Von der alten Scheune zum Sonnenhaus
Erster Spatenstich war im Oktober 2016 und nach drei Jahren Bauzeit konnte das innovative Projekt jetzt erfolgreich abgeschlossen werden.
So wie bei anderen Gebäuden, die dem Sonnenhaus-Konzept folgen, wird bei der umgebauten Scheune dessen gesamter Energiebedarf (Wärme, Warmwasser und Strom) weitgehend durch die Sonne gedeckt. Die Umnutzung und Wiederbelebung des bisher brachliegenden, denkmalgeschützten Gebäudes trägt damit zur Begrenzung des Flächenverbrauchs und zum Erhalt von landwirtschaftlicher Nutzfläche und natürlichen Lebensräumen bei.
Herzstück des Gebäudes ist ein thermischer Langzeitspeicher mit einem Wasservolumen von 12.690 Litern. Dieser wurde bereits am 15. Juni 2017 in einer spektakulären Aktion in die Gebäudehülle eingehoben. Der Speicher ist in der Lage, etwa 1.000 kWh Energie in Form von Wärme zu speichern. Diese wird mit Hilfe von Kollektoren auf der Richtung Süden liegenden Dachfläche gewonnen und steht dann bis weit in den Winter hinein zur Verfügung.
Die im Januar und Februar nötige, geringfügige Nachheizung wird durch einen wassergeführten Kaminofen mit Stückholz sichergestellt. Eine Besonderheit ist, dass die dafür nötige Holzmenge von ca. zwei bis drei Raummetern pro Jahr (im Energiegehalt vergleichbar mit ca. 200 L Heizöl) klein genug ist, um sie auf dem zum Hof gehörenden Grundstück zu gewinnen.
Die Sonnenscheune ist somit in Punkto Wärmeversorgung zu 100 Prozent unabhängig. Die sommerlichen Wärmeüberschüsse werden zukünftig auf die anderen Gebäude des historischen Gebäudeensembles übertragen und gehen dadurch nicht verloren, sondern führen zu weiteren Energieeinsparungen bei den dort verbauten, noch herkömmlichen Heizungsanlagen.
Neben Wärme wird auf dem Dach der Scheune auch Strom gewonnen, der in einer ausreichend dimensionierten Batterie ebenfalls vor Ort gespeichert und verbraucht wird. Über eine vorhandene Ringleitung wurden alle Gebäude des Vierseithofes vernetzt und an die Versorgung mit Eigenstrom angeschlossen. Die Stromversorgung des Hofes erfolgt jetzt zu rund 70 Prozent durch den selbst erzeugten Strom. Die Scheune wird dadurch zur erneuerbaren Energiequelle für den gesamten Hof.
Denkmalschutz schonend umgesetzt
Das Fachwerk in der Nordwand und Teilen der Südwand der Scheune wurde in historischer Bauweise mit zimmermannsmäßigen Verbindungen (Zapfen, Blätter und Holznägel) rekonstruiert, ausgestakt und mit Strohlehm ausgefacht. Die Giebel, ein Gewölbekeller sowie Teile von Sandsteinmauern wurden erhalten und saniert. Der Dachstuhl wurde mit Hilfe eines innovativen Reinigungsverfahrens schonend mit einem Druckstrahl aus gefrorenem Kohlendioxid (Trockeneis) gereinigt. Für den Bau des passiven Innenhauses (Haus-in-Haus) im denkmalgeschützten Bestand wurden vorwiegend nachhaltige und ökologische Baustoffe wie Holz, Lehm und Glasschaum eingesetzt, die auch für ein angenehmes Raumklima sorgen.
Das Innenhaus im Passivhaus-Standard zeichnet sich durch eine hohe Luftdichtheit aus und verfügt über eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung und einem Wirkungsgrad von mehr als 90 Prozent. Das Lüftungsgerät fördert bedarfsgerecht zwischen 70 und 460 Kibikmeter frische Luft pro Stunde.
Die Projektumsetzung erzielt zahlreiche Synergieeffekte in der lokalen Umgebung. Zum Beispiel konnten im Zuge der Zuführung eines gigabitfähigen Breitbandanschlusses über Glasfaser (Fibre-to-the-home) in Kooperation mit der Gemeinde Treben und der Firma Drahtlos-DSL GmbH Mittelsachsen die Ortschaft Plottendorf und Teile von Trebanz an das schnelle Internet angeschlossen werden. Per Richtfunk werden seit Mitte 2017 auch die Ortschaften Fockendorf und Pahna von Plottendorf ausgehend mit schnellem Internet versorgt.
Die Revitalisierung einer bestehenden Scheune zu einem energieautarken Wohnhaus ist ein Beispiel für eine zukunftsorientierte nachhaltige Entwicklung im ländlichen Raum. Die Sonnenscheune kombiniert beispielhaft die Sicherung historischer Bausubstanz mit einer modernen ökologischen Bauweise, dem Einsatz erneuerbarer Energien und trägt dazu bei, den Flächenverbrauch zu begrenzen.
Der Freistaat Thüringen und die Europäische Union beteiligen sich an diesem Projekt im Rahmen der ELER-Förderung.
Weitere Informationen: www.vierseithof-plottendorf.de
Die Sonnenscheune im Detail:
Zu beheizende Grundfläche: 292,5 Quadratmeter
Wohnfläche: 238 Quadratmeter
Gebäudenutzfläche nach EnEV: AN = 376,1 Quadratmeter
Jahresheizwärmebedarf: pro Jahr 14.174 kWh
Primärenergiebedarf pro Jahr: 13,4 kWh je Quadratmeter
Solarthermie-Heizanlage
Kollektorfläche (dachintegriert) mit 50 Grad Neigung bei Südausrichtung minus 5 Grad: 68 Quadratmeter
Speicher: 12.690 Liter als Schichtenspeicher
Solarer Deckungsgrad: 84 Prozent (berechnet)
Heizsystem: 25 kW wasserseitig, Powall Vario K
Brennstoffbedarf: 2 bis 3 Raummeter Buchenholz
Solarstrom-Anlage
Dachintegriere Photovoltaikmodule: 9,86 kWp
Batteriespeicher (Nennkapazität): 19,6 kWh
Einspeisung: Keine, Betrieb als Inselanlage
Dämmsystem
Boden: Glasschaumschotter und Holzweichfaser
Wände und Decken: Holzständerwand mit Einblasdämmung
20.9.2019 | Quelle: Sonnenhaus-Institut e.V. / Hofgut Erler GbR | solarserver.de © EEM Energy & Environment Media GmbH