sollte. Olaf Lies sieht darin allein für Niedersachsen ein Potenzial von 1 Gigawatt an neuen Windkraftanlagen.
Mindestabstände – Verunsicherung bleibt
Während sich die acht Verbände in ihrem Papier deutlich gegen pauschale Abstandsregelungen aussprechen, scheint gerade dieser Punkt auch nach dem Windgipfel politisch sehr umstritten zu sein. Der Baden-Württemberger Untersteller schloss pauschale Abstandsregeln aus, während FDP-Minister Pinkwart aus Nordrhein-Westfalen, wo im neuen Landeswindenergieerlass 1500 Meter Abstand zur Wohnbebauung empfohlen werden, weiterhin eine entsprechende Länderöffnungsklausel für das Baugesetzbuch des Bundes durchsetzen will. Ohne diese bundesweite Ermächtigung kann der Mindestabstand auf Landesebene von der NRW-Regierung nur empfohlen, aber rechtlich nicht verbindlich gemacht werden.
Olaf Lies aus Niedersachsen sagt, es gehe darum, „eine gesellschaftliche Akzeptanz und Begeisterung für Klimaschutz und Energiewende zu zeigen und zu entwickeln“, statt die Debatte Querulanten zu überlassen, die am lautesten schreien. In dem Zusammenhang wurde auch über die Forderung gesprochen, eine bundesweit einheitliche Regelung zur finanziellen Beteiligung der Kommunen an Windkrafterlösen einzuführen. Bislang gibt es solche verpflichtenden Abgaben und Beteiligungsoptionen nur in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern.
Sieht man vom Branchenverband BWE ab, waren Bürgerenergievereinigungen zu dem Treffen bei Altmaier nicht geladen worden. Sie machen weiterhin den Wechsel zum Ausschreibungssystem im EEG für die aktuelle Misere der Windenergie in Deutschland verantwortlich. Im Vorfeld des Windgipfels hatten sich das Bündnis Bürgerenergie (BBEn), der Landesverband Erneuerbare Energien NRW (LEE NRW) und der in Bonn ansässige internationale Windverband WWEA mit einer Studie zu Wort gemeldet. Basis ist eine über 2,5 Jahre laufende Befragung von Bürgerwindakteuren. Das Fazit in den Worten von WWEA-Generalsekretär Stefan Gsänger: „Weder wird der festgelegte Ausbaukorridor erreicht, noch erzielen die Auktionen kostengünstigere Ergebnisse, und auch die Akteursvielfalt hat seit Beginn 2017 stark gelitten.“ Die drei Verbände fordern unter anderem die Schaffung eines nicht-diskriminierenden Vergütungssystems jenseits von Ausschreibungen.
Im 10-Punkte-Konsenspapier der acht Verbände kommt solche grundsätzliche Kritik am Ausschreibungssystem hingegen nicht vor. Stefan Kapferer, Hauptgeschäftsführer des BDEW fordert: „Zum einen sollten die zuständigen Behörden die Vorschläge für eine schnellere Genehmigungspraxis rasch aufgreifen. Das gilt auch für das Thema Flugsicherung. Daneben sollte die Bundesregierung die Vorschläge zur Steigerung der Akzeptanz zügig umsetzen.“
Text + Foto: Guido Bröer