Klimapaket-Kompromiss zementiert Blockade der Bürgerenergie

Hans-Josef Fell vor seinem Ökohaus in Hammelburg.Foto: Guido Bröer
Hans-Josef Fell
Der ehemalige Bundestagsabgeordnete Hans-Josef Fell, einer der Mütter und Väter des EEG, hat den Kompromiss des Vermittlungsausschusses aus Bundestag und Bundesrat zum Klimapaket analysiert. Das Ergebnis: Was vordergründig positiv für den Klimaschutz erscheint, entpuppt sich bei näherem Hinsehen als kontraproduktiv für den Klimaschutz.

Laut Hans-Josef Fell erscheint der neu vereinbarte CO2-Preis von 25 Euro die Tonne nur vordergründig positiv für den Klimaschutz, weil er deutlich höher ist als im ursprünglichen Beschluss der Bundesregierung. Die Mehreinnahmen sollen als sozialen Ausgleich den Strompreis verringern, indem die EEG-Umlage gesenkt wird. Bei näherem Hinsehen entpuppe sich der Kompromiss aber als kontraproduktiv für den Klimaschutz. „Denn die teilweise steuerliche Finanzierung der EEG-Umlage wird das EEG als Beihilfe einordnen, wodurch die Europäische Kommission dem EEG Vorgaben für dessen Ausgestaltung aufzwingen kann“, sagt Fell. Das führe zu einer Blockade der Bürgerenergie.

Denn infolgedessen wird die Kommission voraussichtlich wie bisher Ausschreibungen vorschreiben. Dieser Ausschreibungszwang hat bei der EEG-Novelle 2017 dazu geführt, dass die Bundesregierung auch bei der Windkraft den Wechsel von festen Einspeisevergütungen zu Ausschreibungen vollzogen hat. Das Ergebnis: Die Windkraftinvestitionen sind 2019 um 85 Prozent gegenüber 2018 eingebrochen, es folgten Massenentlassungen und Insolvenzen in der Windbranche. Der für den Klimaschutz zwingend erforderliche Ausbau der Windkraft ist praktisch gestoppt.

Fell sagt, dass nicht das massive Dezimieren von Flächen für die Windkraft aufgrund von Klagen von Naturschützern und Anwohnern er entscheidende Grund für diese Entwicklung ist. Denn die Widerstände von Naturschützern und Anwohnern existierten in den Jahren davor auch. Doch mit der festen Einspeisevergütung gab es im ländlichen Raum auch sehr viele aktive Klimaschützer, die meist mit Hilfe von Genossenschaften die Windkraftprojekte vor Ort verwirklichten. Dabei hatten diese damals nicht nur einen ökologischen, sondern auch einen ökonomischen Vorteil. Genau diese bürgerlichen Investoren waren der Garant dafür, dass die Entscheidungen auf kommunaler Ebene häufig pro Windkraft getroffen wurden und sich die zwar lauten aber wenigen– Windkraftgegner nicht überall durchsetzen konnten.

Regierung hat Klimaschützern die ökonomische Grundlage entzogen

„Mit der Umstellung auf Ausschreibungen ist aber diesen vielen Klimaschützern die ökonomische Grundlage entzogen worden. Sie können keine Windkraftinvestitionen mehr tätigen, da die Hürden für eine Teilnahme an Ausschreibungen für sie hohen planerischen Aufwand bedeuten und vor allem finanziell nahezu unüberwindbar sind. Genau deshalb setzen sich vor Ort wesentlich weniger Windkraftbefürworter engagiert ein, während die Windkraftgegner die kommunale öffentliche Debatte über neue Windkraftflächen dominieren und meist gewinnen. Mit der Folge, dass keine Flächen mehr bereitgestellt werden“, sagt Fell. „Das Diktat der EU-Kommission zur Ausschreibungspflicht wird insbesondere die Windkraft treffen, sie stellt aber auch für Freiflächen-PV- oder Biogasanlagen eine große Hürde dar.“ Das zementiere die Blockade der Bürgerenergie

Im Clean Energy Package der EU sind zwar Energiegemeinschaften explizit privilegiert und können theoretisch bis zu einer niedrigen Investitionsschwelle auch von der Ausschreibungspflicht befreit werden. „Die Bundesregierung müsste dies nun endlich in nationales Recht umsetzen, was sie aber bislang nicht tut“, kritisiert Fell. „Daher wird das Ergebnis zum Klimapaket im Vermittlungsausschuss die Blockade der Bürgerenergie weiter zementieren.“

Steuerliche Finanzierung der EEG-Umlage zementiert Ausschreibungszwang

Die Bundesregierung hätte den Ausschreibungszwang nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes 2019 bereits im EEG korrigieren können, sofern sie keine steuerliche Finanzierung der EEG-Umlage vornimmt. „Doch genau dies wird durch den Beschluss des Vermittlungsausschusses nun blockiert“, stellt Fell fest.

„Die vereinbarte Senkung der EEG-Umlage, finanziert durch die CO2-Steuer trägt also dazu bei, den Ausbau der Erneuerbaren Energien weiterhin auf sehr niedrigem Niveau zu halten, da auch der höhere CO2-Preis von 25 Euro pro Tonne bei weitem nicht in der Lage sein wird, von selbst einen Investitionsanschub für Ökostrom mit sich zu bringen“, sagt Fell. „Damit ist das gesamte Ergebnis des Vermittlungsausschusses keine Hilfe für den Klimaschutz. Denn der Ökostromausbau ist das zentrale Element eines wirkungsvollen Klimaschutzes. Nur mit ihm können die Sektoren Strom, Wärme und Verkehr weitgehend auf Nullemissionen umgestellt werden.“

18.12.2019 | Quelle: Hans-Josef Fell | solarserver.de © EEM Energy & Environment Media GmbH

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