Photovoltaik in Österreich bekommt politische Rückendeckung
Nachdem am Wochenende rund 93 Prozent der Teilnehmer des Bundeskongresses der österreichischen Grünen dem Regierungsprogramm und der Koalition zugestimmt haben, kann nun das politische Experiment in der Alpenrepublik starten. Dieses ist auch für die Photovoltaik in Österreich bedeutsam.
Kritik von der Jugend
Kritik kam von der Grünen Jugend und Vertretern der österreichischen Fridays-for-Future-Bewegung. Die Grüne Jugend hadert vor allem mit dem Flüchtlingskurs der ÖVP, den diese in weiten Teilen auch im Rahmen des Regierungsprogramms durchsetzen konnte. Es entspricht nicht den grünen Positionen.
Die neue Koalition hat ihre Streitpunkte. Aber im Bereich der Klima- und Energiepolitik scheint sie sich in wesentlichen Punkten einig geworden zu sein. Zwar hat sie die Konzeption für die erst ab 2022 geplante CO2-Bepreisung in eine Arbeitsgruppe ausgelagert. Doch das Regierungsprogramm enthält eine Reihe von relativ konkreten Vorhaben, die den Ausbau erneuerbarer Energien voranbringen können. Dies birgt auch für die Photovoltaik in Österreich großes Potenzial.
Grünen-Chef Werner Kogler erklärte: „Ja, wir haben uns im Klimaschutz möglicherweise weiter geeinigt, als man das vorher hätte ahnen können. Österreich soll zum europäischen und internationalen Vorreiter in Sachen Klimaschutz werden.“
Superministerium für die Grünen
Die Grünen halten dabei die Zügel in der Hand. Sie besetzen ein Ministerium, das für Umwelt, Verkehr und Infrastruktur, Energie, Technologie und Innovation zuständig sein wird. Ministerin wird voraussichtlich Leonore Gewessler. Die 43-Jährige leitete bislang die Umwelt-NGO Global 2000.
Klare Ziele für Erneuerbare
Das Ziel für die erneuerbaren Energien hat die Koalition klar definiert. Der Anteil von erneuerbaren Energien am nationalen Gesamtverbrauch soll sich bis 2030 auf 100 Prozent steigern.
Wasserstoff will die neue Regierung als Speichermedium verstärkt nutzen. Es soll ein
Ausbau- und Unterstützungsprogramm für „grünes Gas“ (Biomethan, grüner Wasserstoff und synthetisches Gas auf Basis erneuerbaren Stroms) geben mit dem Ziel, bis 2030 rund fünf TWh ins Gasnetz einzuspeisen. Die Herstellung von synthetischem Gas soll dabei vorwiegend auf Basis von Überschussstrom erfolgen. Begleiten will die Koalition den Ausbau mit Förderprogrammen und Quoten sowie durch ein „stringentes System für Herkunftsnachweise und Kennzeichnung“.
Flächen, die sich im direkten oder indirekten Eigentum des Bundes befinden, sollen für die Nutzung erneuerbarer Energie mobilisiert werden. Das sind insbesondere Verkehrsflächen oder Flächen an Gebäuden oder auf Liegenschaften.
Erneuerbare-Ausbau-Gesetz
Ein Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG) will die Regierung so rasch wie möglich erlassen. Ziel ist es, die Stromversorgung bis 2030 auf 100 Prozent Ökostrom bzw. Strom aus erneuerbaren Energieträgern (national bilanziell) umzustellen. Das bedeutet einen Zubau von rund 27 TWh Stromerzeugungskapazität. Davon soll die Photovoltaik in Österreich zusätzlich 11 TWh beisteuern, Wind rund 10 TWh, Wasserkraft etwa 5 TWh und Biomasse 1 TWh. Wichtig ist der Koalition ein stetiger Ausbau. Denn sie will ein Stop and Go aufgrund jährlicher Kontingente vermeiden.
Das Ausmaß der finanziellen Unterstützung soll sich am Ausbaufahrplan orientieren. Dabei will die Regierung im 3-jährigen Mittel ein Jahres-Maximum von 1 Milliarde Euro an Förderung nicht überschreiten. Innovative Sonderprogramme im Klima- und Energiefonds bleiben aber zusätzlich möglich.
Die Unterstützung soll mit einem Mix aus Investitionsförderungen und gleitenden Marktprämien erfolgen. Wo sinnvoll soll dies über Ausschreibungen laufen. Dabei werden die Laufzeiten für die Marktprämien generell auf 20 Jahre ausgedehnt.
1-Million-Dächer-PV-Programm
Die Errichtung von PV-Anlagen will die Koalition deutlich erleichtern. Sie verfolgt dabei auch das das Ziel, 1 Million Dächer mit Photovoltaik in Österreich auszustatten. Dem soll der Abbau von bürokratischen Hürden bei bestehenden Anlagen dienen. Dazu gehört die Erweiterung bestehender Anlagen, ohne dass ein Einspeisetarifverlust für die bisherige Kapazität eintritt. Für Anlagen bis 10 kW soll ein vereinfachter Netzzugang implementiert werden. Und generell will die Koalition die rechtlichen Rahmenbedingungen für PV-Anlagen vereinfachen. Dazu will sie unter anderem eine unkomplizierte Direktvermarktung bei Eigenstromerzeugung ermöglichen, sofern das öffentliche Netz nicht benutzt wird. Hier scheint Österreich eine ähnliche Regelung wie die Schweiz anzustreben. Für alle erneuerbaren Energieträger will die neue Regierung die Eigenstromsteuer streichen.
Kohleausstieg in Europa
Der auf erneuerbare Energien ausgerichtete Kurs soll sich auch im Bereich der Forschung abbilden. Zudem will die Regierung konsequent den Kohleausstieg vorantreiben und betont die ablehnende Haltung zur Atomenergie. Im Programm erklärt sie: „Die Bundesregierung verfolgt konsequent und mit allen rechtlichen und diplomatischen Mit- teln die Forderung nach einer Umweltverträglichkeitsprüfung auch bei Laufzeitverlängerungen von AKW. Sie setzt sich für die Schaffung klarer EU-Regeln wie zeitliche Obergrenze für Laufzeitverlängerungen und verpflichtende grenzüberschreitende UVP ein.“ Zudem will sie sich dafür einsetzen, den Kohleausstieg in ganz Europa umzusetzen. Denn sie will einen einen europaweiten Kohleausstieg forcieren, um dem Import von billigem Kohlestrom nach Österreich entgegenzuwirken. Damit will sie die Wettbewerbsfähigkeit heimischer Stromerzeuger gewährleisten.
7.1.2020 | Solarthemen | solarserver.de
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