Klimaschutzpläne nicht ausreichend

Foto: Birgit Seifert / stock.adobe.com
Vertreter von Verbänden und Unternehmen der erneuerbaren Energien kritisieren die Ergebnisse des Klimakabinetts harsch. Beim Ausbau der Erneuerbaren gäbe es keinerlei Fortschritte, so die Einschätzung.

Die Reaktionen auf die vergangenen Freitag vom Klimakabinett beschlossenen Eckpunkte zum Klimaschutz aus der Sicht der erneuerbaren Energien fallen überwiegend negativ aus. Positiv äußern sich Vertreter von Verbänden über den geplanten höheren Zubau von Meeres-Windparks. „Zu begrüßen ist auch die Aufhebung des 52 GW-Deckels bei der Photovoltaik“, sagt Marie-Luise Wolff, Präsidentin des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW). Dass sich die Koalition endlich dazu durchringen konnte, Energiespeicher von bestehenden Umlagen zu befreien, sieht die BDEW-Präsidentin ebenfalls positiv.

Doch damit ist es mit den wohlmeinenden Äußerungen auch schon vorbei. Das Gesamtpaket fällt durch. „Dieses Klimapaket ist erschreckend kraft- und mutlos. Insbesondere die vorgeschlagene CO2-Bepreisung ist ein schlechter Scherz: Die 10 Euro pro Tonne CO2 entfalten keinerlei Lenkungswirkung, und die jährliche Anhebung ist so homöopathisch, dass das kaum mehr als die Inflationsentwicklung ist“, so Patrick Graichen, Direktor Agora Energiewende. „Auch bei dem Ausbau der Erneuerbaren gibt es keinerlei Fortschritte – im Gegenteil werden die Bedingungen für Windkraftanlagen verschlechtert. So werden die 2030-Klimaschutzziele definitiv nicht erreicht.“

Auch Thomas E. Banning, Vorstandsvorsitzender der Naturstom AG, kritisiert die geplante CO2-Bepreisung. Er weist darauf hin, dass die Einführung des vereinbarten Emissionshandels erst 2021 starten werde und dann mit lächerlich geringen Preisen beginne. Zudem sei die enthaltene Obergrenze von 60 Euro im Jahr 2026 für die Zertifikate vollkommen widersinnig: „Der Ausstoß von CO2 verursacht laut Umweltbundesamt Umwelt- und Gesundheitsschäden von rund 180 Euro pro Tonne. Der Beginn mit einem Zertifikatspreis von 10 Euro ist da in keinster Weise angemessen – aktuell zahlen Industrieunternehmen, die am europäischen CO2-Zertifikatehandel teilnehmen müssen, schon an die 30 Euro. Die meisten Vorschläge im Vorfeld haben einen CO2-Preis von mindestens 35 Euro pro Tonne als angemessen für den Start genannt, diese Höhe soll nun erst 2025 erreicht werden“, kritisiert Banning. „Es drängt sich der Eindruck auf, dass an schnellen Änderungen überhaupt kein Interesse besteht, sondern man eigentlich nur einen billigen Weg sucht, mit denen man die Forderungen der Bürgerinnen und Bürger sowie der Wissenschaft abwehren kann.“

Wenn die Bundesregierung schon auf einen Zertifikatehandel setze, müssten die Preise der Kostenwahrheit entsprechen und dürften nicht künstlich gedeckelt werden. „Ich frage mich: wie bitte soll ein gewünschter Umstieg auf Elektrofahrzeuge erfolgen, wenn nach wie vor die Preise für Benzin und Diesel niedrig gehalten werden? Und wie sollen die völkerrechtlich eingegangenen Ziele erreicht werden, wenn weiterhin Öl und Gas zum Heizen von Gebäuden verbrannt werden?“, fragt Banning. Es hätte einen Beschluss benötigt, der die Nutzung von Öl zur Heizung massiv verteuert, so dass der zügige Umstieg auf Alternativen für die Bürger auch wirtschaftlich auf der Hand liegt. Auch ein Eingriff in das Bauordnungsrecht wäre angemessen, damit Gemeinden Anschlusszwang an regenerativ betriebene Nahwärmenetze nicht nur beschließen können, sondern im Interesse des Klimaschutzes beschließen müssen.

BEE-Präsidentin Simone Peter sieht sogar die Versorgungssicherheit gefährdet. „Das Klimakabinett kann nicht schlüssig darlegen, wie die Energieversorgung künftig aufgestellt und die Versorgungssicherheit gewährleistet sein soll. Die Annahmen gehen von einem deutlich zu niedrigen Stromverbrauch aus, da der Bedarf an sauberem Strom durch Power-to-X, Elektromobilität und Erneuerbarer Wärme steigen wird.“ Mit den Ankündigungen wird das 65%-Ausbauziel zur Makulatur befüchtet die BEE-Präsidentin. Im Stromsektor sieht die Bundesregierung gar keine CO2-Bepreisung jenseits des Europäischen Emissionshandels vor. Da dieser nur einen kleinen Bruchteil der CO2-Kosten abdeckt, bleiben die Wettbewerbsvorteile für fossile Energieträger bestehen – allen Klimaschutzbeteuerungen zum Trotz. „Es droht eine Ökostromlücke, die den Industriestandort Deutschland bedroht“, so Peter.

23.9.2019 | Quelle: BDEW, BEE, Agora Energiewende, Naturstrom AG | solarserver.de © EEM Energy & Environment Media GmbH

Schließen