Blockchain: Instrument der Energiewende?

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Die „Blockchain“ ist Ergebnis oder auch Voraussetzung der Digitalisierung von Geschäften. Auch für die Energiewende versprechen die Entwickler von Blockchains positive Impulse, zum Beispiel für den Handel mit Solarstrom in der Nachbarschaft. Doch noch ist unklar, wie die Rahmenbedingungen dafür gestaltet sein werden. Die Bundesregierung hat nun ihren strategischen Ansatz vorgelegt. Die ersten Energieversorger experimentieren […]

Die „Blockchain“ ist Ergebnis oder auch Voraussetzung der Digitalisierung von Geschäften. Auch für die Energiewende versprechen die Entwickler von Blockchains positive Impulse, zum Beispiel für den Handel mit Solarstrom in der Nachbarschaft. Doch noch ist unklar, wie die Rahmenbedingungen dafür gestaltet sein werden. Die Bundesregierung hat nun ihren strategischen Ansatz vorgelegt.
Die ersten Energieversorger experimentieren mit der Blockchain-Technologie oder auch blockchainähnlichen Verfahren. So haben zum Beispiel die Wuppertaler Stadtwerke (WSW) gemeinsam mit der  Schweizer Energiehändlerin Axpo bereits him Jahr 2017  einen Blockchain-basierten Handelsplatz für Ökostrom in Betrieb genommen. Auf dem Handelsplatz „Tal.Markt“ können Kunden nach Aussage er Stadtwerke ihren Strom bei lokalen Ökostromanbietern erwerben und ihren Energiemix selbst zusammenstellen. Jede Transaktion wird über die Blockchaintechnologie fälschungssicher ausgeführt. So soll sichergestellt werden, dass keine Kilowattstunde Solar- oder Windstrom doppelt verkauft werden kann. Die Wuppertaler Stadtwerke sind Betreiber der Handelsplattform und übernehmen die energiewirtschaftliche Abwicklung. Umgesetzt wird das Projekt mit Axpo. Das Unternehmen entwickelte neben dem Konzept auch die IT-technische Infrastruktur und betreibt diese für die WSW.

Blockchain nicht gleich Blockchain

Doch Blockchain ist nicht gleich Blockchain, wie an diesem Projekt deutlich wird. Bekannt wurde die Blockchain vor allem durch die Internetwährung Bitcoin, die vereinfacht gesagt durch sehr viel Rechenleistung erzeugt wird – dabei ist von Mining der Währung die Rede. Um bei einer solchen Blockchain einerseits für Anonymität, andererseits aber für Vertrauen in diese Währung zu sorgen, sind sehr viele Computer an den unterschiedlichsten Teilen der Welt in Betrieb. Und dies ist auch mit einem entsprechenden Energieverbrauch verbunden. Eine Blockchain in dieser Form macht daher auch den Einsatz für die Energiewende, insbesondere für den privaten Handel weniger Kilowattstunden, fragwürdig. Denn was soll es nutzen, wenn ein privater Erzeuger an den Nachbarn über eine Blockchain ein paar Kilowattstunden verkauft, weltweit aber nur für die Transaktion ebenfalls ein paar Kilowattstunden verbraucht werden.

Projekte wie das der WSW setzen daher bei ihrer „blockchain-ähnlichen“ Technologie auf Verfahren, die in zentralen Rechenzentren ablaufen. Das spart Energie, vollständige Anonymität kann damit aber nicht gewährleistet werden – und soll es auch nicht.

Strategiepapier der Bundesregierung

In dieser Woche hat das Bundeskabinett seine Blockchain-Strategie verabschiedet. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) und das Bundesministerium der Finanzen (BMF) haben sie unter Einbeziehung der übrigen Ressorts erarbeitet. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier erklärt „Die Potenziale der noch jungen Blockchain-Technologie sind hoch. Deutschland ist dabei weltweit unter den führenden Standorten. Mit der Blockchain-Strategie wollen wir dazu beitragen, diesen Vorsprung zu halten und auszubauen. Ein Fokus liegt dabei im Energiebereich. Hier können wir doppelt punkten, indem wir in Pilotprojekten die Chancen der Blockchain-Technologie nutzen und gleichzeitig die Digitalisierung der Energiewende vorantreiben.“

Digitalisierung der Energiewende

Dabei denkt Altmaier auch an das  Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende, das die Voraussetzungen für Smart Grid, Smart Meter und Smart Home in Deutschland schaffen soll und in dessen Zentrum die Einführung intelligenter Messsysteme steht. Eine Zielsetzung dabei ist es auch, wie die Vielzahl von Stromerzeugern und -verbrauchern künftig besser gesteuert und synchronisiert werden kann. Die Bundesregierung will dafür offenbar die Blockchain oder blockchain-ähnliche Verfahren nutzen.

In ihrem Strategiepapier erklärt die Regierung, zur Klärung und Erschließung des Potenzials der Blockchain-Technologie und zur Verhinderung von Missbrauchsmöglichkeiten sei ihr Handeln gefordert. „Insbesondere mit Blick auf die Klimaschutz- und Nachhaltigkeitsziele der Bundesregierung ist ein sorgfältiges Abwägen der Potenziale und Risiken notwendig.“ Sie verweist auf den wachsenden Handel von Bitcoin und den damit verbundenen massiven Stromverbrauch.

Laut Aussage der Regierung will sie einen  fairen Wettbewerb ermöglichen: Es sei ihr zentrales Anliegen, ein Level-Playing-Field für sämtliche Technologien zu schaffen. Das Prinzip der Technologieneutralität sei handlungsleitend. „Bestehende Hindernisse zur Entwicklung und Anwendung von Technologien werden aus dem Weg geräumt, soweit sich dies mit den grundlegenden Zielsetzungen der bestehenden Gesetze vereinbaren lässt.“

Handlungsfelder

Bis Ende 2021 will die Die Bundesregierung Maßnahmen  fünf Handlungsfeldern ergreifen, um die Chancen der Blockchain-Technologie zu nutzen und ihre Potenziale zu mobilisieren. So will sie Gesetzentwurf zur Regulierung des öffentlichen Angebotes bestimmter Krypto-Token (Währungen) veröffentlichen. Im Energiesektor soll eine blockchain-basierte Energieanlagenanbindung an eine öffentliche Datenbank pilotiert werden.

Nachhaltigkeitsbezogene Anforderungen sollen zu einem wichtigen Entscheidungskriterium bei der Umsetzung staatlich geförderter oder initiierter Projekte im Bereich Blockchain-Technologie gemacht werden. 

Nach Aussage der Regierung hat eine  Online-Konsultation ergeben, dass es in der Energiewirtschaft verschiedene Anwendungsfälle für Blockchain-Technologien gibt, bei denen die Technologie Mehrwert schaffe. Das reiche von Preisgestaltung über Anbieterwechsel bis zur Ausgestaltung von Prosumer-Rollen. Insgesamt schätzten die Konsultationsteilnehmer das Potenzial der Blockchain-Technologie für die Energiewende als bedeutend ein. Zugleich seien besonders im Rahmen energiewirtschaftlicher Anwendungen die Gesamteffizienz und damit insbesondere die Energieeffizienz in den Blick zu nehmen. Denn mit derzeit verbreiteter Blockchain-Technologie könne ein erheblicher zusätzlicher Strom- und Ressourcenverbrauch einhergehen.

Steuerung von Energieanlagen

Bereits im Mai 2019 hatte die Bundesregierung die Machbarkeitsstudie „Blockchain-basierte Erfassung und Steuerung von Energieanlagen mithilfe des Smart-Meter-Gateways“ in Auftrag gegeben. Die Ergebnisse sollen Ende dieses Jahres veröffentlicht werden. „Gestützt durch den vor kurzem erfolgten, positiven Zwischenbericht haben die Vorbereitungen für eine Pilotierung einer Blockchain-basierten Energieanlagenanbindung an eine öffentliche Datenbank bereits begon- nen“, berichtet die Regierung. Die Projektphase werde – vorbehaltlich einer positiven Endbewertung der Machbarkeit – voraussichtlich 2020 beginnen. Auf dieser Grundlage sollen erste valide Erkenntnisse, aus denen sich Handlungsempfehlungen ableiten lassen können, gewonnen werden. 


dena begrüßt Strategie
   
Die Deutsche Energie-Agentur (dena) begrüßt die Blockchain-Strategie der Regierung. Die darin enthaltenen Maßnahmen könnten den Einsatz der Blockchain-Technologie für die Energiewende maßgeblich voranbringen. Die Technologie biete beste Voraussetzungen für den Austausch, die Validierung und die Dokumentation wertvoller Daten in einem integrierten Energiesystem. Andreas Kuhlmann, Vorsitzender der dena-Geschäftsführung erklärt: „Die Technologie eignet sich sehr gut, um im Spannungsfeld aus Datenschutz, Datentransparenz und Datensicherheit tragfähige Lösungen zu entwickeln, auch für die Energiewende. Wo sie in der Energiebranche das Rennen machen wird, werden die geplanten Pilotvorhaben zeigen.“

Das Fraunhofer Blockchain-Labor begrüßt ebenfalls die Blockchain-Strategie der Bundesregierung. „Blockchain ist eine sehr geeignete Technologie, um Vertrauen zu schaffen, sagt Prof. Wolfgang Prinz,  Mitbegründer des Fraunhofer Blockchain-Labors und stellv. Institutsleiter des Fraunhofer-Instituts für Angewandte Informationstechnik FIT: „Die Blockchain-Technologie als Vertrauensgarant für die Korrektheit und Revisionssicherheit von Transaktionen oder beispielsweise von Datenflüssen ist ein Stützpfeiler bei der Digitalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft.“

 
20.9.2019 | Autor: Andreas Witt  | solarserver.de © EEM Energy & Environment Media GmbH

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