Ultraeffizientes Gewerbegebiet kann Photovoltaik integrieren

Schaubild, das u.a. Energieflüsse zwischen Gebäuden zeigt.Abbildung: Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA
Wissenschaftler der drei Fraunhofer-Institute IPA, IAO und IGB haben gemeinsam mit der Stadt Rheinfelden (Baden) und den ansässigen Unternehmen das Konzept für ein stadtnahes ultraeffizientes Gewerbegebiet erarbeitet. Sie haben es jetzt der Stadtverwaltung übergeben.

Ohne Abfall, Abwasser und Abluft: Das Konzept für ein weltweit erstes stadtnahes ultraeffizientes Gewerbegebiet steht.

Der Bau eines Laufwasserkraftwerks am Hochrhein schon im Jahr 1898 hatte die Voraussetzung geschaffen, dass sich energieintensive Industriebetriebe ansiedelten und Arbeiterwohnungen entstanden. Dies war auch die Geburt der Stadt Rheinfelden (Baden).

Das Laufwasserkraftwerk ist bis heute in Betrieb und könnte die Stadtentwicklung auch in Zukunft beeinflussen. Denn zusammen mit mehreren Blockheizkraftwerken produziert es bisweilen mehr Strom als Stadt und Industrie verbrauchen.

»Anstatt den Überschussstrom wie bisher ins Netz einzuspeisen oder einfach die Turbinen abzuschalten, könnte er künftig im gesamten Stadtgebiet Ladesäulen für Elektrofahrzeuge mit Energie versorgen«, regt Ivan Bogdanov an. Gemeinsam mit seinen Kollegen von der Abteilung Effizienzsysteme am Fraunhofer IPA und weiteren Wissenschaftlern von den beiden Fraunhofer-Instituten IAO und IGB hat Bogdanov seit vergangenen Herbst die Industriegebiete am östlichen Stadtrand und die Gewerbegebiete im Stadtteil Herten unter die Lupe genommen und überlegt, wie sich Abfall, Abwasser und Abluft möglichst ganz vermeiden lassen.

Die Forscher knüpfen in ihrem Konzept immer wieder an Bestehendes an. So gibt es im Osten der Stadt bereits ein Leitungsnetz, über das mehrere Industriebetriebe Wasserstoff austauschen.

Dachgewächshäuser auf den Fabriken

In enger Zusammenarbeit mit der Stadt und den ansässigen Unternehmen ist so das Konzept für das weltweit erste stadtnahe, ultraeffiziente Gewerbegebiet entstanden. Es enthält viele praxisnahe Ideen und deckt alle fünf Handlungsfelder der Ultraeffizienz ab. Dazu zählt der Einsatz erneuerbarer Energien, also auch von Photovoltaik und möglicherweise Solarthermie. Wichtig ist auch das Speichern von Energie.

Weitere Hauptbestandteile des Konzeptes sind:
Material – Ressourcenschonend wirtschaften, Stoffkreisläufe aufbauen und so viele Reststoffe wie möglich weiterverwerten;
Emissionen – Abfall, Abwasser, Abluft und Lärm möglichst komplett vermeiden;
Mensch/Personal – Arbeitswege kurz halten, flexible, kooperative Arbeitszeitmodelle etablieren, soziale Einrichtungen in Gewerbegebiete integrieren;
Organisation – Dienstleistungen und Einrichtungen unternehmensübergreifend gemeinsam nutzen.

Dabei knüpfen die Forscher immer wieder an Bestehendes an, um ein ultraeffizientes Gewerbegebiet zu schaffen. So könnte das Wasserstoff-Leitungsnetz künftig auch eine Wasserstofftankstelle versorgen, die dann Brennstoffzellen-Fahrzeuge betanken könnte. Auch für Kunststoffe könnte es bald einen geschlossenen Kreislauf geben. So könnte ein Hersteller von Kunststoffgranulaten in Rheinfelden künftig den Kunststoffabfall von benachbarten Unternehmen verwerten, anstatt wie bisher Primärrohstoffe von weit her zu beziehen. Und ein Medizintechnik-Unternehmen aus dem Stadtteil Herten könnte diese Granulate aus Rheinfelden verwenden, anstatt sie weiterhin anderswo zu beschaffen.

Und die Abwärme aus der Chemie-Industrie, mit der die Stadt bisher ihre Schulen beheizt, könnte in Zukunft auch die Temperatur in Dachgewächshäusern auf den Fabrikgebäuden nachts und im Winter konstant halten. In sie könnten dann auch die CO2-Emissionen, die am Standort anfallen, eingeleitet werden, um das Pflanzenwachstum anzuregen.

Zentrale Dienstleistungen gemeinsam nutzen

Die Stadt könnte sich so wenigstens teilweise selbst mit Obst und Gemüse versorgen. Das würde den Straßenverkehr ebenso verringern wie eine noch zu schaffende Plattform für Mitfahrgelegenheiten. Diese soll auf die gestaffelten Ablösezeiten abgestimmt sein, die in Rheinfelden bereits heute unternehmensübergreifend geregelt sind.

Die ultraeffiziente Stadt baut auf der Kooperation innerhalb von Industrie- sowie Wohnquartieren auf. Dezentrale, erneuerbare Energien, wie die Photovoltaik, sind hier ideale Mitspieler. Vor allem, wenn man sie mit Speichertechnologien kombiniert.

4.2.2020 | Quelle: Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA | solarserver.de
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