Interview: Corona Solar GmbH – Normalität in Pandemie-Zeiten

Ulf Hansen-Röbbel, Geschäftsführer Corona Solar GmbH, Hannover.Foto: Corona Solar GmbH
Ulf Hansen-Röbbel, Geschäftsführer Corona Solar GmbH, Hannover.
Wie schlagen sich Solar-Handwerksbetriebe durch die Corona-Krise? Welche Schutzmaßnahmen ergreifen sie? Wie reagieren die Kunden? Wie ist die aktuelle Liefersituation? – Und was erwarten Solarteure von der Politik? Wer könnte ein besserer Interviewpartner zu diesen Fragen sein als Ulf Hansen-Röbbel, Geschäftsführer der Corona Solar GmbH. Sein Handwerksbetrieb plant und installiert seit 1993 in der Region Hannover Photovoltaik, Solarthermie und ökologische Heiztechnik.

Solarthemen: Ist Ihr Firmenname, Corona Solar, gerade Fluch oder Segen?

Ulf Hansen-Röbbel: Weder noch. Klar machen einige Leute ihre Späßchen, wenn sie unser Firmenauto sehen, andere reagieren sorgenvoll. Das sind aber eher Außenstehende. Unsere Kunden sind dagegen – mit wenigen Ausnahmen – sehr entspannt. Da kriegt man natürlich mal ‘nen Spruch; aber ich sage einfach: Corona Solar gibt es schon länger als das Virus.

Was hat sich denn im Alltag bei Corona Solar durch das Virus geändert?

Wir haben jetzt Regeln: Wie wir mit Kunden umgehen und wie wir im Betrieb miteinander umgehen. Die Kunden fragen wir vorab, ob es OK ist, dass wir zu ihnen kommen oder ob sie ihr Projekt lieber verschieben möchten. Ich hatte just einen 82-jährigen Kunden. Der fragte mich am Telefon: „Kommen Sie denn morgen wirklich?“ Dem habe ich gesagt: „Das überlasse ich Ihnen. Ich habe Verständnis, wenn Sie uns jetzt lieber nicht im Haus haben möchten, aber wir sind vorbereitet.“ „Nee“, hat der gesagt, „kommt her und macht mir die neue Heizung rein!“

Begrüßungsritual

Unsere Leute halten dann den nötigen Abstand und man begrüßt sich nicht mehr wie üblich. Wir haben uns stattdessen ein gemeinsames Begrüßungsritual ausgedacht, bei dem man sich eben nicht die Hand gibt. Denn wir wollen nicht irgendwie doof, so winke-winke-mäßig, auftreten. Die Kunden spielen mit. Größtenteils machen unsere Kundendienstleute ihre normalen Termine. Sie arbeiten jetzt mit Handschuhen und Desinfektionsmittel. Bislang fahren wir noch nicht mit Masken rum. Ich habe aber welche bestellt – mal sehen, wann wir die bekommen.

Und was hat sich untereinander im Betrieb geändert?

An unseren Projekten arbeiten nur noch definierte Teams zusammen, die sich selbst organisieren. Man trifft sich nicht mehr hier im Büro oder im Lager, sondern versucht, Material direkt auf die Baustelle zu bestellen. Wir versuchen untereinander viel über Telefon zu machen. Ich muss aber zugeben, dass das nicht gut klappt: Menschen brauchen einfach Kommunikation. Ab und zu kommt deshalb doch mal jemand ins Büro. Durch Regeln versuchen wir aber, die Durchmischung möglichst klein zu halten.

Gute Pipeline

Und wie laufen die Geschäfte zurzeit?

Bei der Photovoltaik sind wir bis Juli komplett ausgebucht. Da läuft es wie geschnitten Brot, und wir kommen den Anfragen kaum hinterher. Auf der Wärmeseite lief das Jahr – durch die geänderte BAFA-Förderung – zunächst sehr gut an. Da merke ich zwar gerade, dass die Nachfrage einbricht, aber trotzdem habe ich keine ernsthafte Sorge. Ich beobachte allerdings, dass auf diesen Zug wieder andere draufspringen – irgendwelche SHK-Kollegen, die lange keinen Bock mehr auf Solar hatten und die jetzt behaupten, sie könnten auch Solarthermie und Pelletsheizungen.

Womit hat der Rückgang zu tun, den Sie jetzt aktuell bei Wärme spüren?

Eigentlich ist ja der April eine Zeit, in der normalerweise viele Leute anrufen und nach Solarthermieanlagen fragen. Ich glaube, dass die Leute wegen der Pandemie im Moment mit sich selbst beschäftigt sind, mit Kinderbetreuung oder Ähnlichem. Da spielt die Heizung gerade keine so große Rolle.

Sind Sie von den Einschränkungen des öffentlichen Lebens indirekt betroffen, zum Beispiel davon, dass die Schulen zu sind und Mitarbeiter ihre Kinder betreuen müssen?

Eher weniger. Ein bisschen im Büro. Alleinerziehende mit Kind sind natürlich besonders hart von diesen Schließungen betroffen. Individuell haben wir das gut gelöst. Wir konnten zum Beispiel sagen, OK, dann arbeitest du eben jetzt erstmal nur halbtags – das kriegen wir hin. Aber ich will ehrlich sein: Da wir eher ein Männerhaufen sind und auch wegen unserer Altersstruktur sind diese Alltagsprobleme für uns bisher nur am Rande spürbar.

Deutsche Module

Wie erleben Sie die Liefersituation? Nach dem Shutdown in China wurden lange keine Module mehr verschifft.

Unser Riesenvorteil ist, dass wir nur deutsche Module verbauen.

Aber da sind chinesische Wafer drin.

Ja. Wir haben aber zurzeit wenig Probleme damit. Die Lieferzeiten werden zwar länger; sie passen aber zu unseren eigenen Lieferzeiten, weil wir ohnehin selbst 8 bis 12 Wochen haben. Das gilt für Heizung wie für PV.
Was wirklich nervt, ist allerdings, dass der eine oder andere Lieferant die Situation ausnutzt und jetzt wieder Vorkasse haben will, was wir eigentlich überwunden zu haben glaubten. Das geht mir wirklich auf den Pinsel.

Auch bei jahrzehntelang stabilen Lieferantenbeziehungen?

Unsere Lieferantenbeziehungen sind in der Tat stabil. Trotzdem fängt der eine oder andere jetzt aus der eigenen Sorge heraus an, panisch zu reagieren. Nicht überall sitzen ruhige, vernünftige Leute in der Geschäftsführung. Also versucht unsereiner dann vorsichtiger zu sein mit solchen Zulieferern, und ich wende mich dann eher jemand anderem zu. Wie gesagt, im Moment mache ich mir da wenig Sorgen

Haben Sie keine Module gehamstert?

Nein. Gerade im volatilen Photovoltaikmarkt würde ich das nicht tun. Wer weiß, welche Preiserhöhungen oder
-senkungen da kommen. In all den fast 30 Jahren sind wir damit nie gut gefahren.

Handwerk lässt sich nicht ins Homeoffice verschieben

Aus anderen Branchen hört man, dass das Virus Entwicklungen beschleunigt hat, die sich später halten könnten: Buchhändler organisieren einen Lieferservice, traditionell organisierte Betriebe merken jetzt plötzlich, dass Homeoffice doch ganz gut klappt.

Das Handwerk lässt sich nicht ins Homeoffice verschieben. Aber für mich ist Homeoffice normal. Ich arbeite ganz viel zuhause auf dem Rechner. Wir haben jetzt für einzelne Kollegen versucht, Homeoffice-Arbeitsplätze einzurichten. Die könnten Sie zwar nutzen, aber so richtig gut haben wir es nicht hingekriegt. Schon das Umstellen des Telefons hat nicht gut geklappt. Ich bekomme fast ein schlech­tes Gewissen, weil wir hier – Stichwort Digitalisierung – durch die Pandemie keinen richtigen Innovationsschub entwickelt haben. Da beneide ich die kreativen Kollegen in Restaurants oder im Einzelhandel fast ein bisschen, die jetzt ganz neue Dinge erfunden haben, während wir uns hier vor allem bemühen, die Normalität halbwegs aufrechtzuerhalten.

Ein Ansatzpunkt wäre ja zum Beispiel, die aufwändigen Besichtigungstermine und das Verkaufsgespräch am Küchentisch teilweise auf digitale Kontakte umzustellen.

Das haben wir tatsächlich im Dezember schon angefangen. Aber nicht wegen des Virus, sondern aus einer anderen Not, weil so viele Anfragen da waren, die wir gar nicht alle mit persönlichen Besuchen regeln konnten. Wir haben zwar nicht den Kunden mit Videokonferenz-Software in den Keller geschickt. Aber wir haben viel am Telefon gemacht und mit Fotos, um überhaupt Angebote erstellen zu können. Aber ich merke schon, dass der Beratungsbedarf weiterhin so hoch ist, dass die Leute nicht im Internet kaufen. Natürlich informieren sich Kunden über das Internet. Aber im persönlichen Gespräch – ich fahre ja weiterhin raus – merkt man dann schon, dass Leute wirklich nicht wissen, was sie tun. Die würden kaufen, weil es schick aussieht oder überzeugend dargestellt wird, aber nicht, weil sie wirklich umfassend informiert sind.

Insofern glaube ich schon, dass es mehr fernmündliche Beratung geben wird. Wir müssen aber doch noch hinfahren und uns anschauen, ob es wirklich das Richtige ist und ob man es ins Haus oder ans Haus bauen kann.

Autarkiegedanke wächst

Erwarten Sie, dass in der Krise das Sicherheitsbedürfnis wächst, so dass Kunden sich stärker auf solche Dinge wie Eigenstrom, Batteriespeicher mit Notstromfunktion, heimische Brennstoffe besinnen?

Grundsätzlich ist meine Erwartung, dass nach so einer Krise die Besinnung auf Werte wächst, die für die nächsten 20 Jahre eine Wirkung haben, statt das Geld nur für kurzfristige Bedürfnisbefriedigungen auszugeben. Ich erwarte auch stark, dass der Autarkiegedanke zunimmt. So viele Pelletsheizungen wie in diesem Jahr haben wir tatsächlich vor 14 Jahren zum letzten Mal gebaut. Ähnlich gilt das auch für die Photovoltaik. Ich würde es gut finden, wenn dieses Motiv der Autarkie sogar mit einer regionalen Idee einherginge. So dass man eben nicht Module übers Internet in China bestellt, sondern bei uns oder anderen, die hier produzieren.

Dem Solarhandwerk scheint es also gerade nicht schlecht zu gehen. Gibt es trotzdem Wünsche an die Politik?

Unsere Kunden fragen uns, ob die staatlichen Förderungen, die es aktuell gibt, längerfristig zur Verfügung stehen oder ob das zugunsten der Pandemie-Etats bald gestrichen wird. Es wäre wichtig, dass die Politik jetzt, gerade angesichts der Krise, klar signalisiert: Es gibt hier eine Menge Fördergeld, um dich als Bürger unabhängiger zu machen. Also nutze das bitte! Diese Krise als Chance zu vermitteln, das würde ich als gute, unterstützende Maßnahme empfinden.
Und im PV-Bereich ist der 52-Gigawatt-Deckel einfach ärgerlich.

23.4.2020 | Interview: Guido Bröer
© Solarthemen Media GmbH

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