Regierungspuzzle für den Klimaschutz

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Solarthemen 520. Das in der vergangenen Woche beschlossene Klimaschutzprogramm der Regierung enthält neben der umstrittenen CO2-Bepreisung ei­ne Rei­he von weiteren Maßnahmen, die die erneuerbaren Energien vo­ran­brin­gen können – was aber stark von den weiteren Konkretisierungen abhängt. Erste werden nun durch einen Referentenentwurf aus dem Finanz­minis­te­rium geboten.
Den am 10. Oktober von Finanzminister Olaf Scholz vorgelegten Referentenentwurf für ein „Gesetz zur Umsetzung des Klimaschutzprogramms 2030 im Steuerrecht” wollte er bereits am gestrigen Mittwoch im Bundeskabinett beschließen lassen (nach Redaktionsschluss). Damit sollen u.a. die steuerliche Förderung von energetischen Sanierungen sowie eine neue Einnahmequelle für Windkraft-Kommunen eine rechtliche Grund­lage erhalten. Steuerliche Förderung Bereits in ihren Klimaschutz-Eckpunkten und auch im Klimaschutzprogramm 2030 ist die steuerliche Förderung energetischer Sanierungen vorgesehen. Der Referentenentwurf sieht sie für Einzelmaßnahmen vor. Dazu zählen zum Beispiel neue Heizungsanlagen, Fenster und die Dämmung von Wänden und Dächern. 20 Prozent von den Investitionskosten sollen Haus­eigentümer, die das Gebäude selbst bewohnen, auf einfachem Weg erstattet bekommen, nämlich als direkte Steuerminderung, verteilt auf drei Jahre. Im Investitionsjahr und im darauf folgenden würde das Finanzamt die Steuerschuld um je 7 Prozent der Investitionssumme mindern, im übernächsten Jahr um weitere 6 Prozent. Maximal 20.000 Euro sollen je Gebäude abgesetzt werden können. Allerdings wird die steuerliche Förderung auch an Bedingungen geknüpft. So dürfen keine anderen öffentlichen Förderprogramme für die Maßnahmen in Anspruch genommen werden. Das im Europäischen Wirtschaftsraum gelegene Gebäude muss zudem das komplette Jahr selbst bewohnt werden. Ein Fachhandwerker muss die Sanierungsarbeiten ausführen und eine deutschsprachige Rechnung ausstellen. Das Gebäude muss mindestens 10 Jahre alt sein. Voraussichtlich wird es sich in vielen Fällen eher lohnen, die angekündigte höhere Förderung durch die künftige Bundesförderung Effiziente Gebäude (BEG) zu nutzen (siehe auch Solarthemen+plus vom 4.10.2019). Zudem ist noch nicht klar, ob die Länder dieses Mal einer steuerlichen Förderung zustimmen. Denn diese würde auch sie belasten. Am 11. Oktober hat der Bundesrat die Bundesregierung bereits auf­gefor­dert, möglichst rasch ein Finanztableau vorzu­legen und darin darzulegen, in wel­chem Umfang sich aus dem geplanten Maßnahmenpaket im Einzelnen finanzielle Belastungen für die Haushalte von Ländern und Kommunen ergeben werden. In diesem Zusammenhang verweisen die Länder auf die Einnahmen aus der CO2-Bepreisung. Sie erwarten offenbar, dass der Bund einen sehr deutlichen Anteil an den steuerlichen Ausfällen übernimmt. In den vergangenen Jahren war die steuerliche Förderung der energetischen Sanierung immer wieder ein Streitthema gewesen. Bund und Länder konnten sich nicht einigen. Windprämien für Kommunen Konkretisiert wird im Referentenentwurf auch, wie Gemeinden künftig finanziell von Windkraftanlagen profitieren sollen. Anders als im Klima­schutz­­programm angekündigt, di­ffe­- ren­ziert der Entwurf aber nicht danach, ob eine Kommune kürzere Abstände von Windkraftanlagen zu Wohn­gebieten ermöglicht. Laut Kabinettsbeschluss sollen Kommunen mit geringeren Abständen finanziell stärker profitieren als solche, die den neu vorgesehenen Mindestabstand von 1000 Metern bzw. die in Bayern geltende 10-H-Regelung einhalten. Das Finanzministerium will es Gemeinden ermöglichen, Grundbesitz, den sie als „Sondergebiet für Windenergieanlagen” ausweisen, mit einem höheren Hebesatz für die Grundsteuer zu belegen. Im Referentenwurf wird erklärt: „Die genaue Bezeichnung der land- und forstwirtschaftlichen Flächen sowie des Grundvermögens und deren Lage im Sondergebiet, auf das sich der gesonderte Hebesatz bezieht, sind jeweils nach den Verhältnissen zu Beginn eines Kalenderjahres von der Gemeinde zu bestimmen, in einer Karte nachzuweisen und im Wege einer Allgemeinverfügung öffentlich bekannt zu geben.” Darüber hinaus könnten die Kommunen auch von einer Initiative des Bundesrates profitieren. Die Bundesregierung hat bereits zugesagt, den Vorschlag zu prüfen. Er soll dazu dienen, Standortgemeinden von Wind- und Solarstromanlagen deutlich höher an den Gewerbesteuereinnahmen zu beteiligen. Zwar gibt es bereits eine anteilige Beteiligung, die nicht nur den Kommunen zugute kommen soll, wo sich der Sitz des Betreibers befindet. Doch meist kommt bei den Gemeinden, wo die Windkraftanlagen stehen, aufgrund der Abschreibungen nicht viel von den Steuereinnahmen an. Die Länder wollen die Berechnungsbasis ändern. Sie richtet sich derzeit nach den Buchwerten der Windkraftanlagen. Stattdessen, so die Länder, solle deren Leistung zum Maßstab gemacht werden. Wärmenetze fördern Besondere Aufmerksamkeit haben in der Öffentlichkeit die CO2-Bepreisung und die damit verbundenen vorgesehenen Entlastungen (Senkung von Stromkosten, Erhöhung von Entfernungspauschalen sowie Änderungen beim Wohngeld) erfahren. Doch das Klimaschutzprogramm enthält eine Reihe von weiteren Maßnahmen, die für die erneuerbaren Energien wichtig sein können. So sollen Wärmenetze dekarbonisiert und auf erneuerbare Energien umgestellt werden. Dazu will die Regierung das Förderprogramm „Wärmenetzsysteme 4.0” weiterentwickeln. Ebenso wie bei der Förderung der energetischen Sanierung wird es auch hier darauf ankommen, die neuen Fördersysteme bald zu etablieren. Denn sonst führt dies gerade nicht zum beabsichtigten Aufbruch, sondern zum Abwarten der möglichen Investoren. Angekündigt hat die Regierung ein erweitertes Förderprogramm, das auch Anreize zur Transformation von Bestandswärmenetzen leisten soll. In diesem Zusammenhang nennt die Regierung im Programm eine „Wärme-Umlage”, die sie als „marktwirtschaftlich orientierte Förderung” definiert, die jedoch eine neue gesetzliche Grundlage erfordere. Es bleibt abzuwarten, wie die Regierung diesen neuen Ansatz ausgestalten wird. Maßnahmen zur Wärmenetzplanung sollen auch im Zuschussprogramm „Energetische Stadtsanierung” stärker berücksichtigt werden. Prozesswärme voranbringen Mit einem neuen Investitionsprogramm will die Regierung auch Energieeffizienz und Prozesswärme aus erneuerbaren Energien in der Wirtschaft fördern. Es soll fünf bisher bestehende Förderprogramme bündeln, die auf hocheffiziente Querschnittstechnologien, klimaschonende Produktionsprozesse, Abwärmevermeidung und -nutzung, Energiemanagementsysteme und erneuerbare Prozesswärme ausgerichtet sind. Auch hier schwebt der Regierung – wie bei der künftigen Breitenförderung – ein „One-Stop-Shop“ vor. Es sollen insbesondere Investitionen in Maßnahmen gefördert werden, „die auf komplexere und stärker auf eine systemische energiebezogene Optimierung der Produktionsprozesse ausgerichtet sind”. Energieberatung Bisher wird die geförderte „Energieberatung für Wohngebäude” noch selten in Anspruch genommen. Diese umfassende Beratung konkurriert auch mit weniger umfangreichen Beratungen, die deutlich weniger kosten (und weniger leisten). Die Regierung plant, den Zuschuss für diese aufwändigen Beratungen von 60 auf 80 Prozent zu erhöhen. Zu bestimmten Anlässen, zum Beispiel einem Eigentümerwechsel, will sie die Beratungen laut Klimaprogramm obligatorisch machen. Diese Verpflichtung zur Beratung will sie im Zuge des Gebäudeenergiegesetzes und dies möglichst noch im Jahr 2019 einführen. Elektromobilität Im Jahr 2030 sollen laut Klimaschutzprogramm 7 bis 10 Millionen Elektrofahrzeuge in Deutschland zugelassen sein. Um dies zu erreichen, sollen u.a. die steuerliche Förderung verlängert und Elektrofahrzeuge, die weniger als 40.000 Euro kosten, stärker bezuschusst werden. Im Entwurf für das „Gesetz zur steuerlichen Förderung der Elektromobilität” ist bereits eine Sonderabschreibung für Lieferfahrzeuge vorgesehen. Sie soll im Jahr der Anschaffung zusätzlich zur üblichen linearen Abschreibung bei 50 Prozent innerhalb eines Jahren liegen. Während das Finanzministerium dies nur für leichte Nutzfahrzeuge gewähren wollte, hat sich der Bundesrat dafür ausgesprochen, auch elektrisch betriebene Fahrzeuge über 7,5 Tonnen zu berücksichtigen. Die Regierung hat kürzlich zugesagt, dies zu prüfen. Abfall statt Biomasse Laut dem Klimaschutzprogramm 2030 plant die Regierung Änderungen bei der Förderung der Bioenergie. Sie verweist darauf, dass eine Ausweitung der Anbauflächen für Bioenergie nicht zu erwarten sei und aufgrund von Flächenrestriktionen nicht in Betracht komme. Daher soll die Erzeugung von Bioenergie künftig stärker auf Abfall- und Reststoffen basieren. Wie die Regierung dies erreichen möchte, hat sie noch nicht näher erläutert.

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