CDU positioniert sich vor dem Klimakabinett
Mit seinem Beschluss „Klimaeffizientes Deutschland – Mit Innovationen in die Zukunft“ will der Bundesvorstand der CDU laut eigener Aussage vor allem auf Anreize setzen. So sollen auch die Rahmenbedingungen für die Photovoltaik deutlich vereinfacht werden. Doch wie konkret der Ausbau erneuerbarer Energien auf mindestens 65 Prozent bis zum Jahr 2030 gelingen soll, darüber finden sich in dem 34-seitigen Klimakonzept der CDU kaum Hinweise.
„Dieser Beschluss ist die Aufforstung der CDU. Wir schließen heute eine Flanke“, erklärte Andreas Jung, der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU, bei der Vorstellung des Konzeptes, das er federführend mit erarbeitet hat. Mit dem Beschluss habe die CDU festgelegt, wie der Lückenschluss zwischen Zielen und bereits Erreichtem erfolgen kann. „Wir stellen heute ein Gesamtkonzept vor, mit dem wir schrittweise die Reduktion der CO2-Emissionen erreichen“, betont Jung.
„Wir wollen unseren Kindern eine intakte Umwelt hinterlassen“, betont Paul Ziemiak das Ziel des CDU-Beschlusses. „Wir wollen ihnen Spielräume hinterlassen. Und wir wollen ihnen eine intakte Wirtschaft hinterlassen.“ Dazu müsse man unterschiedliche Interessen ausgleichen und dürfe diese nicht gegeneinander ausspielen.
So betont das Konzept selbst: „Hohe Klimaschutzstandards dürfen nicht zu einem Wettbewerbsnachteil für energieintensive Unternehmen in Deutschland führen. Das muss etwa durch eine entsprechende Berücksichtigung beim Emissionshandel oder durch unterstützende Strompreiskompensation auch weiterhin in dem gesamten Prozess berücksichtigt werden.“ Was im Umkehrschluss aber bedeutet, dass vor allem weniger energieintensive Unternehmen, Kommunen und Privathaushalte die Kosten für den Klimaschutz tragen sollen.
Tempo für den Klimaschutz?
Deutschland brauche mehr Tempo beim Klimaschutz und einen Innovationsturbo, so die CDU, die dies mit Programmen, Anreizen und Entlastungen erreichen möchte. In einem zweiten Schritt solle dies durch die Bepreisung von Emissionen bei Gebäuden und im Verkehr mit dem Aufbau eines „Nationalen Emissionshandels Gebäude und Verkehr“ vorangetrieben werden. Dabei legt sich die CDU in ihrem Konzept offenbar auf einen Zertifikatehandel – ähnlich dem schon vorhandenen europäischen Zertifikatehandel für Treibhausgase fest. Dagegen präferiert die SPD eher eine C02-Steuer, die die Emissionen mit einer festen Summe verbinden würde. Ein Zertifikatehandel muss dagegen für eine Verknappung sorgen, um wirksame Preise zu erzielen. Die CDU möchte den Zertifikatehandel allerdings mit Mindest- und Höchstpreisen verknüpfen. Im Ergebnis ist dies eine Art Zwitter von marktwirtschaftlich gebildeten Preisen und festgesetzten Steuern bzw. Abgaben. Dies könnte die Tür zu einem Kompromiss mit der SPD in dieser Frage öffnen.
CO2-Bepreisung einführen
Zudem enthält auch der CDU-Vorschlag Elemente einer CO2-Steuer. Denn „um den CO2-Ausstoß als Maßstab durchzusetzen, müssen nicht-fossile Bestandteile von Kraftstoffen von der Energiesteuer befreit werden“. Und generell möchte die CDU der Energiesteuer nicht-fossile Energieträger künftig von der Besteuerung ausnehmen. Soweit das im Geltungsbereich der Energiesteuerrichtlinie erforderlich ist, will die Partei dazu in der EU initiativ werden.
Die durch die CO2-Bepreisung erzielten Einnahmen sollen auch dazu dienen, die EEG-Umlage stufenweise abschmelzen, „mit dem Ziel, sie vollständig abzuschaffen“, so die CDU: „Dabei beginnen wir mit den Belastungen, die durch die Umlage auf erneuerbare Energien, auf Eigenstromproduktion und auf die Produktion von Wasserstoff/Power-to-X und Landstrom für in Häfen liegende Schiffe entstehen.“
Mieterstrom attraktiv machen
Mieterstrom müsse attraktiver werden, erkenne die Christdemokraten an: „Wir wollen beim Mieterstrom steuerliche und regulatorische Hemmnisse für Vermieter beseitigen. Mittelfristiges Ziel muss die Schaffung eines faktisch anteiligen Eigenstromprivilegs der Mieter sein. Dazu gehört eine Reform bei Netzentgelten sowie Steuern und Umlagen, sowie mieterstromfreundliche Regelungen für die Nutzung erneuerbaren Stroms innerhalb des Gebäudeenergiegesetzes sowie Ansätze zur Förderung der Sektorenkopplung.“ Es dürfe auch nicht mehr einem Verlust der Inanspruchnahme der erweiterten Gewerbesteuerkürzung und der Körperschaftsteuerbefreiung kommen. „Wir wollen, dass energieerzeugende Anlagen, zum Beispiel stromgeführte Anlagen und Photovoltaik, in den Katalog der unschädlichen Nebentätigkeiten aufgenommen werden. Eine Ausdehnung des Katalogs um die Energieerzeugung setzt einen starken Anreiz für Investitionen in erneuerbare Energien beim Gebäudebestand.“
Gleichzeitig plant die CDU aber offenbar, das mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz etablierte System fester Einspeisevergütungen für kleine Anlagen zu verlassen. „Der Weg der erneuerbaren Energien von festen Vergütungen über marktwirtschaftliche Systeme bis hin zur Wettbewerbsfähigkeit muss konsequent weitergegangen werden.“ Unklar ist noch, ob eine Ausweitung des Ausbaus unterschiedlicher Erneuerbare-Energien-Technologien die Unterstützung der CDU finden wird. Sie erklärt lediglich: „Unter Beachtung der Kostenentwicklung prüfen wir eine Flexibilisierung der derzeit geltenden Deckel bei den erneuerbaren Energien.“
Windkraft als Akzeptanzproblem
Weiterhin wichtig scheinen der CDU auch größere Abstände von Windkraftanlagen zur Wohnbebauung zu sein. Sie erklärt: „Im Rahmen von Genehmigungsverfahren für Windenergieanlagen zeigen sich zunehmend erhebliche Akzeptanzprobleme. Hier gilt es, die Anliegen und Sorgen der Menschen ernst zu nehmen und somit auch die Akzeptanz der Betroffenen zu erhalten oder zurückzugewinnen. Deshalb prüfen wir alle Maßnahmen, die einen Beitrag zu mehr Akzeptanz leisten können wie Mindestabstände und Verbesserungen in Planungsverfahren.“
Erleichtern will die CDU die Nutzung von sonst abgeregeltem Strom aus EE-Anlagen. „Bevor in Zeiten erhöhter Stromproduktion erneuerbare Energien (EE)-Anlagen abgeschaltet werden müssen, wollen wir diese für Power-To-Heat-Anwendungen in Privathaushalten und Wärmenetzen nutzen. Dafür wollen wir die Nutzungsentgelte und EEG-Umlage für Strom, der in diese Anwendungen fließt, abschaffen.“ Es wird hier sicherlich auch davon abhängen, wie die CDU dies konkret ausgestalten möchte. Denn Privathaushalte müssten mit entsprechender Kommunikationstechnik ausgestattet werden. Sonst könnte sich daraus vor allem eine Wiederbelebung von Speicherheizungen herleiten, die nicht unbedingt an Nachtstrom gekoppelt wären.
Keine Vorschriften
Ordnungsrechtliche Vorgaben, etwa erweiterte Vorschriften für effiziente Gebäude und Heizungen, finden sich im CDU-Konzept nicht. Stattdessen soll eine „Klimaprämie“ private Investitionen zur Emissionsreduktion fördern. Es soll dadurch einen Steuernachlass für Aufwendungen zur Reduzierung von Emissionen im eigenen Haushalt geben: "ob bei klimafreundlichen Investitionen in die eigenen vier Wände, bei Investitionen für klimafreundliches Heizen, bei energieeffizienten Haushaltsgeräten, beim Anschluss an ein Wärmenetz oder beim Schnellladeanschluss für das E-Auto".
Um die Klimaziele im Gebäudebereich zu erreichen, müsse das Austauschtempo bei alten Heizungsanlagen verdoppelt werden, sagt die CDU. „Mit einer Abwrackprämie in Höhe von mehreren tausend Euro müssen wir einen Schub beim Austausch von ineffizienten Heizungsanlagen erreichen, um in der Wärmeversorgung mehr Anreize für Klimaschutz zu setzen.“ Die Höhe der Abwrackprämie als auch die künftige staatliche Förderung sollen sich dabei stringent am CO2-Ausstoß orientieren.
BEE zum Klimakonzept
Simone Peter, die Präsidentin des Bundesverbandes Erneuerbare Energien (BEE) erklärt zum Konzept: „Die CDU hat das im Koalitionsvertrag festgeschriebene Ziel, den Anteil Erneuerbarer Energien im Stromsektor bis 2030 auf 65 Prozent zu erhöhen, heute noch einmal bekräftigt. Leider versäumt sie es, die bestehenden Deckel und Marktverzerrungen zulasten sauberer Energien zu beseitigen und sich ohne Wenn und Aber zu einer beschleunigten Energiewende zu bekennen.“ Der Beschluss der CDU reicht dem BEE nicht aus. „So lassen sich noch keine wirksamen Impulse erkennen, die für die Wärme- und Mobilitätswende dringend benötigt werden“, sagt Peter: „Weiterhin sieht die CDU offenbar sogar vor, den Einbau fossil befeuerter Ölheizungen staatlich zu fördern, was klimapolitisch völlig kontraproduktiv ist. Die Benennung vieler einzelner kleiner Maßnahmen entbehrt noch einer stringenten Planung, um bei Gebäuden und im Verkehr endlich zu größeren CO2-Einsparungen zu kommen. Das muss das Klimakabinett liefern.“
UnternehmensGrün contra Emissionshandel
Der Unternehmerverband UnternehmensGrün warnt vor der Einführung eines Emissionshandels nach dem Konzept der CDU. Die Erfahrungen in Europa zeigten, dass die Emissionszertifikate nur langfristig wirken, aber sofort zu einem Preisanstieg für Verbraucherinnen und Verbraucher führen. Mit dem Emissionshandel für Verkehr und Wärme setze die CDU auf das falsche Pferd, erklärt Klaus Stähle, Vorstand von UnternehmensGrün. Der von der CDU angedachte Handel mit Emissionszertifikaten unterliege weitreichenden gesetzlichen Voraussetzungen, die nicht gegeben seien. Stähle: „Ein nationaler Zertifikatehandel setzt eine jahrelange Einführungsphase voraus. Es dauert einfach zu lange, bis dieser Handel funktioniert und CO2-Emissionen tatsächlich verknappt werden.“
Stähle weist außerdem darauf hin, dass nach Einschätzung von UnternehmensGrün ein nationaler Emissionshandel nach dem Konzept der CDU zu Öko-Dumping bei den Importen führen würde. „Wenn Produkte im Ausland unter hohem CO2-Ausstoß produziert werden, dann lässt sich das im nationalen Emissionshandel nicht abbilden. Auch die CDU hat keine Antwort darauf, wie sie diesen Effekt im grenzüberschreitenden Handel in den Griff kriegen will.“
17.9.2019 | Autor: Andreas Witt | solarserver.de © EEM Energy & Environment Media GmbH